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Die ÖVP im Sommer der Skandale

Von Lucian Mayringer   09.August 2012

Die Volkspartei versinkt derzeit in tiefer Depression. Kein Wunder, angesichts des Parteispenden-Geständnisses des Kärntner Obmannes Josef Martinz und einer stündlich erwarteten Anklage gegen Ex-Innenminister Ernst Strasser wegen des Lobbyisten-Videos. Die OÖNachrichten besprachen mit Alt-VP-Obmann Erhard Busek und dem Politologen Peter Filzmaier den aktuellen Befund und die Auswege für die kleinere Regierungspartei:

Dass aus der einst von ihm zur „Partei der bunten Vögel“ ausgerufenen ÖVP nun jene der „schrägen Vögel“ geworden sei, wollte Busek „wegen der vielen anständigen Funktionäre“ nicht gelten lassen. Dennoch sei der Zustand alles andere als erfreulich. Von Parteiobmann Michael Spindelegger sei nun strengere Rekrutierung zu fordern, „auch wenn es interne Machtkonstellationen gibt, die einschränken“. Filzmaier hält angesichts der Serie von Affären seit nun zwei Jahren derzeit „jede Krisenkommunikation für unmöglich“. Außerdem müsse die Bundes-VP mit Abkoppelungstendenzen von Ländern mit nahenden Wahlen, wie Niederösterreich, oder der Bünde rechnen.

Aufräumer-Image

Für Filzmaier reicht es nicht, wenn Spindelegger jetzt seine Enttäuschung etwa über Martinz zum Ausdruck bringt. Er müsse vom Kärntner Neo-Obmann Gabriel Obernosterer, der gleich drei Funktionäre abgesetzt hat, „das Aufräumer-Image“ übernehmen. „Selbstverständlich“ müsse es schon beim leisesten Verdacht eines Vergehens Konsequenzen geben. Denn „der Wähler wendet sich auch ab, wenn es um schweres politisches Fehlverhalten geht und strafrechtlich keine Schuld besteht“, sagt Filzmaier.

Busek hält auch die von ihm propagierte Umstellung auf ein personalisiertes Wahlrecht, bei dem deutlich mehr Direktmandate vergeben werden, für ein geeignetes Instrument gegen die jüngsten Entwicklungen. Das sei zwar keine Garantie, dass die Falschen künftig von politischen Ämtern ferngehalten werden. „Aber wenigstens liegt es dann in der Verantwortung der Wähler und dort ist der Instinkt besser“, verweist Busek auf die EU-Wahl 2009: „Da hat Othmar Karas weit mehr Vorzugsstimmen bekommen als Ernst Strasser.“

Dass die aktuellen Skandale von Kärntner Hypo über Buwog bis Blaulichtfunk fast immer ihren Ursprung in der schwarz-blauen Ära haben, sieht Busek als Bestätigung seiner „alten Formel: Mit Jörg Haider ist kein Staat zu machen“. Für Filzmaier muss die These erweitert werden, wonach die zu schnell gewachsene FPÖ ungeeignete Personen an die Macht gebracht habe, „weil offenbar auch in der ÖVP einige betroffen sind“. Im Rückblick habe als Regierungschef „Wolfgang Schüssel im Leadership versagt“.

Sonderfall Strasser-Video

Gibt es eine Affäre, die der ÖVP besonders schadet? Nicht einmal so sehr die Causa Birnbacher, weil viele „in Kärnten einen Sonderfall sehen“, glaubt Filzmaier. Symbolisch wirkt aber der Fall Strasser, „weil es mit dem Lobbyisten-Video ein Bild gibt“. Und auch Karl-Heinz Grasser, „der ja VP-Vizekanzler hätte werden sollen und selbst durch Medien groß geworden ist, passt in diese Bildlogik, und die ist eine eigene Dimension“.

Zum Ende des Wahljahres 2013 sieht Busek „aus heutiger Sicht eine rot-schwarze Koalition, die unter der Vergangenheit leidet“. Vom Gang in die Opposition zur Erneuerung der ÖVP hält er nichts. Denn dort „gibt es keine Macht und die Wahrnehmung schwindet, das hat zuletzt auch der SPÖ nicht gut getan“.

Für Filzmaier ist Schwarz-Blau als Variante „politisch wie rechnerisch weg“. Rot-Schwarz sei nach Umfragen gerade noch da. Das Gefährliche für die ÖVP sei nicht, dass sie wie 1994 in Italien die „Democratia Cristiana“ wegen einer Skandalwelle gleich untergeht, sondern dass sie in den Koalitionsvarianten keine Rolle mehr spielt. Für die ÖVP hänge viel vom Start ins Wahljahr ab. „Die Strohhalme“ seien die Graz-Wahl im Jänner und die Niederösterreich-Wahl voraussichtlich im März. „Wenn sie da keine guten Ergebnisse einfährt, dann nirgendwo.“ Einen tröstlichen Ausblick hat Filzmaier noch für die ÖVP: Abgesehen von den Affären wäre die Themenlandschaft mit Währungspolitik, Wirtschaftskrise und EU günstig für sie.

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28. März 2024