Koalitionsversprechen: "Es wird 2014 kein Sparpaket geben“

WIEN. Über die Vorzüge einer Großen Koalition auch nach der Wahl, gemeinsame Erfolge, aber unterschiedliche Steuerpläne sprachen Kanzler Werner Faymann (SP) und Vizekanzler Michael Spindelegger (VP) im Doppel-Interview.
Nach fünf Jahren Koalition wirken Sie beide wie ein älteres Ehepaar, das sich auseinandergelebt hat, aber nicht auseinandergeht, weil man keine Alternative sieht. Trügt dieses Bild?
Faymann: Wir haben das Land durch die Krise geführt. Das hat uns zusammengebracht, auch wenn es Dinge gibt, die uns trennen. Aber zeigen Sie mir ein anderes Land, das eine so geringe Arbeitslosigkeit, so stabile Wirtschaftsdaten und eine so stabile Regierung hat.
„Ist Faymann der richtige Kanzler für dieses Land? Nein!“: Herr Vizekanzler, das sind Ihre Worte. Wollen Sie mit Herrn Faymann nicht mehr zusammenarbeiten?
Spindelegger: Zu Ihrem Vergleich: Wir sind ja nicht verheiratet, um Himmels willen! Wir sind in verschiedenen Parteien, wir sind unterschiedliche Persönlichkeiten. Trotzdem haben wir ein großes gemeinsames Projekt umgesetzt, das Sanierungspaket. Wir gestalten Frühpensionen anders, wir haben die Gesundheitsreform auf den Weg gebracht; das muss uns erst einmal jemand nachmachen.
In vielen Rankings hat Österreich in den vergangenen Jahren verloren, bei der Wettbewerbsfähigkeit, in Bildungsvergleichen. Steht das Land dort, wo es hingehört?
Faymann: In einigen Positionen ja, bei der Arbeitslosenrate etwa. Im Bildungsbereich muss man unterscheiden zwischen PISA und dem internationalen Lob für unsere duale Ausbildung. Bei der Wettbewerbsfähigkeit müssen wir aufholen, das stimmt. Selbstzufrieden brauchen wir nicht zu sein. Aber man kann darauf, wie Österreich dasteht, stolz sein.
Spindelegger: Die Frage der Wettbewerbsfähigkeit ist zukunftsentscheidend. Wir haben ein demographisches Problem, das wissen wir. Wir haben mit der Eindämmung der Frühpensionen die richtigen Maßnahmen gesetzt. Aber wir brauchen noch mehr strukturelle Maßnahmen, wie Unternehmertum fördern, industriefreundliches Klima und keine neuen Steuern – auch, damit wir unsere hohen Standards halten können. Wir haben, etwa mit dem Familienpaket, das wir uns nach der Wahl vorstellen können, gezeigt, dass wir gemeinsame Ziele haben.
Sie erwecken den Eindruck, dass das Land auch nach der Wahl eine Große Koalition braucht.
Faymann: Ich würde nicht sagen, dass eine Große Koalition nur in Krisenzeiten gut für das Land ist. Aber wenn es darum geht, dass man mit den Bundesländern gemeinsam Reformen für die nächsten fünf Jahre schnürt, ist eine Zusammenarbeit von zwei Parteien, die in den Ländern stark repräsentiert sind, von Vorteil. Und wenn man Wachstum anstrebt, ist es auch gut, wenn die Regierungsparteien in der Sozialpartnerschaft stark repräsentiert sind. Spindelegger: Der Wähler wird entscheiden, dann sehen wir weiter.
Können Sie garantieren, dass es 2014 oder die gesamte nächste Periode mit Ihnen kein weiteres Sparpaket geben wird?
Faymann: Es wird 2014 kein Sparpaket geben – und schon gar nicht wegen des jetzt beschlossenen Konjunkturpakets, um das auch vorwegzunehmen. Was ich Ihnen nicht sagen kann, ist, was passieren würde, wenn morgen unerwartet die gesamte Weltwirtschaft völlig zusammenbrechen würde. Spindelegger: Ich will 2014 kein Steuererhöhungsprogramm, und ich will es in der ganzen nächsten Periode nicht. Ich bin gegen neue Steuern. Natürlich kann niemand Katastrophenszenarien voraussehen. Wenn 2014 das nächste Jahrhunderthochwasser kommt, müssen wir Betroffenen helfen und in den Schutz investieren. Aber um wettbewerbsfähiger zu werden, brauchen wir weniger Steuern, weniger Staat und mehr Unternehmer, die Arbeitsplätze schaffen.
Ist das als Ankündigung von Steuersenkungen zu verstehen?
Spindelegger: Das geht nur bei ausgeglichenem Budget. Daher gibt es eine Steuerreform erst, wenn der Spielraum da ist. Nach unserem Pfad erreichen wir 2016 ein Nulldefizit, 2017 einen Überschuss. Wenn es vorher gelingt, weil die Wirtschaft anspringt, wunderbar, dann geht es vorher. Faymann: Da liegen wir ein bisschen auseinander, denn ich sage, wenn wir Reiche ab einem Vermögen von einer Million Euro jetzt besteuern, können wir die Arbeitnehmer früher entlasten.
Stößt die Große Koalition da nicht an Ihre Grenzen? Die ÖVP lehnt ja neue Steuern strikt ab.
Faymann: In dieser Periode haben wir die Bankenabgabe eingeführt, die Wertpapier-KESt, Stiftungs- und Konzernbesteuerung verändert, die Immobilien-Wertzuwachssteuer eingeführt. Jetzt liegen wir bei der Frage der Reichenbesteuerung ein bisschen auseinander. Das ist ein Unterschied, da müssen wir uns auf etwas einigen. Spindelegger: Diese Steuern waren zur Konsolidierung notwendig. Wir haben aber 76 Prozent aus Ausgaben und nur 24 Prozent über Steuern aufgestellt. In der nächsten Periode müssen wir dafür sorgen, dass sich Unternehmer zu investieren trauen. Das gelingt sicher nicht, wenn ich sage, passt auf, wenn ihr ordentlich verdient, müsst ihr noch Vermögenssteuer zahlen.
Der Kanzler, Vizekanzler und die Chefredakteure
Der Wahlkampf steht vor der Tür: Kanzler Werner Faymann (SP) und sein Vize Michael Spindelegger (VP) stellten sich davor in einem exklusiven Doppel-Interview im Do & Co im Wiener Haas-Haus den Fragen der Chefredakteure der führenden Bundesländerzeitungen.
Initiiert wurde der Termin von OÖNachrichten-Chefredakteur Gerald Mandlbauer, die Fragen stellten mit ihm Rainer Nowak (Die Presse), Verena Daum-Kuzmanovic und Johannes Huber (Vorarlberger Nachrichten), Hubert Patterer (Kleine Zeitung), Alois Vahrner (Tiroler Tageszeitung) und Andreas Koller (Salzburger Nachrichten). Das Gespräch aufgezeichnet hat OÖN-Redakteurin Jasmin Bürger.