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Ein Wahljahr ohne Veränderung?

Von Peter Filzmaier   23.Dezember 2014

Sowohl die jungen Klostertaler als auch Joesi Prokopetz sangen: "Guat is gangen, nix is gschehn!" Im Superwahljahr 2015 ist der erste Teil des Liedtextes für SPÖ und ÖVP fast auszuschließen. In vier Landtags- und fünf Gemeinderatswahlen können die Bundesregierungsparteien nicht gemeinsam gewinnen. Höchstens einer auf Kosten des anderen. Werner Faymann und Reinhold Mitterlehner müssen kampfkuscheln, ihre regionalen und lokalen Parteifreunde sich politisch bekriegen.

Wahrscheinlich sind freilich Stimmen- und Mandatsverluste sowohl der Roten als auch der Schwarzen. Dennoch ist ein Szenario denkbar, bei dem der zweite Liedsatz stimmt. Trotz Wahlniederlagen, also obwohl die Sache bei SPÖ und ÖVP eher schlecht ausgeht, gibt es vielleicht keinen Machtverlust.

 

1 Im Burgenland wird Ende Mai gewählt. Theoretisch kann viel passieren, weil das Proporzsystem – alle Parteien mit einem gewissen Stimmenanteil sind in der Regierung – abgeschafft wurde. Also ist jede Koalition möglich. Doch haben SPÖ und ÖVP 82,9 Prozent der Stimmen und 31 von 36 Mandaten. Wenn man sich weiterhin lieb hat, ist das Ergebnis der Wahl egal.

Die rot-schwarze Mehrheit ist für Jahrzehnte abgesichert. Hinzu kommt, dass die Burgenländer relativ parteitreu sind und SPÖ-Landeshauptmann Hans Niessl sogar vom Rückgewinn der absoluten Mehrheit träumt. Allerdings hat er via Mitgliederbefragung das rote Tabu gebrochen und sich eine Partnerschaft mit der FPÖ offen gehalten.

Weil jedoch auch die ÖVP für das Ende des Proporzes war – sie riskiert damit für die vage Hoffnung einer schwarz-blauen Mehrheit vier bis fünf Koalitionsvarianten, bei welchen das eigene Sitzfleisch auf den Oppositionsbänken landet –, spricht viel für einen heimlichen SPÖ-/ÖVP-Konsens, dass sich nichts ändern soll.

Die Blauen kämpfen demnach um Stimmengewinne sowie Grüne, Liste Burgenland und Neos um den Landtagseinzug, ohne dass Niessl und sein Regierungspartner Franz Steindl etwas zu befürchten haben.

2 In der Steiermark sind der rote Landeshauptmann Franz Voves und sein schwarzer Vize Hermann Schützenhöfer sowieso in inniger Partnerschaft verbunden. Nach schmerzhaften Reformen bis hin zu den Gemeindefusionen werden sie im September schlimmstenfalls die Zweidrittelmehrheit verlieren. Doch ihre Startposition sind 75 Prozent der Stimmen und 45 von einst 56 – in Zukunft 48 – Mandaten. An einer ausreichenden Mehrheit von SPÖ und ÖVP ändert sich nach menschlichem Ermessen genau gar nichts.

Ob blau, grün, pink oder die tiefrote KPÖ – andere Parteien haben unabhängig von der Stimmenzahl wenig zu gewinnen. Mehr noch: Weil in der Steiermark der Proporz ebenfalls Geschichte ist, kann die FPÖ trotz eines fetten Stimmenplus ihren Landesrat verlieren.

Im Umkehrschluss gewinnt das Duo Voves und Schützenhöfer trotz Verlusten an Macht. Solange nicht einer zurücktritt und sein Nachfolger zwecks Eigenprofilierung die 2010 entdeckte Liebe zueinander beendet.

Schützenhöfers Entscheidung über eine Kandidatur ist für Februar angekündigt, jene von Voves ist fix. Er bewahrt die SPÖ vor einem Absturz um bis zu 10 Prozentpunkte, was ein bequemes Weiterregieren nahezu garantiert.

