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Vom nationalen Trauma zur asymmetrischen Kriegsführung

Von Michael Wrase, 23. September 2019, 00:04 Uhr
Vom nationalen Trauma zur asymmetrischen Kriegsführung
Wendige und schnelle Boote der iranischen Revolutionsgarde Bild: Reuters

Die negativen Erfahrungen im ersten Golfkrieg mit dem Irak, der vor 39 Jahren begann, ließ Teherans Führung umdenken.

Hassan Alisade war 16 Jahre alt, als er unweit der iranischen Hafenstadt Khorramshar sein Leben "für die Verteidigung der Revolution" gab. So steht es auf einem riesengroßen Plakat, das in der zentraliranischen Stadt Yasd aufgehängt wurde. Am 22. September 1980, vor genau 39 Jahren, hatte der irakische Diktator Saddam Hussein den Befehl zum Angriff auf Iran gegeben.

Mehr als 800.000 Iraner kamen in dem acht Jahre dauernden Krieg ums Leben. Fast 100.000 von ihnen starben bei irakischen Giftgasattacken, die von der internationalen Staatengemeinschaft ebenso ignoriert wurden wie Tausende Raketenangriffe auf 64 iranische Städte, darunter die Millionenmetropolen Teheran, Isfahan und Schiraz.

Der verheerende Krieg, analysiert die in Köln lebende Islamwissenschaftlerin Katajun Amirpur, "schuf ein anhaltendes nationales Trauma und veranlasste politisch ein Umdenken der Führung".

Die vom Nachbarn verursachten Leiden dürfen sich niemals wiederholen, schworen sich die Kommandanten der Revolutionswächter. Fassungslos hatten sie zur Kenntnis nehmen müssen, dass fast die ganze Welt den Aggressor Saddam Hussein mit Waffen beliefert hatte, während der Iran sein Kriegsgerät zu horrenden Preisen auf dem Schwarzmarkt kaufen musste.

"Unkonventionelle Mittel"

Als international isoliertes Land musste der Iran andere Wege finden, um sich in der Region zu behaupten. Um in einem ihm feindselig gegenüberstehenden Umfeld zu überleben, sei der Iran dazu "verdammt gewesen", sich das System der asymmetrischen Kriegsführung anzueignen, schreibt der Militärexperte Akram Kharief in "Le Monde diplomatique".

Bereits während des Krieges mit dem Irak hatte der Iran auf "unkonventionelle Mittel" zurückgegriffen. Als französische Piloten in Kampfjets, die Paris an Iraks Luftwaffe ausgeliehen hatte, iranische Öltanker angriffen, wurden im Libanon französische Staatsbürger entführt. Und auf die Bereitstellung von Satellitenbildern iranischer Frontstellungen durch die US-Armee reagierten Irans Verbündete im Libanon mit Anschlägen auf die Beiruter US-Botschaft sowie das Hauptquartier der US-Marines in Beirut im Oktober 1983.

Die Angreifer gehörten wohl der schiitischen Hisbollah an, die sich seither zum wichtigsten Instrument der asymmetrischen Kriegsführung entwickelte. Als verlängerter Arm Teherans sicherte sie das Überleben des Assad-Regimes in Syrien. Auch in den von Huthis kontrollierten Gebieten im Jemen sollen Hisbollah-Berater eine lokale Waffenindustrie aufbauen.

Die Blaupausen kommen aus dem Iran, wo bereits während des Krieges mit Irak erkannt worden war, dass man die meisten Waffen künftig in Eigenregie bauen bzw. nachbauen würde. Im Mittelpunkt stand dabei die Weiterentwicklung von strategischen Waffen wie Raketen, die aus iranischer Sicht für die Verteidigung des Landes überlebenswichtig sind. Schließlich war und ist bis heute kein Land der Welt bereit, dem Iran moderne Kampfjets, wie sie Saudi-Arabien, die Emirate oder Israel besitzen, zu liefern.

Nach Erkenntnissen des "International Institute for Strategic Studies" verfügt der Iran heute über das "größte und vielfältigste Arsenal an ballistischen Raketen im Nahen Osten". Diese spielen bei Verteidigung und Abschreckung "eine zentrale Rolle". Die von den USA geforderte Aufgabe dieser Waffen sei für die Machthaber in Teheran daher "unvorstellbar".

Drohnen im Syrienkrieg getestet

Gleiches gilt für Drohnen, die der Iran und seine schiitischen Verbündeten im Libanon und Irak vor allem im Syrienkrieg testeten und weiterentwickelten. Bewährt haben sich aus Sicht Teherans auch die bis zu 90 Stundenkilometer schnellen Glasfiberboote der Revolutionsgarde, gegen die, wenn sie in Schwärmen angreifen, eine konventionelle Marine in ernsthafte Schwierigkeiten geraten kann.

Dass die arabischen Nachbarn sowie die USA kein Konzept gegen die asymmetrische Kriegsführung entwickelt haben, zeigte sich auch während der Drohnenangriffe auf Abkaik. Während die Saudis Milliarden für konventionelle Kriegsführung ausgegeben haben, schaffen es der Iran und seine Verbündeten mit vergleichsweise bescheidenen Mitteln, sich im Nahen Osten zu behaupten.

> Lesen Sie hierzu auch "Irans Präsident stellt Friedensplan für Golfregion vor"

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Michael Wrase
Michael Wrase
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1  Kommentar
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Gruenergutmensch (1.477 Kommentare)
am 23.09.2019 10:13

Iran hatte allen Grund die USA und Großbritannien zu hassen, für die Neuimplementierung des Schah 1954, mit der die demokratisch zustande gekommene Mossadeghregierung beseitigt wurde. Aber derartig ausleben hätten sich die Mullahs nicht müssen, man denke an die Erstürmung der US - Botschaft und so weiter. Dass die USA sodann Irak stark zum Angriff auf Iran ermuntert haben ist wiederum eine Tatsache und Frankreich hat Irak bei diesem Angriffskrieg stark unterstützt, insbesondere mit den Kampfjets Super-Etendart. Und Israel brach mit der Bombardierung des Atomreaktors von Osirak im Irak Saddam kriegspsychologisch das Kreuz, wahrscheinlich mit stillschweigender saudischer Duldung, die israelischen Jets wurden wahrscheinlich in Saudi Arabien nachgetankt.

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