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Schallenberg in Riad: Sicherheitsfragen und Wirtschaft im Fokus

Von nachrichten.at/apa, 12. September 2021, 09:35 Uhr
++ HANDOUT ++ AM SCHALLENBERG IN SAUDI ARABIEN:  SCHALLENBERG - KHALID BIN ABDULAZIZ AL-FALIH
Außenminister Alexander Schallenberg (li) und der saudische Investitionsminister Khalid bin Abdulaziz Al-Falih Bild: MICHAEL GRUBER (BMEIA)

RIAD. Außenminister Schallenberg (ÖVP) besuchte Saudi-Arabien.

Schallenberg warb dabei für eine Wiederbelebung des Atom-Deals mit dem Iran. Prinz Faisal erklärte diesbezüglich, dass nur ein wirklich starker Vertrag Sinn mache.

Österreichs Außenminister hatte im Vorfeld des Besuch bei der "Leitmacht der Region" eine leichte Annäherung des Königreichs zum Iran geortet. Doch gab sich der saudische Außenminister bezüglich einer Wiederbelebung des ausgesetzten Wiener Atomabkommens (JCPOA) von 2015 eher skeptisch. Der Iran halte sich nicht an die Vorgaben der Internationalen Atomenergie-Agentur (IAEA) kritisierte er bei einem gemeinsamen Pressegespräch in Riad.

Das Abkommen existiere nicht mehr, argumentierte Faisal. Ein allfälliger neuer Deal müsse aber längerfristig und stärker angelegt sein. Schallenberg erneuerte seine Position, dass die Gespräche nach dem 2018 unter der Ägide des damaligen US-Präsidenten Donald Trump erfolgten Ausstieg der USA wieder vorangetrieben werden sollen, um eine Überwachung des iranischen Atomprogramms zu gewährleisten.

Selbst ein "schlechter Deal" besser sei als "gar kein Deal", bekräftigte der Außenminister. "Wir wollen keinen Iran mit Atomwaffen und auch keine nukleare Aufrüstung in der Region." Dass es ein neues Abkommen geben kann, sieht er nach eigenen Angaben freilich "nicht mehr so optimistisch wie noch im Frühjahr."

Bezüglich des Jemen Konflikts verurteilte Schallenberg Angriffe der vom Iran unterstützen Houthi-Rebellen auf Ziele in Saudia-Arabien. Im Jemen herrscht seit 2015 Krieg zwischen den von Saudi-Arabien und anderen arabischen Staaten unterstützten Truppen von Präsident Abd Rabbo Mansour Hadi und den Houthi-Rebellen, hinter denen der Iran steht. Zehntausende Menschen wurden getötet, Millionen Einwohner mussten flüchten. Die Vereinten Nationen stufen die Lage im Jemen als schwerste humanitäre Krise der Welt ein.

Während die UNO sich für ein Ende des Krieges einsetzt, fordern die Houthis die Wiedereröffnung des Flughafens in Sanaa, der von Saudi-Arabien seit 2016 blockiert wird. Vorher wollen die Houthis sich nicht auf eine Waffenruhe oder Verhandlungen einlassen. Der neue UN-Sondergesandte für Jemen, der schwedische Diplomat Hans Grundberg, trat sein Amt Anfang September an. Ihm sagte Prinz Faisal volle Unterstützung zu. Vorrangiges Ziel sei eine friedliche Lösung auf Verhandlungsbasis. Allerdings müssten die Houthis erst einmal die Interessen der Bevölkerung im Jemen vertreten und ihre Angriffe einstellen.

Saudi-Arabien treibt unter der De-Facto-Führung des Kronprinzen Mohammed bin Salman Reformen in der Gesellschaft Reformen voran. Schallenberg zeigte sich gegenüber Faisal von diesem "gesellschaftlichen Wandel" sehr beeindruckt. Der Modernisierungskurs der saudischen Führung geschieht laut ausländischen Beobachtern im Land nicht ganz ohne Eigennutz. Der 36-jährige Prinz sei ein Technologiefan und damit auch von den USA beeindruckt, heißt es, er habe es aber zugleich mit einer oftmals wohlhabenden Bevölkerung zu tun, die durchaus in westliche Länder reist und die dortigen Lebensmodelle kennt.

Auch Österreich gilt als beliebtes Reiseziel. Zell am See in Salzburg war etwa - zumindest in Vor-Corona-Zeiten - beliebtes Ziel. "Wir hoffen, dass wieder mehr Gäste aus Saudi-Arabien zu uns kommen werden", sagte Schallenberg am Sonntag.

Dazu kommt, dass die Saudi-Araber auch über Social Media mit dem Rest der Welt verbunden sind. Mohammed bin Salman ist also bewusst, dass er das vom traditionsbewussten sunnitischen Wahhabismus dominierte Königreich nicht auf Dauer unter einem sozial-religiösen Deckel halten kann, ohne seine eigene Position aufs Spiel zu setzen.

