Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

Wie erpressbar ist Europa?

Von nachrichten.at/apa, 12. September 2019, 11:04 Uhr
Syrien: Entsendet Türkei bald Bodentruppen?
Recep Tayyip Erdogan Bild: APA/AFP/ADEM ALTAN

WIEN. Scheitert der Türkei-Deal? Kommt eine Flüchtlingswelle auf Europa zu, wie Präsident Recep Tayyip Erdogan droht?

Einige EU-Politiker und Experten zweifeln am Funktionieren des Flüchtlingsabkommens. Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und auch FPÖ-Europasprecherin Petra Steger warnten, die EU sollte sich gegenüber der Türkei nicht erpressbar machen. Experten sind unterschiedlicher Meinung.

Der frühere ÖVP-Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger etwa spricht sich für eine bessere, vertiefte Zusammenarbeit mit der Türkei aus. "Ich glaube nicht, dass man sagen kann, man ist dadurch (Flüchtlingsabkommen, Anm.) erpressbarer und deshalb eine Politik der geschlossenen Türen fahren sollte", betonte der Direktor des in Wien ansässigen International Centre for Migration Policy Development (ICMPD) im Gespräch mit der APA. "Ganz im Gegenteil, man muss das mit der Türkei erörtern", gerade weil sie ein "Angelpunkt" und "wichtiger Partner" der EU in der Migrationspolitik sei. Es müsse weiterhin eine "Möglichkeit geben, mit der Türkei gemeinsam diese Themen zu adressieren und zu einer Lösung zu kommen".

Auch Ex-Außenministerin und Nahost-Expertin Karin Kneissl beantwortete die Frage nach möglichen Erpressungsversuchen Erdogans mit keinem eindeutigen "Ja". Kneissl verwies stattdessen gegenüber der APA auf die Argumente der Türkei. "Es wurden seitens der Europäischen Union sechs Milliarden Euro zugesagt, davon seien bislang nur zwei Milliarden überwiesen worden", zitierte sie ihren früheren Amtskollegen, den türkischen Außenminister Melvüt Cavusoglu. Der Minister habe unlängst beim Sicherheitsforum in Bled, an dem sie selbst auch teilnahm, "wortreich" die Position der Türkei dargelegt und erklärt, dass die EU dem Übereinkommen "nicht nachkommen würde".

Die EU hatte der Türkei tatsächlich sechs Milliarden Euro für die Versorgung von Flüchtlingen für die Jahre 2016 bis 2019 zugesagt. Davon seien 2,4 Milliarden ausgezahlt worden und 3,5 Milliarden Euro vertraglich vergeben, teilte die EU-Kommission unlängst laut Nachrichtenagentur dpa mit. Mehr als 80 Projekte seien angelaufen.

"Der Türkei-EU-Deal funktioniert nur zum Teil", erklärt der Türkei-Experte Cengiz Günay: Zwar habe die Zahl der Flüchtlinge, die über die Ägäis kommen, in den vergangenen Jahren stark abgenommen. Andere Bereiche des Abkommens funktionierten aber weniger gut: Einerseits aus der Sicht der EU die Zurückschiebungen aus Griechenland und andererseits sei die EU-Unterstützung aus der Sicht Ankaras "zu schwach", wie der stellvertretende wissenschaftliche Leiter des Österreichischen Instituts für Internationale Politik (oiip) im Gespräch mit der APA betonte: "Die Türkei bräuchte größere Unterstützung bei der Bewältigung der Herausforderungen der Flüchtlingssituation". Zur Drohung Erdogans sagt der Experte: "Erdogan hat in der Vergangenheit auch schon öfter gedroht."

