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Nigel Farage: Der Rechtspopulist mit sieben Leben

Von Clemens Schuhmann   24.Mai 2019

"Ich will mein Leben zurück." Mit diesen Worten begründete Nigel Farage, damals Vorsitzender der EU-feindlichen Partei "Ukip", ein paar Tage nach dem erfolgreichen Brexit-Referendum in Großbritannien Anfang Juli 2016 seinen überraschenden Rückzug aus der Politik.

Die Wochen und Monate vor der Volksabstimmung hatte der eitle, selbstherrliche EU-Hasser mit dem Slogan "Ich will mein Land zurück" unermüdlich und teils mit plumpen Lügen für einen EU-Austritt des Königreichs gekämpft. Nachdem er sein Lebensziel erreicht sah, zog er sich zurück.

Socken im Union Jack-Design

Seither sind gut drei Jahre vergangen – und Großbritannien ist immer noch EU-Mitglied. Zum Verdruss von Millionen Briten. Und sehr zum Ärger des 55-Jährigen. Daher ist der Mann mit den großen Tränensäcken, der gerne Socken im Union Jack-Design trägt, wieder in den Ring gestiegen, obwohl er politisch zwischenzeitlich schon so gut wie tot war.

Mit seiner neu gegründeten "Brexit-Partei" ist er im Zuge des EU-Wahlkampfes auf der Insel wie Phönix aus der Asche gestiegen: Nur eine Woche nach dem Wahlkampfauftakt führte die Ein-Thema-Partei bereits die Umfragen an. Und beim gestrigen Urnengang wurden der Brexit-Partei 38 Prozent und Platz eins prognostiziert – und damit mehr Stimmen als die Konservativen von Premierministerin Theresa May und der oppositionellen Labour Party zusammen.

Maastricht als Initialzündung

Dass Farage, der jahrelang als Rohstoffhändler auf dem Finanzplatz London arbeitete, aktiv in der Politik mitmischt, liegt am Vertrag von Maastricht. Dieses im Februar 1992 unterzeichnete Vertragswerk stellte den bis dahin größten Schritt der europäischen Integration seit Gründung der "Europäischen Gemeinschaft" (EG) dar. Als der damalige Premierminister John Major den Vertrag unterzeichnete, war Farage außer sich und kehrte den Konservativen den Rücken.

Er gründete "Ukip" (United Kingdom Independence Party) und stieg dank seines Redetalents rasch auf. Im Jahr 1999 zog er zum ersten Mal ins EU-Parlament ein – seither ist er dort Abgeordneter und Teil des dortigen Betriebs. Obwohl er die EU zutiefst verachtet, nimmt er seine monatliche Apanage seit 20 Jahren mit großer Selbstverständlichkeit.

Seiner stetig wachsenden Anhängerschar ist das egal, seine Fans halten ihn für eine ehrliche Haut. Und sie sehen ihm auch seinen extravaganten, teuren Lebensstil nach – inklusive Nadelstreif-Anzug und Krawatte.

Karriere als Rohstoffhändler

Wichtig ist für seine Fans vor allem, dass Farage gegen das Establishment wettert. Und das tut er mit Vorliebe und bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Die Elite glaube nicht an Großbritannien, sagte er jüngst in der BBC-Talkshow Andrew Marr über Politiker der Konservativen und der Arbeiterpartei. "Die denken, dass wir nicht gut genug sind, um uns um unsere eigenen Angelegenheiten zu kümmern."

Dabei kommt Farage selbst alles andere als aus einfachen Verhältnissen. Er wurde 1964 in der südenglischen Grafschaft Kent geboren. Sein Vater, ein alkoholkranker Börsenmakler, verließ die Mutter, als der Sohn fünf Jahre alt war. Trotzdem besuchte Farage eine Privatschule. Mit 18 entschloss er sich jedoch gegen ein Studium und für eine Karriere als Rohstoffhändler im Finanzzentrum Londons.

Flugzeugabsturz überlebt

Mit Anfang 20 entkam er zum ersten Mal knapp dem Tod: Nach einer durchzechten Nacht geriet er unter ein Auto. Der leidenschaftliche Raucher überlebte – und bekam wenig später die Diagnose Hodenkrebs. Farage überstand auch das, heiratete zwei Mal und ist heute Vater von vier Kindern. Dem Tod ins Auge blickte Farage erneut 2010, er stürzte mit einem Kleinflugzeug ab. Das Ukip-Banner, das die Maschine hinter sich her zog, verfing sich im Heckruder. Bilder zeigten, wie Farage blutüberströmt vom Wrack weg taumelte.

Offenbar kann den Stehaufmann nichts aufhalten: Vom Ukip-Vorsitz trat er nach dem Referendum zurück. Später verließ er die Partei, die weiter ins rechtsextreme Spektrum abdriftete. Mit der "Brexit-Partei" gelang Farage nun sein x-tes Comeback – und es wird wohl nicht sein letztes gewesen sein.

Einen Beitrag finden Sie auf OÖNTV, TV1 und nachrichten.at

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