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"Ich halte das für verantwortungslos"

Von Heinz Steinbock   11.Oktober 2018

In Oberösterreich warb Ärztekammerpräsident Peter Niedermoser intensiv für das "Don’t smoke"-Volksbegehren. Die OÖN befragten ihn zum Ergebnis – und zum bisherigen Beharren der Koalition, trotz mehr als 881.000 Unterschriften, auf einem Nein zum Rauchverbot in Lokalen.

 

OÖNachrichten: Mit 881.569 Unterschriften kam das Volksbegehren in der Bestenliste auf Platz sieben. Das Ergebnis, das Sie sich erwartet haben?

Peter Niedermoser: Nach der fulminanten Einleitungsphase habe ich mir erhofft, das wir die Grenze von 900.000, die der Vizekanzler für eine Volksabstimmung genannt hat, knapp erreichen oder knapp überschreiten. Das ist gelungen und zeigt auch, dass die Bevölkerung ein Gefühl dafür hat, was notwendig ist.

Auf der anderen Seite gibt es die politischen Reaktionen. Kanzler Kurz sagte heute nach dem Ministerrat, er hält sich an das Regierungsabkommen mit der FPÖ. Ist das ein verantwortungsvolles Vorgehen?

Man muss erinnern: Das Rauchverbot in Lokalen würde schon seit Mai gelten, hätten es die Regierungsparteien nicht rückgängig gemacht. Schon dieser Beschluss war ein Fehler. Es ist aus meiner Sicht verantwortungslos, wenn man dies aus Rücksicht auf einen Koalitionspartner aufrechterhält. Das hat nichts mit der Realität im Gesundheitswesen zu tun, sondern nur mit einem Justament-standpunkt. Ich verstehe schon, dass es in der Politik Pakttreue braucht. Aber sich an einen Koalitionspakt zu halten, der dazu führt, dass Menschen geschädigt werden, ist nicht, was ich mir von politischen Parteien erwarte.

Sind Sie enttäuscht von der Haltung der ÖVP-Politiker?

Enttäuschung ist in der Politik nicht immer der richtige Terminus, ich habe mich sehr gewundert. Wer bestreitet, dass Rauchen und auch Passivrauchen schädlich ist, an dem ist viel in den vergangenen Jahren vorbeigegangen. Ich bin selbst Pathologe und sehe nahezu täglich den Zusammenhang von Rauchen und Lungenkarzinomen. Es gibt nichts in der Medizin, das klarer erwiesen ist als dieser Zusammenhang.

Fordern Sie eine Volksabstimmung?

Prinzipiell ist klar, dass eine Volksabstimmung auch von uns gewünscht wird. Wenn es die Parlamentarier nicht schaffen, eine Fehlentscheidung zu korrigieren, weil sie an irgendwelche Klubzwänge gebunden sind, muss das die Bevölkerung übernehmen.

Hochrangige VP-Politiker wie der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer plädieren für eine Volksabstimmung, in Oberösterreich will Thomas Stelzer nicht so weit gehen. Was sagen Sie dazu?

Im Endeffekt würde man eine Volksabstimmung nicht brauchen, ließe man die Parlamentarier so abstimmen, wie sie ein Bauchgefühl für die Thematik haben. Ich bin zu 100 Prozent überzeugt: Wenn man die Parlamentarier an keinen Klubzwang bindet, werden sie richtig entscheiden und dieses Gesetz auf den Misthaufen der Geschichte werfen, wo es hingehört. Man soll also den Klubzwang aufheben, ich weiß, dass viele nur mit größtem Bauchweh der Rauch-Erlaubnis in Lokalen zugestimmt haben. Man soll ehrlich sein einzugestehen, dass das ein Fehler war, und ihn richtigstellen. Es ist ja auch das Recht jedes Einzelnen, gescheiter zu werden.

Was, wenn nicht? Planen Sie weitere Aktionen?

Wenn es zu keinem Umdenken kommt, muss man klar und deutlich sagen, wer uns an die unterste Ebene des Nichtraucherschutzes in Europa katapultiert hat. Es geht nicht um Raucher-Bashing; jeder hat selbst zu entscheiden, was er tut. Es geht darum, die zu schützen, die sich nicht schützen können.

 

Volksbegehren und Koalitionspakt

Verweis auf Regierungspakt: Nach der gestrigen Ministerratssitzung verwiesen Bundeskanzler Sebastian Kurz (VP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FP) auf den Koalitionspakt: „Es ändert nichts daran, dass das Regierungsabkommen, das wir abgeschlossen haben, gilt“, sagte Kurz über mögliche Konsequenzen des Volksbegehrens „Don’t smoke“. Im Pakt habe man sich gegen ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie entschieden.

Auch auf die Frage, ob man bei gewissen Themen eine verbindliche Volksabstimmung vorziehen könne, gab es von Kurz und Strache eine Absage. Die drei nun abgehaltenen Volksbegehren hätten die im Koalitionspakt in Aussicht gestellte Hürde für eine Volksabstimmung „auch so nicht“ erfüllt.

Der stellvertretende SP-Klubobmann Jörg Leichtfried warf den Regierungsparteien „abgehobene Ignoranz“ vor. In Graz hatte sich, wie berichtet, VP-Bürgermeister Siegfried Nagl für eine Volksabstimmung ausgesprochen; der steirische Christgewerkschafter-Chef Franz Gosch forderte, den „Willen der Bürger umzusetzen“.

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28. März 2024