USA: Afghanische Regierung wegen Taliban-Offensive vor Existenzkrise
KABUL. Die afghanische Regierung steht einem US-Behördenbericht zufolge wegen zunehmender Angriffe der Taliban vor einer "existenziellen Krise".
Laut einem am Donnerstag veröffentlichen Bericht der US-Generalinspektion für den Wiederaufbau Afghanistans (Sigar) hat sich die Zahl der Taliban-Angriffe sei dem Abkommen von Doha über einen US-Truppenabzug verdoppelt.
Die Regierung des damaligen US-Präsidenten Donald Trump hatte im Februar 2020 in Doha ein Abkommen mit den Taliban geschlossen, um den längsten Kriegseinsatz der US-Geschichte zu beenden. Dabei setzten die USA auf Friedensverhandlungen zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung. Diese Gespräche blieben jedoch bis heute ohne greifbares Ergebnis, während die USA ihren Truppenabzug planmäßig starteten und bis Ende August abschließen wollen. Gleichzeitig gingen die Islamisten in die Offensive.
Taliban auf dem Vormarsch
Laut dem Sigar-Bericht stieg die Zahl der von den radikalislamischen Taliban verübten Angriffe von 6.700 in einem Drei-Monats-Zeitraum Anfang 2020 auf 13.242 zwischen September und November vergangenen Jahres. Seither liege die Zahl in jedem folgenden Drei-Monats-Zeitraum bei mehr als 10.000.
Auch die Zahl der Todesopfer nahm deutlich zu: Zwischen Jänner und März 2020 wurden laut dem Bericht 510 Zivilisten getötet. Im dritten Quartal 2020 stieg diese Zahl auf 1.058. Die jüngsten Daten zeigten allein für April und Mai dieses Jahres 705 zivile Todesopfer.
Die afghanische Regierung stehe vor einer "existenziellen Krise", wenn dieser Trend nicht umgekehrt werde, sagte der Generalinspekteur John Sopko. Im Gegensatz zum "verbreiteten Überoptimismus" biete der Bericht ein ernüchterndes Bild. "Die Nachrichten, die in diesem Quartal aus Afghanistan kommen, sind düster", fasst der Bericht zusammen.
Parallel zum rasch fortschreitenden Abzug der US- und anderer NATO-Truppen aus Afghanistan hatten die Taliban in den vergangenen Monaten große Teile des Landes erobert. Die afghanische Armee sei "überrascht und unvorbereitet" gewesen und befinde sich jetzt in der Defensive, hieß es in dem Bericht. Besonders besorgniserregend sei das Tempo, mit dem die Aufständischen auch Provinzen im Norden des Landes eingenommen hätten, traditionell eine Hochburg von Taliban-Gegnern.
Mittlerweile kontrollieren die Islamisten rund die Hälfte der etwa 400 Bezirke Afghanistans. Beobachter befürchten, dass die Taliban nach dem vollständigen Abzug der internationalen Truppen wieder vollends die Macht am Hindukusch übernehmen könnten. Indes sind seit dem Abzug verstärkte Flüchtlingsbewegungen aus Afghanistan in Richtung Nachbarregionen und Europa zu verzeichnen.
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Die Taliban sind eine Absplitterung der von den USA und dem CIA (mutmaßlich auch mit großen Summen an Drogengeldern) finanzierten und auch mittels Kriegsmaterial und amerikanischer Technologie unterstützten afghanischen Warlords, welche man für den Widerstand gegen die bösen Russen einsetzte.
Die Warlords waren - im Gegensatz zu den Taliban - am Geld und der regionalen Macht der eigenen Familie interessiert, jedoch nicht an einem landesinternen Glaubenskrieg.
Ich war im letzten Jahrtausend oft in diesen Regionen und konnte gewisse Entwicklungen erkennen, welche in der westlichen Presse und der westlichen Politik komplett ignoriert oder sogar verschwiegen worden ist.
Ich fürchte, dass sich dieser Zustand der falschen oder fehlenden Informationen wieder auf den Status vor 9/11 zurück entwickelt.
Ohne 9/11 wären viele Informationen über die Schreckensherrschaft der Taliban in Afghanistan und Teilen Pakistans niemals in westliche Medien gelangt.
