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"Der Staat muss schlanker werden: Das gilt auch für die Bundesländer"

Von Christoph Kotanko und Lucian Mayringer   23.März 2018

OÖN: Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker verlangt von Ihnen die "Abkehr von Nebensächlichkeiten". Wie reagieren Sie auf die ungewöhnliche Kritik?

Sebastian Kurz: Das Budget ist eine Hauptsächlichkeit. Der Kurswechsel ist eingeleitet. Nach 100 Tagen können wir melden, dass wir nach über 60 Jahren Schuldenpolitik ein ausgeglichenes Budget zustande gebracht haben. Dazu gibt es die größte Familienentlastung aller Zeiten, erste Entlastungen für kleinere Einkommen – und wir haben erste Schritte zur Entbürokratisierung gemacht.

Das Nulldefizit 2001 war eine Trickserei. Was entgegnen Sie jenen Wirtschaftsexperten, die sagen, dass der Überschuss diesmal fast ausschließlich dem Aufschwung geschuldet sei?

Heinz-Christian Strache: Eine Hochkonjunktur gab es in der Vergangenheit immer wieder. Trotzdem hat man nie ein Nulldefizit geschafft. Das letzte war kein ehrliches, weil es auf den Verkauf des Familiensilbers gebaut war. Da denken wir nachhaltiger. Deshalb müssen jetzt die strukturellen Maßnahmen getroffen werden. Denn am Ende dieser Legislaturperiode muss unser Anspruch sein, dass nach Möglichkeit jeder ein Monatsgehalt mehr hat.

Was bedeuten diese Strukturreformen im Zusammenspiel mit den Bundesländern?

Kurz: Der Staat muss schlanker werden, das gilt auch für die Länder. Und wir führen gleichzeitig unter der Leitung von Minister Josef Moser eine Aufgabenreduktion durch. Im System werden wir jetzt große Reformschritte angehen, etwa die Zusammenlegung der Sozialversicherungen. Ziel ist, das in dieser Legislaturperiode zu schaffen. Ein weiterer Punkt ist die Reform unseres Sozialsystems. Wir werden die Mindestsicherung bundeseinheitlich regeln. Unser Ziel ist, dass Menschen, die noch nichts einbezahlt haben, ebenso wie Neuzuwanderer nicht dasselbe herausbekommen wie solche, die lange und viel eingezahlt haben. Und wir werden das Asylrecht ändern, um die illegale Migration klar zu reduzieren. Das bringt mehr Sicherheit und spart Kosten.

Kraker hat mit Nebensächlichkeiten etwa die Aufhebung des Rauchverbots gemeint. Ein Volksbegehren dagegen steuert auf die Dreiviertelmillion Unterschriften zu. Wird es am Ende eine Volksabstimmung geben?

Strache: Der Sieger soll am Ende immer die direkte Demokratie sein. Jetzt gibt es ein Volksbegehren. Wenn das fertig ist, werden wir es entsprechend behandeln. Deshalb haben wir in dieser Regierung erstmals den Ausbau der direkten Demokratie verankert, wo wir analog zum Schweizer Modell dieses Recht des Volkes sicherstellen wollen.

Kardinal Christoph Schönborn, aber auch viele Unternehmer verlangen, erfolgreich integrierte Asylwerber nicht abzuschieben. Man könnte ihnen einen legalen Aufenthalt ermöglichen, etwa aus humanitären Gründen. Nehmen Sie diese Anregung an?

Kurz: Selbstverständlich. Ob das humanitäre Bleiberecht gewährt wird oder nicht, ist aber die Entscheidung von Gerichten. Was wir tun können, ist die illegale Migration weiter zu reduzieren. Im Idealfall finden Asylverfahren in Zukunft außerhalb von Europa statt. Die Menschen sollten gar nicht mehr nach Mitteleuropa vordringen. Wir werden auch den Ratsvorsitz nutzen, um hier auf EU-Ebene Bewegung auszulösen.

Strache: In einem Rechtsstaat muss immer ein Urteil über allem stehen. Wenn sich also im Zuge eines Gerichtsverfahrens Angaben als nicht korrekt erweisen und es zu einer Ablehnung kommt, kann man danach nicht sagen: Darüber schauen wir hinweg. Das wäre wieder eine Einladung an all jene, die glauben, sich eine Aufenthaltsgenehmigung in Österreich erschleichen zu können.

Hier geht es aber um Leute, die bereits integriert sind, die eine Beschäftigung haben und jahrelang auf den Abschluss des Asylverfahrens gewartet haben.

Kurz: Schon, aber bei vielen gibt es den negativen Asylbescheid innerhalb weniger Monate, und nach zahlreichen Berufungsschritten fällt die endgültige Entscheidung erst viel später. Das muss schneller werden. Das sind Konsequenzen der ungesteuerten Zuwanderung, die wir erlebt haben.

Herr Strache, zum Geheimdienst im Innenministerium, der von Ihren Parteifreunden gerne als Augiasstall dargestellt wird: Im BVT-Extremismusbericht werden 383 linksextreme, aber 1313 rechtsextreme Tathandlungen angeführt. Soll dieses rechtsextreme Milieu, das auch in das FPÖ-Milieu hineinreicht, weiterhin scharf überwacht werden?

Strache: Ich lasse nicht im Raum stehen, dass das ein FPÖ-Milieu ist. Das ist es nicht! Selbstverständlich soll jedes extreme Milieu ganz konsequent überwacht werden. Und bei gesetzlichen Überschreitungen muss dies auch entsprechend geahndet werden.

Was wurde eigentlich aus Ihrer Historikerkommission zur Erforschung des Dritten Lagers, die vorerst im Verborgenen agiert?

Strache: Das ist auch gut so. Denn es wäre gar nicht gut, wenn jeder Historiker täglich mit Interviews statt mit seiner wissenschaftlichen Arbeit beschäftigt wäre. Wie angekündigt, soll es vor dem Sommer erste Detailergebnisse und im Herbst ein Ergebnis geben. Wir werden dann auch präsentieren, wer aller hier mitgearbeitet hat. Ich glaube, wir werden in dieser Kommission breit aufgestellt sein.

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