Ukraine: Scheinreferenden in den besetzten Gebieten
KIEW/MOSKAU. Donezk: Separatistenchef spricht von einem historischen Tag.
In den von Moskau besetzten Gebieten im Osten und Süden der Ukraine haben gestern die Scheinreferenden über einen Beitritt zu Russland begonnen. Von einem historischen Tag sprach Separatistenchef Denis Puschilin in der von Russland anerkannten "Volksrepublik Donezk". "Dieses Referendum ist entscheidend, es ist der Durchbruch in eine neue Realität", sagte er in einem Video auf Telegram. Weder die Ukraine noch die internationale Gemeinschaft erkennen die Abstimmung unter der Besatzungsmacht Russland an.
Auch die Regionen Luhansk und Saporischschja informierten über den Beginn der Abstimmungen. "Wir kommen nach Hause! Viel Erfolg, Freunde", sagte Wladimir Rogow, ein von Russland in Saporischschja eingesetzter Vertreter der Region, zur Eröffnung der Wahllokale. Angesetzt ist zudem ein Scheinreferendum in der südukrainischen Region Cherson. Hunderttausende Menschen haben bis zum 27. September Zeit, ihre Stimmen abzugeben.
- ZIB 1: ZIB-Korrespondent Peter Fritz analysiert Putins Reaktion.
Der genaue Ablauf der Abstimmungen ist unklar, da die Gebiete nicht vollständig von russischen Truppen besetzt sind. Der ukrainische Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Gajdaj, berichtete, in der russisch besetzten Ortschaft Bilowodsk habe ein Verantwortlicher gesagt, das Referendum sei verpflichtend. Wer seine Stimme nicht abgebe, verliere seine Arbeit und werde bei den Sicherheitsbehörden gemeldet.
Zum Abstimmen gezwungen
In Starobilsk hätten die russischen Behörden angeordnet, dass die Menschen die Stadt bis Dienstag nicht verlassen dürften. Bewaffnete Gruppen würden Wohnungen durchsuchen und die Bewohner dazu zwingen, ihre Stimme abzugeben.
Kremlsprecher Dmitri Peskow kündigte am Freitag jedenfalls eine rasche Annexion der Gebiete an. Zugleich wiederholte er, dass Versuche der Ukraine, sich die Gebiete zurückzuholen, als ein Angriff auf die Russische Föderation gewertet würden.
UN stellte Kriegsverbrechen fest
In der Ukraine habe es nach Einschätzung einer UNO-Untersuchungskommission Kriegsverbrechen gegeben. Das sagte gestern der Vorsitzende der UNO-Kommission, der Norweger Erik Møse, im UNO-Menschenrechtsrat. Konkret nannte er Luftangriffe auf bewohnte Gebiete sowie die große Anzahl an Erschießungen und Massengräbern.
Der frühere Chef des UNO-Kriegsverbrechertribunals für Ruanda berichtete auch von Fällen, in denen Kindern "vergewaltigt, gefoltert und illegal festgehalten" wurden. Die Kommission habe 27 Städte und Siedlungen besucht und mit 150 Opfern und Zeugen gesprochen, sagte er.