Aufwind und Unterstützung bekamen die Taliban durch eine Bruderschaft mit den Anfängen der Al Kaida, welche ihre Söldner nach Afghanistan sowie die angrenzenden Gebiete Pakistans für Unterschlupf und Ausbildung schickte. Das war auch der Hauptgrund der USA für die Präsenz in diesen Gebieten, also die Bekämpfung der Al Kaida (als Vergeltung für 9/11) und weniger der Taliban, welche die Regionen dort umgestalten und verknechten.
Die ersten größeren Kämpfe der Al Kaida im Ausland fanden übrigens beim Kalifatskrieg (Tschetschenienkrieg II) in Tschetschenien statt, danach in Nordafrika.
KLETTERMAXE (6.668 Kommentare)
?
Die Taliban-Bewegung entstand 1994 in der Stadt Kandahar aus Kommandanten mittleren Ranges der Widerstandskämpfer (Mudschaheddin) gegen die sowjetische Besatzung (1979-1989). Die 1 500 Kämpfer, die die Bewegung gründeten, ernannten Mullah Omar zu ihrem Führer.
Um nicht zu behauten was sie da geschrieben haben ist komplett falsch
etwas ist ja dran die Mudschaheddin wurden von den USA unterstützt
und aus denen ging dann die Führungsspitze der Taliban hervor
Ist ja nichts neues das die USA und deren Verbündete ihre Unterstützer vor Ort im Stich und somit sich selbst überlassen.
Mich wundert es echt dass sich nach wie vor manche Menschen auf die USA verlassen und mit ihnen Seite an Seite kämpfen möchten.
Wieso wurde nicht das afghanische Militär vor dem Abzug entsprechend aus- und aufgerüstet?
Jeder der an der Seite von USA und Co. gekämpft hat muss sich jetzt vor der Rache der Taliban fürchten. Das betrifft nicht nur Soldaten sondern auch z.B. viele Dolmetscher die geholfen haben.
Man kann ja vom Afghanistan-Einsatz halten was man will, aber dieser "unkontrollierte" Abzug hinterlässt ein Macht-Vakuum und sorgt vermutlich dafür dass das Land jegliche Stabilität verliert.
Wenn man genauer hinsieht, waren die USA nicht wirklich aufgrund der Taliban vor Ort, sondern zur Bekämpfung der Al Kaida als Vergeltung für 9/11.
Weil die USA schon länger die Kalifatskriege in Asien, Europa und Nordafrika (Stichwort Islamischer Staat) nicht mehr als US-amerikanisches Problem betrachtet, zieht man die Truppen wieder ab. Dieser Weg wurde eigentlich bereits unter Obama beschlossen.
Was die afghanischen Hilfskräfte der Allianz betrifft, kümmert sich die USA wirklic h um "ihre" Leute. Diese werden an sichere Orte gebracht, bis die Immigrationsformalitäten für die USA über die Bühne sind.
Ein unrühmliches Beispiel liefert dagegen Deutschland, das nach meinen letzten Informationen "ihre" afghanischen Mitarbeiter*innen sich selbst überlässt.
Das afghanische Militär wurde seit Jahren ausgebildet und aufgerüstet. Das war die Haupttätigkeit der Allianz in den letzten Jahren. Dass die afghanischen Soldaten dann davonrennen, ist eine andere Geschichte.
Durch das Abkommen mit Trump besteht die Gefahr, dass die Taliban bald die neue Regierung stellen.
Aus welchem anderen Grund sollten die Taliban ein Abkommen unterzeichnen, wenn nicht zu ihrem Vorteil. Jeder Teilabzug ist ein strategischer Vorteil, der sofort genutzt wird und dessen Konsequenzen kaum mehr rückgängig gemacht werden können.
Ein Abkommen a la "wir ziehen ab und ihr seids brav" funktioniert bestimmt nicht.
Mit der Einmischung der Amis und anderer Nationen wurde alles nur noch schlechter.
Also - die sollen sich das untereinander ausmachen und Schluss. Die Herrschaft der Taliban ist sowieso nicht mehr aufzuhalten.
Ohne die tatkräftige Unterstützung durch den pakistanischen Geheimdienst wären die "Koranschüler" (=Taliban) bei weitem nicht so erfolgreich. War/ist Pakistan nicht ein traditioneller Verbündeter der USA?
Die Rolle bzw. Position Pakistans wäre tatsächlich mal zu klären.
Auch Bin Laden versteckte sich ja damals (angeblich unbemerkt) jahrelang in Pakistan.