Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

USA steigen aus einem weiteren Abkommen aus

22. November 2020, 19:43 Uhr
Donald Trump
Noch-Präsident Donald Trump  Bild: Afp

WASHINGTON/MOSKAU. Das wichtigste internationale Abkommen über militärische Beobachtungsflüge steht nach dem am Sonntag erfolgten Ausstieg der USA vor einer unsicheren Zukunft.

Der Fortbestand des Treaty on Open Skies hängt nun von Russland ab - bei einem Ausstieg der Atommacht wäre er hinfällig. Deshalb richtet sich der Blick nicht zuletzt auf den Sieger der US-Präsidentenwahl, den Demokraten Joe Biden, der Donald Trump am 20. Jänner im Weißen Haus ablösen soll - und das Abkommen verteidigt.

Die Trump-Regierung hatte Ende Mai erklärt, dass sich die USA aus dem Open-Skies-Abkommen zurückziehen werden. Am Sonntag wurde nun der Vollzug erklärt. Als Grund für den Schritt nennt Washington Vertragsverletzungen Moskaus. Schon die Ankündigung des US-Ausstiegs hatte international Irritation und Sorge ausgelöst, weil das Abkommen als einer der Pfeiler der vertrauensbildenden Maßnahmen zwischen NATO-Staaten und Russland gilt.

Die USA hätten nicht einmal erklärt, warum sie aus dem Vertrag aussteigen, klagte der russische Präsident Wladimir Putin bei einer Expertenrunde im Oktober. Die NATO-Staaten könnten so weiter russisches Territorium überfliegen und den Amerikanern sämtliche Informationen übergeben. Russland hingegen solle keine US-Informationen mehr bekommen, wolle aber nicht als "Dummkopf" dastehen, sagte Putin. "Lassen Sie uns doch ehrlich miteinander reden!", bot er an.

Später stellte sein Außenminister Sergej Lawrow Bedingungen dafür, sollte Russland in dem Abkommen verbleiben. Er forderte am 12. November eine schriftliche Verpflichtung der NATO-Staaten, nach Beobachtungsflügen über Russland keine Daten mehr an die USA weiterzugeben. Und er warnte die Vertragspartner davor, auf Forderungen der USA einzugehen, in Europa keine russischen Beobachtungsflüge über amerikanischen Militärstützpunkten mehr zuzulassen.

"Das ist eine grobe Verletzung des Vertrags", sagte Lawrow. Die Möglichkeit einer Beobachtung von US-Aktivitäten etwa in Polen oder Deutschland gilt für Russland als attraktiv, weshalb das Land trotz massiver Bedenken in dem Abkommen verbleibt - vorerst zumindest.

Auch Deutschland will Russland in dem Abkommen halten. Die deutsche Regierung sieht in dem Vertrag "einen wichtigen Bestandteil der europäischen Rüstungskontrollarchitektur", wie Außenminister Heiko Maas im Mai erklärte. "Er trägt zu Sicherheit und Frieden auf praktisch der gesamten Nordhalbkugel bei."

In der NATO-Zentrale in Brüssel wurde hingegen auch Verständnis für den Schritt der USA geäußert. "Russland verhängt seit vielen Jahren vertragswidrige Flugbeschränkungen", sagte eine Sprecherin am Sonntag auf Anfrage der Deutsche Presse-Agentur. Die fortgesetzte selektive Umsetzung der Vertragsverpflichtungen durch Russland habe den Beitrag des wichtigen Abkommens zu Sicherheit und Stabilität im euroatlantischen Raum untergraben.

Der Open-Skies-Vertrag 1992 geschlossen worden und trat 2002 in Kraft. Er erlaubt den Vertragsstaaten, jährlich eine bestimmte Anzahl vereinbarter Beobachtungsflüge über dem Staatsgebiet anderer Vertragsstaaten durchzuführen. So konnten die USA und Russland jeweils bis zu 42 Aufklärungsflüge im Jahr machen. Mehr als 1.500 Kontrollflüge gab es bisher. Neben den meisten NATO-Staaten und Russland haben den Vertrag zum Beispiel auch die nun westlich orientierten, früheren Sowjetrepubliken Ukraine und Georgien unterzeichnet.

Nach langen Jahren des Kalten Krieges sollten die Kontrollflüge vor allem für Transparenz und Vertrauensbildung sorgen. Russland konnte aus der Luft sehen, wie sich in Europa und den USA militärische Stützpunkte entwickeln. Andersherum durften die Amerikaner und ihre NATO-Partner zur Beobachtung in den russischen Luftraum fliegen.

