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Truppenabzug und Waffenstillstand bei Ukraine-Gipfel vereinbart

Von nachrichten.at/apa, 10. Dezember 2019, 06:05 Uhr
Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj, der französische Präsident Emmanuel Macron und der Russlands Staatsoberhaupt  Wladimir Putin (v.l.) Bild: (AFP)

PARIS. Ein Teilabzug von Truppen, ein Gefangenen-Austausch und eine Umsetzung der Waffenruhe noch in diesem Jahr: Beim Ukraine-Gipfel in Paris haben sich der russische Präsident Wladimir Putin und der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj am Montag auf Schritte zur Annäherung beider Länder geeinigt.

Putin sprach nach dem ersten Treffen der beiden Politiker von einem "wichtigen Schritt". Selenskyj betonte dagegen, er habe sich mehr erhofft.

"Wir haben heute die Zeit des Stillstands überwunden", sagte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel zum Abschluss des Gipfels im sogenannten Normandie-Format (Ukraine, Russland, Frankreich, Deutschland), zu dem der französische Präsident Emmanuel Macron in den Pariser Elysée-Palast eingeladen hatte. Macron unterstrich: "Die Tatsache, dass wir hier Seite an Seite sitzen, ist bereits ein wichtiges Ergebnis." Er hatte die Teilnehmer für die Gipfelverhandlungen symbolisch an einem runden Tisch platziert, Putin und Selenskyj saßen sich gegenüber.

Konkret vereinbart wurde laut Abschlusserklärung ein Truppenrückzug aus drei umstrittenen Gebieten der Ostukraine bis Ende März. Noch vor Jahresende soll demnach eine Waffenruhe umgesetzt werden. Bis März 2020 soll es zusätzliche politische Fortschritte zur Deeskalation der Lage geben. Zentraler Punkt ist laut Macron und Merkel, Lokalwahlen in den von russischen Separatisten kontrollierten Gebieten der Ostukraine vorzubereiten.

Zudem soll noch in diesem Monat ein weiterer Gefangenenaustausch zwischen Russland und der Ukraine stattfinden. Er soll nach der Formel "alle gegen alle" laufen. Dabei geht es um einen Austausch von 250 Gefangenen aus Kiew gegen 100 aus Luhansk und Donezk. Eine konkrete Vereinbarung dazu gab es aber nicht, sondern lediglich die Absichtserklärung, mit Hilfe der Kontaktgruppe in der Region und des Roten Kreuzes den Austausch umzusetzen.

In vier Monaten wollen die Staats- und Regierungschefs von Deutschland, Frankreich, Russland und der Ukraine dann erneut zu einem Gipfeltreffen zusammenkommen, um weitere Schritte zu besprechen.

Konkrete Fortschritte

Mit diesen Ergebnissen gab es im Ringen um einen Frieden für die Krisenregion im Osten des Kontinents konkrete Fortschritte. Zuvor war es lange unklar gewesen, ob überhaupt eine Gipfelerklärung vereinbart werden könnte.

Selenskyj äußerte sich nach dem Treffen trotzdem enttäuscht: "Meine Kollegen sagten mir, dass dies ein sehr gutes Ergebnis für das erste Treffen ist. Aber ehrlich gesagt ist mir das zu wenig", sagte der 41-Jährige. "Ich wollte eine größere Zahl an Problemen lösen." Offen blieb vor allem die Frage, wie die Ukraine wieder vollständig Kontrolle über ihre Grenze gelangen kann, wie es in den Minsker Friedensverträgen von 2015 vorgesehen ist.

Selenskyj steht im eigenen Land unter Druck: Tausende Demonstranten hatten den früheren Schauspieler und Politik-Neuling vor dem Gipfel aufgerufen, nicht vor Putin zu "kapitulieren".

Merkel sagte, schwierig bleibe die Frage, wie sichere Bedingungen für Kommunalwahlen in den Separatistengebieten in der Ostukraine geschaffen werden könnten. "Das ist ein dickes Brett, das wir noch bohren müssen", betonte die Kanzlerin. Grundsätzlich sei sie mit den Ergebnissen des Treffens aber "sehr zufrieden". Es seien "realistische Dinge" vereinbart worden.

Putin und Selenskyj trafen bei dem Gipfel erstmals aufeinander und schüttelten sich nach Angaben von Teilnehmern die Hand. Sie führten auch ein erstes bilaterales Gespräch miteinander, das rund 90 Minuten dauerte. Danach sagte Putin auf die Frage von Journalisten, ob er zufrieden sei: "Ja, das bin ich."

Putin sprach von einem Fortschritt für die Menschen im Kriegsgebiet Ostukraine. Deshalb seien neue Übergänge an der Frontlinie vereinbart worden. Der OSZE soll eine umfassende Kontrolle des Konfliktgebietes ermöglicht werden. Auch ein weiterer schrittweiser Rückzug der bewaffneten Kräfte werde fortgeführt, versicherte der russische Präsident.

