Orban regiert per Dekret ohne Zeitlimit
BUDAPEST. Parlament stimmte mit Zweidrittelmehrheit zu – und schaltete sich de facto aus
Das ungarische Parlament hat am Montag das umstrittene Notstandsgesetz beschlossen. Das Gesetz wurde mit der Zweidrittelmehrheit der rechtsnationalen Regierungspartei Fidesz von Premier Viktor Orban verabschiedet. 137 der 199 Abgeordneten stimmten dafür, 54 dagegen.
Das Gesetz ermöglicht Orban das Regieren per Dekret für unbestimmte Zeit aufgrund der vorliegenden Notlage. Die Opposition und andere Kritiker aus dem In- und Ausland werfen dem Regierungschef vor, damit das Parlament de facto auszuschalten – zumal laut Grundgesetz die Regierung selbst darüber entscheidet, wann eine Notlage aufzuheben ist.
Die Regierungspartei wollte bereits vor einer Woche die Gesetzesvorlage auf die Tagesordnung des Parlaments setzen, um die Notmaßnahmen rechtzeitig vor dem Auslaufen des Mitte März ausgerufenen Notstands am 26. März zu verlängern. Die Opposition hatte jedoch die für eine dringliche Behandlung nötige Vierfünftelmehrheit verhindert. Die Oppositionsparteien hatten als Bedingung für ihre Zustimmung zum Notstandsgesetz eine Befristung der Regierungsermächtigung auf 90 Tage gefordert. Außerdem sollte eine Änderung des Strafgesetzbuches, die mehrjährige Gefängnisstrafen für die Verbreitung von "Falschnachrichten" festlegt, aus der Vorlage gestrichen werden.
Da am Montag die Vorlage bereits regulär auf die Tagesordnung des Parlaments gesetzt werden konnte, war eine Zustimmung der Opposition nicht mehr notwendig.
Rechtsstaat gefährdet
Kritik an dem Gesetz kam auch von internationalen Organisationen und NGOs. Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte müssten auch im Kampf gegen das Coronavirus respektiert werden, schrieb Europarat-Generalsekretärin Marija Pejcinovic Buric in einem offenen Brief. Auch ein Sprecher des EU-Parlaments betonte, dass Notstandsmaßnahmen immer befristet sein müssten. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International warnte, das Gesetz gefährde den Rechtsstaat und die Bürgerrechte.
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