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Gerüchte verbreiten sich so leicht und billig wie nie

Von Alexander Zens   28.November 2020

Im US-Wahlkampf 2016 hat laut einer Studie jeder vierte Amerikaner mindestens einen Fake-News-Artikel gesehen. Das Team von Alexander Van der Bellen legte im Bundespräsidentschafts-Wahlkampf vor vier Jahren dessen Befunde vor, um zu beweisen, dass die Gerüchte, er habe Krebs, falsch sind. In der Coronakrise glauben nicht wenige, dass Microsoft-Gründer Bill Gates dahintersteckt und er den Menschen Mikrochips einpflanzen will.

Solche Falschinformationen und irreführende Aussagen verbreiten sich rasant in einer Region, einem Land, über den ganzen Globus. "Noch nie war es so leicht und billig, Gerüchte zu verbreiten", sagt die Autorin und Social-Media-Expertin Ingrid Brodnig.

Populismus und Misstrauen

Grund dafür sind die sogenannten sozialen Medien und die Möglichkeit, sehr billig unseriöse Webseiten aufzusetzen. Für Schmutzkübelkampagnen brauche es keine Flugzettel-Aktion mehr, auf einen Schlag könne man ein Narrativ weltweit platzieren, so Brodnig. Umso wichtiger ist die Bedeutung klassischer Medien wie Printzeitungen und Rundfunk, die wahrheitsgetreu unter Einhaltung der Sorgfaltspflicht berichten und eine Kontrollfunktion ausüben, als Säule der Demokratie. "Journalismus hat die Aufgabe, der Vielfalt der Sichtweisen in der Gesellschaft Gehör zu verschaffen, Für und Wider bei anstehenden Entscheidungen abzuwägen", sagt Universitätsprofessor Fritz Hausjell, stv. Institutsvorstand für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Universität Wien.

Zwar könnten auch digitale Netzwerke zur Demokratie beitragen. Derzeit würden sie aber "primär den politischen Populismus stärken und desintegrative Tendenzen in der Gesellschaft fördern", sagt Hausjell. Während jedes klassische Medium für Leserbriefe die Verantwortung übernehme, kümmerten sich die Betreiber der Social-Media-Kanäle viel zu wenig darum, wer wen in zumeist anonymer Weise aufs Unflätigste und ohne Substrat angreife. Brodnig betont, dass die überwiegende Mehrheit digitale Plattformen, die nicht den aufklärerischen Zugang des Journalismus haben, positiv nutzen würden. Eine Minderheit verhalte sich aber herabwürdigend oder irreführend. "Das Problem ist, dass diese Kräfte oft sehr erfolgreich sind. Das Säen von Misstrauen belastet die Demokratie." Wer steckt dahinter? Das ist unterschiedlich – von einzelnen Überzeugungstätern bis zur staatlich gelenkten Trollfabrik. Brodnig verweist auf drei Motive: politische, um Gegnern oder anderen Staaten zu schaden; wirtschaftliche, um auf viel besuchten Fake-News-Seiten Werbung verkaufen zu können; oder einfach nur Jux und Tollerei.

Um dem entgegenzuwirken, braucht es neben mehr politischer Hygiene und wirksamen Gesetzen gegen Hass und Desinformation im Netz vor allem Bildung. "Es muss viel energischer als bisher dafür gesorgt werden, dass sich junge Menschen medienkompetent in der modernen Gesellschaft bewegen können", sagt Hausjell. Brodnig schlägt vor, dass redaktionelle Kompetenzen in der gesamten Bevölkerung gefördert werden, um etwa erkennen zu können, welche Quellen qualitätsvoll sind.

Qualität und Vertrauen

Die Umfragen des Gallup-Instituts – zuletzt wurde die Bevölkerung von 5. bis 10. November befragt – zeigen doch auch eines ganz klar: Vor allem den Angeboten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sowie der Printmedien mit journalistischem Qualitätsanspruch bescheinigen die Österreicher hohe Glaubwürdigkeit und Relevanz. Boulevardmedien und Social-Media-Kanäle rangieren weit dahinter. Die Oberösterreichischen Nachrichten gehören bei der Glaubwürdigkeit, wie berichtet, mit dem Standard und den Salzburger Nachrichten zu den Top Drei der Tageszeitungen.

Die Bevölkerung entscheide mit ihrem täglichen Mediennutzungsverhalten mit, ob es auch in Zukunft verlässliche Informationen in schwierigen Zeiten geben werde, sagt Hausjell. Gleichzeitig brauche es international öffentlichen Druck, um die Pressefreiheit zu verteidigen, was weltweit alles andere als selbstverständlich ist.

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