3 Ähnlich groß wäre zeitgleich in Oberösterreich der Unterschied im Wahlergebnis der ÖVP mit oder ohne Josef Pühringer. Der Landeshauptmann seit 20 Jahren aber wirft sich nochmals in die Schlacht. Also wird die Partei das Spitzenergebnis vor fünf Jahren – fast 47 Prozent der Stimmen und die Hälfte der Mandate – eher nicht wiederholen, doch hat das keine Folgen. Seit fast zwölf Jahren wird mit Hilfe der Grünen regiert, was sich rechnerisch ziemlich sicher ein weiteres Mal ausgeht.

In den Mühen der Ebene mögen ÖVP-Politiker sich ärgern, falls sie den fünften von neun Regierungssitzen – und somit die absolute Mehrheit in der Proporzregierung – verlieren, doch die Bevölkerung bekommt davon nicht einmal etwas mit. Interessant ist nur, an wen Josef Pühringer irgendwann zwischen 2016 und 2020 seine Macht übergibt. Die oberösterreichische Wahl als solche ist unter Umständen weniger aufregend als das Betrachten des Attersees bei Windstille.

4 Wien bleibt Wien, ob nun im Frühjahr oder Herbst gewählt wird. Die SPÖ hat die absolute Mehrheit 2010 verloren. Rote Berufsoptimisten glauben, sie heuer zurückzugewinnen. In Wirklichkeit wird man weitere Stimmen abgeben und weiterhin den Bürgermeister stellen. Auch in der Hauptstadt geht es allein darum, ob und wie lange das unverändert Michael Häupl ist.

Heinz-Christian Strache ist und wird nicht Bürgermeister. Die FPÖ hat ungeachtet eines guten Ergebnisses keine Chance auf die Regierungsbeteiligung. Selbst den gemäß Landesverfassung zustehenden Posten eines nicht amtsführenden Stadtrates wollen die Grünen abschaffen. Seine Kompetenzen bestehen ohnedies im Wesentlichen aus Schreibtisch und Türschild.

SPÖ und Grüne können ihre bisherige Mehrheit – 57 Prozent der Stimmen bzw. 60 von 100 Mandaten – nicht zur Gänze verlieren. Einziger offener Punkt am Wiener Wahlkampf ist der koalitionäre Verhandlungswettbewerb danach. Ob es nämlich Streit gibt und die ÖVP sich Häupl für einen rot-grünen Ehebruch auf dem Silbertablett anbieten kann.

5 Bleibt es in allen Landeswahlen beim Status quo, sind die Gemeinderatswahlen in fünf Ländern von größerer Bedeutung.

Im Jänner wählt Niederösterreich, das wählerstärkste Bundesland. Da haben FPÖ, Grüne & Co nichts zu melden. Die Landkarte der Politik wird mit bis zu 440 ÖVP-Gemeinden schwarz bleiben, dazwischen gibt es als rote Punkte rund 130 SPÖ-Orte.

Es folgen Kärnten, Vorarlberg und die Steiermark im März sowie Oberösterreich im Herbst. Bei einem Häuflein fusionierter Gemeinden in der Grünen Mark sind Überraschungen denkbar. In Kärnten werden die sprunghaft blau-orange-blassblauen und skandalgebeutelten Freiheitlichen verlieren. Voraussichtlich zugunsten der SPÖ und allenfalls ÖVP, so dass diese wenig Verlustrisiko haben. Überall sonst sitzt auf jeden Fall eine der letztgenannten Parteien felsenfest im Bürgermeistersessel.

Damit gilt für die Bundes-, Landes- und Gemeindepolitik dasselbe: Erfolge der Oppositionsparteien bringen null Machtgewinn. SPÖ und ÖVP plus die Grünen als Regierungspartner in Oberösterreich bzw. Wien haben nichts zu befürchten. Es sei denn, sie sprengen sich und ihre Regierungen selbst in die Luft.

Peter Filzmaier ist Professor für Politikwissenschaft an den Universitäten Krems und Graz

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24. April 2024