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Parteiinterner Misstrauensantrag: Kostet Johnson die "Partygate"-Affäre nun das Amt?

Von nachrichten.at/apa, 19. Jänner 2022, 10:23 Uhr
Den britischen Premier Boris Johnson könnte die "Partygate"-Affäre nun endgültig das Amt kosten. Bild: (APA/AFP/POOL/IAN VOGLER)

LONDON. Dem britischen Premierminister Boris Johnson schlägt immer mehr Gegenwind aus den eigenen Reihen entgegen.

Der Tory-Abgeordnete Christian Wakeford kehrte der Partei des seit Wochen unter Druck stehenden Johnson den Rücken und geht zu Labour in die Opposition. Der frühere Brexit-Minister David Davis forderte Johnson am Mittwoch im Parlament zum Rücktritt auf: "In Gottes Namen, geh!" Der Premier lehnt einen Rückzug weiter ab.

Er habe Johnson wochenlang für seine Verdienste beim Brexit und in der Coronakrise verteidigt, sagte Davis. Er erwarte aber auch, dass Regierungsmitglieder die Verantwortung für ihre Taten übernähmen. Johnson verneinte unterdessen die Frage eines Abgeordneten der Liberaldemokraten, ob es nicht Zeit für einen Rückzug sei. Der Premier entschuldigte sich erneut für mögliche Fehleinschätzungen und erklärte, zunächst die Ergebnisse einer internen Untersuchung zu umstrittenen Partys abzuwarten.

Parteiinterne Revolte droht

Der Regierungschef ist seit Wochen wegen diverser Skandale angeschlagen, darunter Partys während des Corona-Lockdowns. Immer mehr Konservative kritisieren ihn, laut Medienberichten steht Johnson vor einer parteiinternen Revolte. Das Verhalten Johnsons in den vergangenen Wochen sei beschämend gewesen, begründete Wakeford seinen Seitenwechsel. Bei seiner Entscheidung gehe es aber um mehr als um Partys während des Lockdowns und Johnsons Umgang damit, sagte der Vertreter von Bury South im Norden Englands, der erstmals 2019 in das Parlament einzog. "Ich kann eine Regierung nicht länger unterstützen, die den Bezug zu den hart arbeitenden Menschen in Bury South und im ganzen Land verloren hat."

Vertrauensabstimmung: Notwendige Zahl könnte überschritten werden

Die Zeitung "Daily Telegraph" und der Sender ITV News hatten berichtet, dass Johnson schon am Mittwoch genügend konservative Abgeordnete per Brief das Vertrauen entziehen und eine entsprechende Abstimmung im Unterhaus in die Wege leiten könnten. Die für eine Vertrauensabstimmung notwendige Zahl von 54 solcher Briefe könne überschritten werden, schrieb auch die BBC-Politikexpertin Laura Kuenssberg.

Johnson entschuldigte sich bereits mehrfach für diverse Partys während der Lockdowns - auch bei Königin Elizabeth II. So hatte es Berichte über Partys im April 2021 gegeben, die nicht nur trotz Einschränkungen gefeiert wurden, sondern auch noch am Vorabend der Beisetzung von Prinz Philip, dem Ehemann der Königin.

Am Dienstag sah sich Johnson Anschuldigungen seines früheren Beraters Dominic Cummings ausgesetzt, er habe bezüglich einer Gartenparty in der Downing Street am 20. Mai 2020 gelogen. Niemand habe ihn darüber aufgeklärt, dass gegen Corona-Auflagen verstoßen worden sei; er sei davon ausgegangen, dass es sich um eine Arbeitsbesprechung gehandelt habe, beteuerte Johnson.

Die jüngsten Enthüllungen haben die Zustimmungswerte für Johnsons Konservative einbrechen lassen, die bei der Wahl 2019 noch eine deutliche Mehrheit erzielt hatten. Die Rufe nach einem Rücktritt werden immer lauter. Um eine Vertrauensabstimmung zu bewirken, müssen ihm 15 Prozent der konservativen Abgeordneten das Vertrauen entziehen und einen entsprechenden Brief an das mächtige Parteikomitee 1922 schicken. Dessen Vorsitzender bestimmt dann das Datum für eine Abstimmung im Unterhaus. Die könnte noch an dem Tag stattfinden, an dem die nötige Zahl erreicht wird.