Günay erläuterte die Situation der Türkei: Das Land beherberge mehr als drei Millionen Flüchtlinge. Lange Zeit seien die Syrer weitgehend toleriert worden, mittlerweile sei die Stimmung in der Bevölkerung aber gekippt. Das Land stecke in einer veritablen Wirtschaftskrise, die Arbeitslosenzahlen steigen massiv. Erdogan stünde außerdem innenpolitisch unter Druck, der Regierungsblock spalte sich, die Opposition habe die wichtigste "Cash cow"- Großstädte wie Istanbul und Ankara gewonnen. Darüber hinaus gebe es auch den Druck durch eine mögliche Flüchtlingsbewegung aus dem umkämpften syrischen Idlib. Erdogan wünscht sich außer finanzieller, auch politische Unterstützung für die Errichtung einer Sicherheitszone in Syrien. Flüchtlinge sollen dort untergebracht werden. Es geht ihm dabei aber auch darum, die kurdische PYD mithilfe der Sicherheitszone von der türkisch-syrischen Grenze zurückzudrängen.

Und ein Aspekt des 2016 abgeschlossenen Deals wird derzeit von beiden Seiten nicht so offensiv weiterverfolgt: die Visaerleichterungen. Um die zu bekommen, müsste die Türkei ihre Terrorgesetze lockern. Dazu ist die Regierung aber nach dem Putsch-Versuch von 2016 nicht bereit. Auch manche EU-Regierungen hätten an Visaerleichterungen für türkische Staatsbürger kein besonderes Interesse.

Ist der Deal damit obsolet? Günay bezeichnete das Abkommen als moralisch "fragwürdig". "Damit die Grenzen in Europa offen bleiben können, müssen die Leute noch früher abgefangen werden", kritisierte er. Dabei sei die Zahl der Flüchtlinge in Europa nicht vergleichbar mit jenen, die die Nachbarländer Syriens mit "viel weniger wirtschaftlichen Kapazitäten" schultern müssten. Auch dürfe Europa die Augen nicht davor verschließen, unter welchen Bedingungen Flüchtlinge in Ländern wie Jordanien, Libanon und Irak leben. Auch für diese Länder brauche es mehr Unterstützung.

Die Frage, ob sich Europa durch Kooperationen wie den Türkei-Deal erpressbar mache, beantwortete Günay eindeutig. "Europa hat sich schon längst erpressbar gemacht." Er begründete es mit der "Hysterie", die durch die Fluchtbewegungen ausgelöst wurde, und der Angst, von Flüchtlingen "überrannt zu werden". Günay verwies auf entsprechende finanzielle Forderungen aus Tunesien oder fragwürdige Allianzen wie zum Beispiel die EU-Unterstützung des autoritären ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi. Ägypten gilt der EU in Sachen Flüchtlingspolitik als Vorzeigeland.

mehr aus Außenpolitik

Deutscher Gesundheitsminister lehnt Zigaretten-Verbot ab

Generalstaatsanwältin fordert Annullierung von Trumps Kaution

Explosionen nahe Isfahan gemeldet - Iran schoss Drohnen ab

USA und Großbritannien verhängen neue Sanktionen gegen Iran

Interessieren Sie sich für dieses Thema?

Mit einem Klick auf das “Merken”-Symbol fügen Sie ein Thema zu Ihrer Merkliste hinzu. Klicken Sie auf den Begriff, um alle Artikel zu einem Thema zu sehen.

Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

10  Kommentare
10  Kommentare
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
( Kommentare)
am 14.09.2019 12:23

zum Titel: Total!

lädt ...
melden
antworten
ECHOLOT (8.804 Kommentare)
am 12.09.2019 15:15

na dann gute nacht europa!

lädt ...
melden
antworten
AlfDalli (3.986 Kommentare)
am 13.09.2019 10:35

Bitte nicht zu Tode fürchten!

lädt ...
melden
antworten
Alcea (10.015 Kommentare)
am 12.09.2019 14:31

Dann hat aber Erdogan ein ordentliches Problem in der Türkei.
Er schickt den religiosen (nicht den politischen) Islam zu den Christen. Da brennt der Hut bei Erdogan seinen Muslimen. Das weiß auch Erdogan.

