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Säbelrasseln der Ärzte blieb folgenlos

15.Dezember 2016

Sie warnten vor Einschnitten in das Gesundheitssystem und einer "Ausrottung des Hausarztes". In weißen Kitteln hatten sich auch auf der Besuchergalerie des Parlaments einige Ärzte eingefunden, um die Gesundheitsdebatte zu verfolgen.

Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SP) verteidigte die Reform. Die Gesundheitsausgaben würden weiter steigen, auch wenn das Wachstum von 3,6 auf 3,2 Prozent abgesenkt wird, sagte sie. Erneut versicherte sie, dass durch die Primärversorgungszentren der Hausarzt nicht abgeschafft werde. An die Ärzte appellierte sie, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

VP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger forderte, die Honorierung der Hausärzte an jene der Fachärzte anzugleichen. Derzeit würden sie um bis zu 40 Prozent weniger verdienen. "Hier läuten die Alarmglocken, denn was nützt das beste System, wenn niemand darin arbeitet", sprach er den drohenden Hausärztemangel an.

Unterstützung erhielten die Mediziner von der FPÖ. "Sie versuchen, das System herunterzufahren, billiger zu machen und den Beruf des freien Arztes abzuschaffen", sagte Gesundheitsprecherin Dagmar Belakowitsch-Jenewein.

Mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und Grünen wurde das Paket schließlich beschlossen (siehe unten).

Die Ärztekammer musste gestern für ihren Protest harsche Kritik einstecken. Der Streik sei ein "unnötiges Theater", sagte Patientenanwalt Gerald Bachinger und hielt der Kammer vor, gegen die Interessen der Patienten zu handeln. Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger sah in den Reformen einen Vorteil: Die Primärversorgungszentren seien eine Chance für den ländlichen Raum.

Die Ärzte streikten am Mittwoch in Wien, Kärnten und im Burgenland. In Oberösterreich hielt die Ärztekammer nur einen "Aktions- und Informationstag" in den Ordinationen ab.

Landeshauptmann Josef Pühringer (VP) kündigte an, mit der oberösterreichischen Ärztekammer im Jänner ein "klärendes Gespräch" führen zu wollen. Er strecke den Ärzten "die Hand entgegen". Obwohl Bundesgesetze auch in Oberösterreich gelten, wolle er die bewährte Tradition fortsetzen, die Gesundheits-Strukturplanung gemeinsam mit der Ärzteschaft vorzunehmen. "Es gibt keine Abschaffung der Gemeindeärzte", bekräftigte auch Pühringer. Zu Primärversorgungszentren als "zusätzliches Angebot" und zum vereinbarten Kostenpfad stehe er aber. (gana/bock)

 

Das Gesundheitspaket im Detail

Kostendämpfungspfad: Im Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern (15a-Vereinbarung) wurde ein Fahrplan für das künftige Gesundheitsbudget festgelegt. Demnach soll das Wachstum der Gesundheitsausgaben schrittweise abgesenkt werden: von 3,6 Prozent im Jahr 2017 auf 3,2 Prozent im Jahr 2021. Einen "Kostenpfad" für die Gesundheitsausgaben gab es auch bisher.

Primärversorgungszentren: Zwischen den Gebietskörperschaften wurde auch vereinbart, dass in den Ausbau der Primärversorgungszentren bis Ende 2020 zweckgebunden 200 Millionen Euro investiert werden. Damit sollen zumindest 75 Gruppenpraxen, Ambulatorien oder Ärztenetzwerke finanziert werden. Ein Gesetz, wie die Primärversorgungszentren konkret gestaltet werden können, will Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser im ersten Halbjahr 2017 vorlegen.

Planungsgesellschaft: Bund, Länder und Sozialpartner legen in einer neuen Planungsgesellschaft die regionalen Ärztekapazitäten fest. Die Ärztekammer hat kein Mitbeschließungsrecht, sondern nur noch ein Mitberatungsrecht.

Spitalsaufenthalte: Die für Kinder und Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr anfallenden Selbstbehalte bei Spitalsaufenthalten werden abgeschafft. Dem stimmten alle Parteien zu.

 

Zitiert

Gesundheitsreform und Protestmaßnahmen: Was Politik und Ärzte dazu sagen. 

"Hier wird viel mit Ängsten und Emotionen gespielt. Ich kann es nicht nachvollziehen. Dem System wird nichts entzogen, im Gegenteil, es wird mehr Geld geben." - Thomas Weninger, Generalsekretär des Städtebunds, sieht den Streik "kritisch". Die Versorgungszentren sieht er als "Chance für den ländlichen Raum".

"Wir haben das gemeinsame Interesse zu verhindern, dass im Gesundheitssystem gespart wird. Der Hausarzt darf nicht durch anonyme Ambulatorien ersetzt werden." - Thomas Szekeres, der Wiener Ärztekammer-Präsident kritisiert die Neuerungen

"Ich strecke den Ärzten meine Hand entgegen und sage: testen wir das neue System ein Jahr lang." - Josef Pühringer, Landeshauptmann und Gesundheitsreferent (VP) sucht nach Lösungen

"Das ist ein unnötiges Theater. Die Ärztekammer agiert vollkommen gegen die Interessen der Patienten." - Gerald Bachinger, der Patientenanwalt kritisiert die Ärztekammer
 

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