Einigen einflussreichen Kreisen im Land gefällt dies nicht. Widerstand gegen eine gesellschaftliche Öffnung kommt aber oft eher aus dem Inneren, den Familienkreisen, als aus betont islamisch-religiösen Zirkeln. Die früher allgegenwärtige Religionspolizei ist zumindest in ihrer offensichtlichen Präsenz aus dem Straßenbild verschwunden.

In den vergangenen Jahren habe sich viel verändert, freuten sich anlässlich des Besuchs aus Österreich auch durchaus modern und selbstbewusst auftretende Frauen, wie eine örtliche UNO-Mitarbeiterin. Frauen dürfen mittlerweile selbst Autofahren, sie dürfen sich scheiden lassen und sind der männlichen Dominanz und Gewalt auch von der Rechtsprechung her nicht mehr schutzlos ausgeliefert. "Es geht alles sehr schnell und setzt junge Frauen auch unter Druck, weil sie plötzlich auch Verantwortung übernehmen müssen, die sie vorher nicht gewohnt waren", gibt die Mitarbeiterin der UNO zu Bedenken.

Einen Schub will der Kronprinz auch erreichen, indem die Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt gefördert wird. In den vergangenen fünf Jahren sei ihr Anteil bereits von fünf auf rund 25 Prozent gestiegen, staunen österreichische Wirtschaftstreibende. Ziel ist ein Verhältnis 50:50. Die Öffnung des Arbeitsmarkts für Frauen erfolgte auch unter dem Aspekt, dass Saudi-Arabien nicht mehr auf dieses Potenzial an Arbeitskräften verzichten wollte. Das hat zur Folge, dass aktuell weibliche Bewerber bei Jobangeboten in der Regel bessere Chancen haben als männliche.

Dadurch gebe es aber bereits so etwas wie eine "Lost Generation" an jungen Männern, wird indes in Diplomatenkreisen auch vor Kollateralschäden gewarnt. Sie würden für die Versäumnisse oder Strukturen der Vergangenheit büßen und haben durch den rasanten Wandel in kurzer Zeit momentan selbst keine gute Chancen am Arbeitsmarkt. Die UNO-Mitarbeiterin sieht das gelassen: "Das erhöht nur die Konkurrenz, das kann unserer Gesellschaft nicht schaden."

Die Modernisierungsprojekte beinhalten auch wirtschaftlich-strukturelle Innovationen. So will der Prinz das Königreich mit der "Vision 2030" aus der Abhängigkeit der Erdölproduktion und des -exports führen. Ein Ziel ist, das Land zu einem Zentrum erneuerbarer Energien zu machen, wozu im Nordwesten des Staatsterritoriums die 500 Milliarden teure Technologie-Megacity "Neom" entstehen soll. Schallenberg sagte für die "Grünen Ziele 2030" Kooperation zu. Österreich könne viel Know How beisteuern. Eine internationale politische Kooperation sei zur Bekämpfung des Klimawandels ohnehin eine Notwendigkeit.

In "Neom" wird den Visionen zufolge in einigen Jahren neben Tausenden Windrädern und kilometerlangen Sonnenkollektoren auch ein 2.000 Megawatt-Elektrolyseur zur Produktion von Wasserstoff in Betrieb sein. Ähnliche Ziele verfolgt auch der Oman. Dort ist die weltweit größte Wasserstofffabrik in Planung. Aber auch die Vereinigten Arabischen Emirate, die die erste Station von Schallenbergs Reise waren, sind in dem Bereich aktiv. Eine mit Österreich abgeschlossene Strategische Partnerschaft hat auch eine "Wasserstoffallianz" auf den Weg gebracht.

Der Außenminister besucht auf der Arabischen Halbinsel ganz generell eine im Umbruch befindliche Region. So wächst die Sorge, dass durch die Machtübernahme der radikal-islamistischen Taliban in Afghanistan wieder fundamentalistische Tendenzen und auch Terrorismus einsickern könnten. So hatte der Exekutivdirektor des auf Extremismusprävention fokussierten Hedayah-Zentrum, Ahmed al-Qasimi, am Samstag bei einem Gespräch in Abu Dhabi (Vereinigte Arabische Emirate) gegenüber Schallenberg die Befürchtung geäußert, die Taliban könnten nun "das Narrativ verbreiten", sie hätten den Westen "besiegt und verjagt". Das könnte "in der ganzen Region zum Nachahmen motivieren", so Qasimi.

Am Sonntag war für Schallenberg noch Besuch in die historisch bedeutsame Oase Al Ula im Nordwesten des Landes geplant. Von einer Wirtschaftsdelegation begleitet, reist er am Abend in den Oman weiter.

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1  Kommentar
1  Kommentar
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( Kommentare)
am 12.09.2021 12:12

Als Gastgeschenk könnte der Schalli den Saudis 44.000 ihrer afghanischen Glaubensbrüder mitbringen, die bei uns nur in ihren Menschenrechtenverletzt werden.

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