lädt ...
melden
antworten
LiBerta1 (3.293 Kommentare)
am 12.09.2019 13:41

So wie ich über den Türkei-Deal informiert bin, denke ich, dass das kein guter Deal war. Viel zu viele Unsicherheiten stecken da drin. Die EU soll ihre Aufgaben selbst erledigen und nicht andere Staaten, die ihrerseits ziemlich wenig Sicherheit bieten, damit beauftragen.

lädt ...
melden
antworten
pepone (60.622 Kommentare)
am 12.09.2019 14:30

LIBERTA1

ich kann mir gutvorstellen dass du Recht hast ..
aber damals war es eine DRINGENDEN Angelegenheit und da wurde wahrscheinlich ein husch husch Vertrag ausgehandelt...
Erdogan erfreute sich in seiner Wirtschafts- Notlage über 6 Milliarden und die EU " warhochfeindraussen "
jetzt ist Erdogan noch tiefer im Wirtschaftsschlamassl ,jetzt braucht / will er NOCH MEHR GELD .

es ist doch das SELBE beim EU Lissabonvertrag ...PFUSCH !
siehe die Auswirkungen des Brexit wo EU Mitglieder NICHTS ZU SAGEN HABEN !

lädt ...
melden
antworten
pepone (60.622 Kommentare)
am 12.09.2019 11:29

im Artikel :

Ja". Kneissl verwies stattdessen gegenüber der APA auf die Argumente der Türkei. "Es wurden seitens der Europäischen Union sechs Milliarden Euro zugesagt, davon seien bislang nur zwei Milliarden überwiesen worden

Die EU hatte der Türkei tatsächlich sechs Milliarden Euro für die Versorgung von Flüchtlingen für die Jahre 2016 bis 2019 zugesagt. Davon seien 2,4 Milliarden ausgezahlt worden und 3,5 Milliarden Euro vertraglich vergeben, teilte die EU-Kommission unlängst laut Nachrichtenagentur dpa mit. Mehr als 80 Projekte seien angelaufen.

ES wäre interessant zu erfahren WAS abgemacht wurde .
NUR 6 Milliarden für Versorgung von Flüchtlingen
oder
der Betrag aufgeteilt wie oben im Artikel geschrieben.

ABER :
Erdogan hat seine türkische Wirtschaft die er selber einst aufgebaut hat ,mit seiner miserablen Politik nun ganz tief in den Keller sinken lassen UND BRAUCHT JETZT GELD .
Wenn er wirklich vor hat Camps an der Syrisch/Türkische Grenze zu bauen, dann JA für mehr Geld..

lädt ...
melden
antworten
pepone (60.622 Kommentare)
am 12.09.2019 11:30

ABER NEIN ,die dortigen Kurden zu vertreiben ...denn die würden dann als Flüchtlingen kommen .

lädt ...
melden
antworten
decordoba (3.803 Kommentare)
am 12.09.2019 13:31

Die SDF Kurden bedrohen nicht die Türkei. Es ist genau umgekehrt, die Türken bedrohen die Kurden.
---
Der Erdolf will in dieser Sicherheitszone die Rebellen aus Idlib ansiedeln, weil er diese Leute nicht in der Türkei sehen will. Und die Europäer sollen sein Vorhaben noch bezahlen.
Wer sind diese Rebellen?
* Das sind die FSA-Rebellen, die von der Türkei aus bezahlt worden sind, um das Assad Regime zu stürzen
* Da sind die Al Nursa Terroristen - Djaisch al Islam - die von Saudi Arabien finanziert werden
* Das sind die IS-Terroristen, die von allen Ecken Syriens mit dem Autobus nach Idlib gebracht worden sind.

lädt ...
melden
antworten
pepone (60.622 Kommentare)
am 12.09.2019 14:23

von DECORDOBA (3.005 Kommentare)
vor 50 Minuten
Die SDF Kurden bedrohen nicht die Türkei. Es ist genau umgekehrt, die Türken bedrohen die Kurden.

so is es seit JAHREN .

lädt ...
melden
antworten
Aktuelle Meldungen