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"Ein Waffenstillstand wäre jetzt wichtig"

Von Von Heinz Niederleitner, 17. Februar 2009, 00:00 Uhr
interview
Zulehner zollt Kardinal Schönborn Respekt. (Weihbold) Bild: unbekannt

Die katholische Kirche sollte endlich ihren Problemstau abarbeiten, sagt der Wiener Pastoraltheologe Paul Zulehner. Er glaubt nicht, dass Gerhard Wagner aus eigener Einsicht verzichtet hat.

OÖN: Es sieht so aus, als hätte eine große Anzahl der oberösterreichischen Katholiken erfolgreich eine nicht erwünschte Personalentscheidung „abgewendet“. Was ist da geschehen?

ZULEHNER: Einige Bischöfe, insbesondere der Wiener Erzbischof Kardinal Schönborn und der Grazer Bischof Egon Kapellari, haben wohl eine ernsthafte Analyse der jetzigen Situation gemacht. Sie haben sich dabei sicher an die schlimmen Vorgänge nach der Ernennung von Kurt Krenn zum Wiener Weihbischof 1987 erinnert – und welche Megakrise der Kirche daraus geworden ist. Aus diesem Grund sind Schönborn und Kapellari beim Papst vorstellig geworden und haben gesagt: „Wir wurden nicht gefragt, Wagners Bestellung ist gegen alle Spielregeln der Bischofsernennungen der letzten Zeit gelaufen – also gegen das Kirchenrecht.“ Damit hat man offensichtlich den Papst gewonnen, Pfarrer Wagner zu ersuchen, von seiner Bereitschaft Abstand zu nehmen. Es war sicher nicht Wagners persönliche Einsicht. Schon gar nicht der Wunsch jener, die ihn auf den Schild heben wollten. Diese rufen „Skandal!“, und das trotz ihrer Papsttreue!

OÖN: Wie groß ist der Schaden für die Kirche?

ZULEHNER: Wie groß der Schaden ist, sieht man daran, dass sowohl in der Diözese Linz als auch in Wien die Kirchenaustritte in den letzten Wochen um mindestens 15 Prozent nach oben gesprungen sind. Jeder diözesane Finanzkammerdirektor wird in Panik geraten, weil diese Lawine nicht vorhersehbar gewesen ist und daher allein der finanzielle Schaden groß sein wird. Außerdem gibt es massive Irritationen bei den Religionslehrern, die ratlos vor den Schulklassen stehen und nicht mehr vermitteln können, dass diese Kirche etwas für junge Leute ist. Es war die einzige Chance der Kirchenleitung in Österreich, sich bei Bischofsbestellungen das Heft nicht mehr von einer kleinen Gruppe am rechten Rand der Kirche aus den Händen nehmen zu lassen. Solch eine Gruppe hat bei Wagners Bestellung offenbar im Hintergrund agiert: der Linzer Priesterkreis, vielleicht auch der frühere Bundesratspräsident Herbert Schambeck, vielleicht auch der Papstbruder Georg Ratzinger und dazu einige nostalgische Adelige. Man muss Kardinal Schönborn Respekt zollen, dass er jetzt so kantig Leitung wahrnimmt.

OÖN: Wie kann die katholische Kirche jetzt den Schaden begrenzen?

ZULEHNER: Es gibt einen extremen Problemstau der österreichischen Kirche, zum Beispiel den Priestermangel und die fehlende Auseinandersetzung zwischen dem überlieferten Evangelium und der modernen Kultur. Nachdem das vordergründige Personalproblem Wagner behoben ist, gibt es vielleicht jetzt die Freiheit, dass sich alle Gruppen in der Kirche an einen runden Tisch setzen und Probleme besprechen. Vielleicht gelingt es, eine Lösung zu finden, um wieder Frieden im eigenen Haus zu haben und pastoral für die Menschen zu handeln.

OÖN: Ist jetzt eine schnelle Beruhigung zu erwarten?

ZULEHNER: Die Probleme, aus denen die Krise Wagner entstanden ist, sind durch dessen Rückzug nicht behoben. Man kann annehmen, dass die Kreise, die einen Weihbischof Wagner wollten, nicht ruhen werden – und auch nicht die Gegenkräfte. Es wäre aber wichtig, einen Waffenstillstand herzustellen und einen offenen Dialog zu beginnen.

OÖN: Lernt auch der Vatikan aus der Krise in der Diözese Linz?

ZULEHNER: Rom hat bestimmt viel gelernt. Aber vieles steht noch aus. Der Vatikan braucht eine tiefgreifende Kurienreform. In einer Regierung, wo es keinen Ministerrat gibt, gibt es auch keine organisierte Kommunikation. Unter solchen Umständen passieren Dinge wie mit der Piusbruderschaft und dem Holocaustleugner Williamson. Erst, wenn der Vatikan einen geordneten Kommunikationsfluss hat, ist auch der Raum für Seilschaften und Intrigen zugemacht.

OÖN: Konservative Kreise fordern eine apostolische Visitation der Diözese Linz – wie einst nach dem Skandal um Homosexualität und Kinderpornografie 2004 im Priesterseminar St. Pölten. Was halten Sie davon?

ZULEHNER: Einen Skandal wie in St. Pölten gibt es in der Diözese Linz nicht. In Linz geht es vielmehr um die Frage der „Klerikalisierung der Laien“, wie Wagner das nennt. Nur hat er das Problem auf den Kopf gestellt. In Linz hat man aus der Not des Priestermangels heraus die Laien unter Aufsicht eines Priesters mit priesterlichen Aufgaben wie taufen, predigen oder Gemeinden leiten betraut. Man kann dieses Problem aber nicht lösen, indem man die Laien beschimpft, sie würden sich „klerikalisieren“. Die Regel der Theologie würde ein Vorgehen genau anders herum nahelegen: Wer immer priesterliche Aufgaben wahrnimmt, der muss auch die Weihe empfangen. Und das unabhängig von den geltenden Zulassungsbedingungen.
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1  Kommentar
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pepiboeck (3.209 Kommentare)
am 23.02.2009 08:49

Immer kommt dieser Außenseiter zu Wort, es bleibt zu hoffen dass der Papst jetzt den Kopf nicht in den Sand steckt, er lässt ja inzwischen für den Priamt beten und sollte für diesen auch handeln

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