Die Streitigkeiten mit Moskau wurden bei der Ankündigung Washingtons von US-Sicherheitsexperten als vorgeschobenes Argument betrachtet. Vermutet wurde, dass Trump lieber an keine internationalen Vereinbarungen gebunden ist, als an solche, die kompliziert sind oder nicht 100-prozentig seinen Interessen entsprechen. Die USA haben unter dem Republikaner bereits zahlreiche internationale Abkommen verlassen. Unter anderem zogen sie sich aus dem Atomabkommen mit dem Iran, dem Pariser Klima-Abkommen und dem INF-Vertrag über das Verbot landgestützter atomarer Mittelstreckenwaffen zurück.

Rückkehrmanöver von Biden?

Wahlsieger Biden will diesen Kurs revidieren. Wenn sich der Open- Skies-Vertrag in den kommenden zwei Monate aufrechterhalten lässt, könnte der Demokrat ein Rückkehrmanöver erwägen - und damit nach vier Jahren Trump ein starkes Zeichen an die NATO-Partner senden. "Ohne uns könnte der Vertrag zerfallen", warnte Biden nach der Austrittsankündigung der Trump-Regierung im Mai.

Die Verbündeten hätten deutlich gemacht, dass sie wollten, dass die USA in dem Vertrag blieben. "Ein Austritt wird die wachsenden Spannungen zwischen dem Westen und Russland verschärfen und die Risiken von Fehleinschätzungen und Konflikten erhöhen", erklärte er.

Nach Darstellung der US-Denkfabrik Brookings müsste sich Biden für eine Rückkehr Mehrheiten im US-Kongress beschaffen. Der russische Politologe Dmitri Susslow hält dies angesichts der Kräfteverhältnisse in Washington für "praktisch ausgeschlossen". "Biden wird weder in den INF noch in den Open-Skies-Vertrag zurückkehren", sagt er. Dennoch hofft Russland auf Biden.

Nach dem Open-Skies-Austritt könnte bei der Rüstungskontrolle ein größerer Rückschlag erst noch bevorstehen: Die Zukunft des letzten großen atomaren Abrüstungsvertrags New Start hängt weiterhin an einem seidenen Faden. Der Vertrag läuft Anfang Februar 2021 aus, wenn sich Russland und die USA nicht auf eine Verlängerung einigen. Russland hat dies immer wieder gefordert - ohne greifbares Ergebnis bisher.

Der New-Start-Vertrag begrenzt die Nukleararsenale beider Länder auf je 800 Trägersysteme und je 1550 einsatzbereite Atomsprengköpfe. Biden hatte sich in der Vergangenheit für eine Verlängerung des Vertrags ausgesprochen. Allerdings bleibt ihm nach der Amtseinführung am 20. Jänner dafür wenig Zeit. Sollte das Abkommen auslaufen, gäbe es erstmals seit Jahrzehnten kein Abkommen mehr, das dem Bestand an strategischen Atomwaffen Grenzen setzt.

mehr aus Außenpolitik

Das Ende der Zeitumstellung hängt weiter in der Warteschleife

Baltimore: Beherztes Eingreifen verhinderte größere Katastrophe

Ex-US-Senator Lieberman gestorben

Frankreich: Keine Diskriminierung wegen der Frisur

Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

3  Kommentare
3  Kommentare
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
NeujahrsUNgluecksschweinchen (25.938 Kommentare)
am 23.11.2020 07:24

Der orange Clown soll mal Ruhe geben.

Biden kriegt immer mehr Rückgängigzumachendes am ersten Amtstag aufgehalst.

lädt ...
melden
antworten
kratzfrei (19.103 Kommentare)
am 23.11.2020 00:34

Hmm - das sieht nach einer Art Beschäftigungstherapie für Biden aus, denn wie wir alle wissen, brauchen Senioren eine Aufgabe, damit sie fit bleibe.
Und da "sleepy Joe" stets einen müden Eindruck macht, braucht er etwas zu tun und irgend etwas, was nach Erfolg aussehen kann.
Und dann behaupte noch jemand Trump kümmere sich nicht um seinen Amtsnachfolger.
Tsssss.
Typisch missgünstige und manipulative Medienfritzen.

lädt ...
melden
antworten
kratzfrei (19.103 Kommentare)
am 23.11.2020 00:35

bleiben

lädt ...
melden
antworten
Aktuelle Meldungen