  • Video: ORF-Korrespondentin Cornelia Primosch berichtet aus Paris, wie zufrieden die Teilnehmer des Ukraine-Gipfels mit dem Ausgang der Gespräche sind.

13.000 Tote

In den ostukrainischen Regionen Donezk und Luhansk stehen sich ukrainische Regierungstruppen und prorussische Separatisten gegenüber. Rund 13.000 Menschen sind nach UNO-Schätzung bisher ums Leben gekommen. Die Menschen in den betroffenen Regionen Luhansk und Donezk sehnen sich nach einem Ende des Krieges.

Gastgeber Macron strebt einen umfassenden Dialog mit Moskau über Sicherheit und Stabilität in Europa an. Um zu Fortschritten mit Moskau zu kommen, muss nach französischer Auffassung auch der Ukraine-Konflikt gelöst werden. Macrons Annäherung an Moskau wird in mittel- und osteuropäischen Ländern mitunter jedoch misstrauisch verfolgt.

Auch die diplomatische Krise um die Ausweisung zweier russischer Diplomaten aus Berlin spielte am Rande des Gipfeltreffens eine Rolle. Putin drohte Deutschland mit einem ähnlichen Schritt: "Es gibt eine Regel: Ihr habt unsere Diplomaten ausgewiesen, wir weisen eure Diplomaten aus", sagte der Präsident. Putin meinte weiter, die russischen Diplomaten hätten "nichts" mit dem mutmaßlichen Auftragsmord an einem Georgier im Berliner Kleinen Tiergarten im Sommer zu tun. Der Tote sei ein gesuchter Kämpfer gewesen und einer der Organisatoren der Anschläge in der Moskauer Metro von 2010 mit 26 Toten. Er bezeichnete den Mann als "blutrünstigen und brutalen Menschen" und "Banditen".

Die Kanzlerin sagte, sie habe das Thema bei ihrem bilateralen Treffen mit Putin vor Beginn der Normandie-Beratungen in Paris angesprochen und ihn zur Kooperation aufgefordert. "Ich gehe davon aus, dass die russische Seite uns ihre Informationen zur Verfügung stellt", sagte die Kanzlerin. "Jedenfalls fände ich das gut."

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3  Kommentare
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strasi (4.410 Kommentare)
am 10.12.2019 21:48

Positives Ergebnis ist, dass ein Waffenstillstand vereinbart wurde, dient vor allem der leidgeprüften Bevölkerung beiderseits. Ob er hält, wird sich zeigen.
Ziemlich naiv war die Annahme Selenskyj', dass er nach Paris fährt und schon ist das Gesamtproblem gelöst. Die Abhaltung von Kommunalwahlen im Dombass und Luhansk sollen vor allem ein Test dafür sein, ob das Volk eine Rückkehr nach Kiew oder die Eigenständigkeit will. Kontraproduktiv sind jedenfalls die nationalistischen Hardliner Poroschenkos.

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Erich4614 (105 Kommentare)
am 10.12.2019 10:23

Poroschenko will Erfolg Selenskyjs verhindern

Unter Poroschenko ist die Ukraine vom drittärmsten zum ärmsten Land Europas abge-stiegen. Die Kaufkraft ist nur halb so hoch wie in Belarus. Die Ukraine hat kurz- und mittelfristig keine Chance auf einen EU-Beitritt, weil sie nicht wettbewerbsfähig ist.

Selenskyj versteht, dass die ukrainische Wirtschaft nur bei guten Beziehungen zu allen Nachbarn gesunden kann und dass die vernünftigen Menschen in der Ukraine lieber ihr Land aufbauen als den Donbass zu beschießen.

Nicht lernfähige Poroschenko-Anhänger demonstrieren schon vor dem Präsiden-tensitz. Für sie ist es am wichtigsten, den Minderheiten ihre Rechte zu verweigern.
Sie kennen nicht den wichtigsten Grundsatz „Politik ist die Kunst des Möglichen“.

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jago (57.723 Kommentare)
am 10.12.2019 10:03

In den meisten Fällen ist ein machtgieriger Regierungschef an der Expansion seines Staatsgebietes interessiert.

In der Ostukraine ist die Situation IMHO anders gerichtet: dort leben viele Russen aus der Sowjetzeit gemischt mit Ukrainischen "Ureinwohnern", die sich von "Kiev" trennen möchten und ein Teil Russlands werden.

Das kommt beim Patrioten Putin sehr gut an und gilt als "Russland ist dort, wo Russen sind".

Das Hauptproblem bei der kommenden Grenzziehung sind die Ureinwohner im Dombass, die zu Flüchtlingen im eigenen Land werden, obwohl sie selber nicht dafür können.

Staatsgrenzen sind ein Wahnsinn - das weiß ich besonders aus der Zeit des Eisernen Vorhangs. Nur die Juristen in den Regierungen brauchen sie.

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