Mögliche Nachfolger Johnsons

Bildergalerie: Diese Politiker wollen Boris Johnsons Amt

Auch Außenministerin Liz Truss werden gute Chancen auf den Posten der Premierministerin eingeräumt. Die 46-Jährige ist eine Verfechterin des Freihandels und hat sich mit ihrer klaren Sprache bei der Basis der Konservativen beliebt gemacht. Der Posten als oberste Diplomatin war eine Belohnung für ihre Arbeit als Ministerin für internationalen Handel.
Auch Außenministerin Liz Truss werden gute Chancen auf den Posten der Premierministerin eingeräumt. Die 46-Jährige ist eine Verfechterin des Freihandels und hat sich mit ihrer klaren Sprache bei der Basis der Konservativen beliebt gemacht. Der Posten als oberste Diplomatin war eine Belohnung für ihre Arbeit als Ministerin für internationalen Handel. (Foto: BEN STANSALL (AFP)) Bild 1/7
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Chronologie der "Partygate"-Affäre

  • 15. Mai 2020: Ein in der Presse veröffentlichtes Foto von diesem Tag zeigt den Premierminister und seine heutige Frau Carrie mit etwa 20 Mitarbeitern, wie sie im Garten von Downing Street Wein trinken und Käse essen. Im damaligen strengen Lockdown sind solche Zusammenkünfte - auch im Freien - verboten.
  • 20. Mai 2020: Johnsons Büroleiter Martin Reynolds lädt in einem Mail etwa 100 Mitarbeiter auf einen "Umtrunk mit Abstand" in den Garten des Amtssitzes ein, um "das schöne Wetter zu nutzen". Laut dem Sender ITV News folgen rund 40 Menschen der Einladung zum Picknick, unter ihnen auch der Premier und seine damalige Verlobte Carrie.
  • 13. November 2020: Johnson feiert mit Mitarbeitern Medienberichten zufolge eine Party in seiner Dienstwohnung. "Die Regeln wurden zu jeder Zeit eingehalten", beteuert der Premier später. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich Großbritannien im zweiten Lockdown, Versammlungen in geschlossenen Räumen sind verboten.
  • 27. November 2020: Anlässlich der Verabschiedung einer Mitarbeiterin findet in der Downing Street ein Umtrunk statt, bei dem Johnson eine Rede hält. Einem Bericht der Zeitung "The Daily Mirror" zufolge standen bis zu 50 Menschen dicht gedrängt in einem Raum.
  • 14. Dezember 2020: Ein in der Zeitung "The Times" veröffentlichtes Foto zeigt eine Reihe Konservativer in der Parteizentrale bei einer Feier mit Buffet und Drinks. Das Team des damaligen Londoner Bürgermeisterkandidaten Shaun Bailey hatte die Party organisiert. Bailey legt daraufhin sein Amt als Ausschussvorsitzender im Londoner Stadtparlament nieder.
  • 15. Dezember 2020: Auf einem Foto in der Zeitung "Sunday Mirror" ist der Regierungschef mit zwei Mitarbeitern zu sehen, wie er an einem Weihnachtsquiz teilnimmt. Laut Johnson handelt es sich um ein Arbeitstreffen.
  • 18. Dezember 2020: Der "Daily Mirror" berichtet von einer weiteren Party in der Downing Street an diesem Tag, die Regierung dementiert. Ein Video, das ITV News zugespielt wurde, zeigt jedoch Johnsons damalige Sprecherin Allegra Stratton, wie sie bei einer Probe für eine Pressekonferenz über die Feier witzelt. Stratton tritt daraufhin zurück.
  • 26. Juni 2021: Gesundheitsminister Matt Hancock tritt zurück, nachdem die Zeitung "The Sun" Videos veröffentlicht, die belegen, dass er mit seiner Geliebten gegen Pandemie-Maßnahmen verstieß.
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2  Kommentare
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CedricEroll (11.077 Kommentare)
am 19.01.2022 13:16

Bybye BoJo. Kannst dann mit Kurz zu Trump nach Florida fliegen und mit ihm über die Ungerechtigkeit der Welt sudern. Hätt ich ja nicht erträumt, dass die Populisten so schnell wieder weggefegt werden wie sie aufstiegen. Aber das ist halt das Schicksal von Luftballons.

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jack_candy (7.852 Kommentare)
am 19.01.2022 11:33

"Um Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen, will er (...) einige Corona-Regeln aufheben" - in anderen Worten: Die Johnson-Gegner gehen notfalls über Leichen.

Es gibt Unmengen von Gründen, wieso Johnson besser gestern als heute gefeuert werden sollte (Brexit-Lügen, BBC-Zerstörung), aber dass ihn ausgerechnet die Aufhebung der eh schon sehr moderaten Maßnahmen im Amt halten soll, ist geradezu pervers.
Was andererseits recht gut zu den Tories passen würde.

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