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Khol zu rot-blauen Perspektiven: "Die SPÖ schwenkt auf die ÖVP-Linie ein"

Von Christoph Kotanko   06.Juni 2015

Beim herrschenden Prachtwetter widmet sich Andreas Khol (73) den vielen Rosensträuchen in seinem Garten in Wien-Hietzing. Sein Haus hat historische Stunden erlebt: Hier fanden Ende Jänner des Jahres 2000 die Schlussverhandlungen zwischen Volkspartei und Freiheitlichen statt.

Khol finalisierte damals mit Wolfgang Schüssel, Elisabeth Gehrer und Wilhelm Molterer die Koalition mit Jörg Haider. Der Architekt der schwarz-blauen "Wende" wurde Nationalratspräsident. Heute ist er noch Obmann des VP-Seniorenbundes. Als scharfer Beobachter und Analytiker ist Khol ein gefragter Mann.

Die OÖNachrichten sprachen mit ihm über die aktuelle Entwicklung in der Innenpolitik.

Khol zur Debatte über die Regierungsfähigkeit der FPÖ:

"Die SPÖ schwenkt auf die ÖVP-Linie ein, die lautet: An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. Es gibt in der Politik keine Ausgrenzungsautomatik. Man muss aufgrund von Fakten und nicht von Vorurteilen prüfen. Man schaut sich das Programm an und die Personen; das dürfen keine Neonazis sein, keine Hitlergrüßer, keine Deutschtümler. Freiheitliche haben auf verschiedenen Ebenen bewiesen, dass sie regierungsfähig sind. Hubert Gorbach zum Beispiel war viele Jahre lang ein guter Landeshauptmann-Stellvertreter in Vorarlberg."

Zur Freiheitlichen Partei unter Heinz-Christian Strache:

"Die Freiheitlichen haben sich schon unter Jörg Haider gravierend verändert. So ist er von der Deutschtümelei zu einem – übertriebenen – Österreichpatriotismus geschwenkt. Strache fällt nun in einigen Dingen hinter Haider zurück. Er ist gegen die EU, gegen den Euro, und seine Leute gehen mit verhetzenden Geschichten hausieren."

Zur den Optionen der SPÖ in ihrer Hochburg Wien:

"In Wien brechen die Dämme für den sozialdemokratischen Arbeiter, weil Hans Niessl im Burgenland eine Koalition mit der FPÖ schließt. Für Strache ist das ein gewaltiger Sieg, denn die Ausgrenzungspolitik der SPÖ ist gescheitert. Faymann hat einen aufrechten Parteitagsbeschluss, das ist sein Problem. In Wahrheit müsste Michael Häupl jetzt eine dramatische Geste setzen, einen außerordentlichen Bundesparteitag verlangen und die Durchsetzung des Parteitagsbeschlusses gegen die FPÖ fordern. Damit könnte er zeigen, dass es ihm ernst ist."

"Jetzt kommt Pfeffer ins Spiel"

Der Meinungsforscher Peter Hajek sieht keinen nachhaltigen Schaden auf die Sozialdemokraten zukommen. Die parteiinternen Proteste gegen Rot-Blau würden bald abflauen. "Die nächste Wahl auf Bundesebene ist weit weg."

Was die Wiener Gemeinderatswahl am 11. Oktober betrifft, kann sich Hajek sogar vorstellen, dass die Diskussion um Koalitionen mit den Freiheitlichen der Wiener SP nützen könnte. Deren klar ablehnende Haltung gegenüber der FPÖ sei glaubwürdig und könne eine Mobilisierung lahmer Genossen bewirken: "Jetzt kommt Pfeffer ins Spiel."

Auf diesen Ansporn hoffen auch Häupls Wahlkampforganisatoren; sie wollen möglichst viele einstige Nichtwähler zur Stimmabgabe im Herbst motivieren. Dieses Ziel soll vor allem durch Direktkontakte, etwa bei Hausbesuchen, erreicht werden.

Bei der Wien-Wahl vor fünf Jahren gaben von den 1,15 Millionen Wahlberechtigten 774.000 ihre Stimme ab; Wahlbeteiligung: 67,6 Prozent. Der Abstand zwischen SP und FP betrug 139.000 Stimmen.

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