Bildungsreform: Länder im Machtpoker erfolgreich
In die koalitionären Verhandlungen über die Umsetzung der Bildungsreform kommt Bewegung – weil in der Frage der Lehrerverwaltung nun doch alles beim Alten bleiben soll.
Zur Erinnerung: Im November hatten sich SPÖ und ÖVP auf die Eckpunkte der Reform geeinigt, die neben mehr Schulautonomie Bildungsdirektionen als Verwaltungseinheit in den Ländern vorsieht. Vor fünf Wochen stand das Projekt auf der Kippe – die ÖVP lehnte den Gesetzesentwurf von Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SP) ab, weil dieser ihr Ministerium als "oberste Schulbehörde" festschrieb und ihm damit mehr Macht zubilligte.
Nun lenkt Heinisch-Hosek ein: Wesentliche VP-Wünsche sind in einem neuen Entwurf, der den OÖN vorliegt, berücksichtigt. Wie geplant ersetzen Bildungsdirektionen als "gemeinsame Behörde des Bundes und des Landes" die Landesschulräte und übernehmen "die Vollziehung des Schulrechts für öffentliche Schulen", also Dienstrecht oder Schulaufsicht. Außer dem Namen ändert sich de facto nicht viel: Weiter strikt getrennt werden "Angelegenheiten der Bundes- und der Ländervollziehung", wobei den Bildungsdirektionen sogar Bundeskompetenzen – wie etwa die Mitverwaltung der Bundeslehrer – übertragen werden können.
In Oberösterreich ist dies bereits der Fall.
Landeshauptmann an der Spitze
Auch künftig – das hatte Heinisch-Hosek zunächst abgelehnt – kann der Landeshauptmann Präsident der Bildungsdirektion sein, die formal von einem Direktor geleitet wird. Ist ein Präsident eingesetzt, ist der dem Ministerium zwar weisungsgebunden – jedoch nur in "Angelegenheiten der Bundesvollziehung", Gleiches gilt für den Bildungsdirektor. Vom Ministerium als "oberste Schulbehörde" ist keine Rede mehr, das Weisungsrecht bringt realpolitisch wenig Macht: Eine Ministerweisung an einen Landeshauptmann hat es in der Zweiten Republik bisher erst einmal gegeben.
Die Macht der Länder wird auch dadurch zementiert, dass zwar der Bund Organisation der Bildungsdirektion und Anforderungsprofil der Chefs festschreibt, beides aber "mit Zustimmung der Länder". Der Bildungsdirektor wird "auf Vorschlag des Landeshauptmanns" ernannt.
Mit diesem Entwurf sei sichergestellt, dass es "keine Kompetenzverschiebung" gebe, die Einigung sei daher nah, heißt es in VP-Verhandlerkreisen.
Noch offen ist die Frage der gemeinsamen Schule. Die SPÖ hätte gern die Aufweichung der geplanten Beschränkung der Schulversuche auf 15 Prozent der Schüler eines Bundeslands, Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (VP) hatte zuletzt Entgegenkommen signalisiert. Ein eher praxisferner Vorschlag kam gestern von Wiens SP-Bürgermeister Michael Häupl: "Wenn die ÖVP so am Gymnasium hängt, dann machen wir doch die Gesamtschulreform ,Gymnasium für alle’".