Saporischschja: Kämpfe um AKW drohen zu eskalieren
LEMBERG. Kiew und Moskau werfen einander geplante "Provokation" vor – Präsident Selenskyj fordert den Abzug russischer Truppen.
Die Ukraine und Russland rechnen angeblich beide mit Aktionen der gegnerischen Seite beim AKW Saporischschja. Der wichtigste militärische Geheimdienst der Ukraine warf gestern Russland vor, eine Art "Provokation" an dem von Russland kontrollierten Atomkraftwerk in der südukrainischen Region Saporischschja vorzubereiten. Zuvor hatte Moskau ähnliche Vorwürfe gegen Kiew erhoben.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bestand gestern darauf, das AKW zu entmilitarisieren. Die Anlage müsse vollständig von den "Aggressoren" befreit werden, schrieb Selenskyj nach einem Treffen mit UNO-Generalsekretär Antonio Guterres und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Lemberg auf Telegram. "Dieser beabsichtigte Terror seitens des Aggressors kann global katastrophale Konsequenzen haben." Die Vereinten Nationen müssten die Sicherheit dieses strategischen Objekts garantieren.
Guterres forderte den Rückzug aller Truppen rund um das AKW. "Das Gebiet muss entmilitarisiert werden", sagte er nach dem Treffen in Lemberg. Die Anlage dürfe nicht im Rahmen militärischer Operationen genutzt werden. "Stattdessen ist dringend eine Einigung erforderlich, um Saporischschja als rein zivile Infrastruktur wiederherzustellen und die Sicherheit des Gebiets zu gewährleisten." Jede Beschädigung des AKWs sei "Selbstmord".
Warnung vor neuem Tschernobyl
Erdogan warnte vor einer Nuklearkatastrophe. "Wir wollen kein neues Tschernobyl erleben", sagte er in Lemberg laut dem türkischen Präsidialpalast. Zugleich glaubt er an eine diplomatische Lösung für den Krieg in der Ukraine. "Ich glaube weiter daran, dass der Krieg irgendwann am Verhandlungstisch enden wird. Tatsächlich sehen auch Herr Selenskyj und Herr Guterres das so", sagte Erdogan laut dem Präsidialpalast. Man werde die Ergebnisse der Gespräche mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin auswerten, so Erdogan laut Mitteilung weiter.
Gegen entmilitarisierte Zone
Seit März halten russische Truppen das Kraftwerk besetzt, es wird aber weiter von ukrainischen Technikern betrieben. Moskau weist bisher auch international gestellte Forderungen nach einer entmilitarisierten Zone um das AKW zurück. Dies sei "inakzeptabel", erklärte das Außenministerium. Das Verteidigungsministerium sprach davon, das AKW herunterzufahren, sollte es weiter beschossen werden. Ukrainische Vertreter warfen Russland vor, das AKW an das russische Netz anschließen zu wollen. Sie warnten außerdem, ein Herunterfahren würde die Gefahr einer nuklearen Katastrophe erhöhen.