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Neue Brexit-Gnadenfrist: Europa gibt den Briten noch bis Ende Jänner Zeit

Von Sylvia Wörgetter, 29. Oktober 2019, 00:04 Uhr
Neue Brexit-Gnadenfrist: Europa gibt den Briten noch bis Ende Jänner Zeit
Regierungschef Boris Johnson drängte das Parlament zu Neuwahlen. Bild: APA/AFP/ISABEL INFANTES

BRÜSSEL. Der Aufschub schafft ein neues Problem: Die Briten müssen einen Kommissar nominieren.

Die Briten werden – anders als eigentlich geplant – diese Woche nicht aus der EU austreten. Der Brexit ist verschoben, zum mittlerweile dritten Mal. Neues Datum statt des 31. Oktober 2019 ist der 31. Jänner 2020.

Schaffen es die Briten vor dieser Frist, einem Austrittsvertrag zuzustimmen, können sie auch per 1. November, 1. Dezember oder 1. Jänner die EU verlassen. In Brüssel wird diese Variante übrigens "Flextension" genannt, eine Neuschöpfung aus den englischen Wörtern für Verlängerung (extension) und flexibel.

Der Ball liegt wieder in London

Mit dieser Entscheidung spielt Brüssel den Ball zurück nach London. Dort tagte am späten Montagabend das Unterhaus. Einziges Thema: Neuwahlen. Daran führt nun wohl kein Weg mehr vorbei. Man fragt sich aber vor allem, wann dieser Urnengang stattfinden solle. Premier Boris Johnson drängte auf den Termin 12. Dezember. Doch war bis zuletzt fraglich, ob er damit durchkommt.

Die Zustimmung zur Verlängerung der Brexit-Frist bis Ende Jänner 2020 fiel am Montag im Kreis der 27 EU-Botschafter binnen einer halben Stunde. Weitere Verhandlungen über den mit Johnson vor zehn Tagen erzielten Deal wurden ausgeschlossen. Nun müssen die Staats- und Regierungschefs im Umlaufbeschluss zustimmen – eine Formsache.

Neue Brexit-Gnadenfrist: Europa gibt den Briten noch bis Ende Jänner Zeit
Die Brexit-Gegner hoffen noch immer auf ein Bleiben in der EU. Bild: REUTERS

Die Einigung auf Fristverlängerung war im Grunde bereits am Freitag unter Dach und Fach. Allerdings legte sich Frankreich quer. Präsident Emmanuel Macron wollte nur eine kurze Verlängerung. Dies, um es dem britischen Premier zu ermöglichen, unter Zeitdruck den Deal doch noch durch das Unterhaus zu peitschen. Allerdings sei Frankreich wohl überrascht gewesen, mit seiner Position völlig isoliert dagestanden zu sein, hieß es aus EU-Ratskreisen. Nach einem Telefonat mit Johnson am Sonntag fügte sich Macron schließlich.

Die 27 EU-Länder verlängern die Brexit-Frist, nachdem Boris Johnson sie darum ersucht hatte. Dazu hatte ihn das Parlament verpflichtet, um einen No-Deal-Brexit am 31. Oktober zu verhindern, den auch die EU-Staaten nicht wollen. Mit der Verlängerung aber schaffen sie ein neues Problem für die designierte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

Solange Großbritannien Mitglied der Europäischen Union ist, hat es auch alle damit verbundenen Rechte und Pflichten. Dazu gehört, dass das Vereinigte Königreich einen Anwärter für die nächste EU-Kommission nominieren muss. Daran haben die 27 EU-Botschafter in ihrem Beschluss zur Fristverlängerung keinen Zweifel gelassen.

Welches Ressort?

Die Frage eines britischen Kommissars hätte sich bei einem planmäßigen Brexit gar nicht gestellt. Nun ist das allerdings anders: Von der Leyen und ihr Team sollen am 1. Dezember ihre Arbeit aufnehmen. Sind die Briten dann noch in der EU, muss ein britischer Kommissar mit am Tisch sitzen. Und zuvor die Prüfung durch das Parlament durchlaufen und bestanden haben. Denkbar wäre, dass der amtierende britische Kommissar Julian King – er ist für Sicherheitsfragen zuständig – verlängert wird.

Wer immer von britischer Seite genannt wird, braucht ein Ressort. Doch die Aufgabenbereiche hat von der Leyen eigentlich schon vergeben – an 26 Personen. Was für einen 27. Kommissar übrig bleiben würde, steht in den Sternen. Beim Brexit gilt also nach wie vor: Alles ist möglich.

"Verschiebung ohne Plan ist sinnlos, in Wahrheit hilft nur zweites Referendum"
EU-Abgeordnete Gamon (Neos) (APA) Bild: APA/GEORG HOCHMUTH

„Verschiebung ohne Plan ist sinnlos, in Wahrheit hilft nur zweites Referendum“

Das EU-Parlament will den Brexit-Vertrag eingehend prüfen, während Großbritannien nun „mehr Zeit hat, klarzumachen, was es will“: Das kündigte EU-Parlamentspräsident David Sassoli gestern nach der Entscheidung der EU-Länder für einen flexiblen Brexit-Aufschub an. Sassoli begrüßte die längere Frist.

Österreichische EU-Parlamentarier zeigten sich hingegen zum Teil kritisch zur Verlängerung. „Diese Verschiebung gibt Großbritannien die Gelegenheit, den Austrittsvertrag geordnet und sorgfältig umzusetzen“, teilte der Vizepräsident des Europaparlaments, Othmar Karas (ÖVP), mit. Er gab sich beruhigt, dass ein „Chaos-Brexit“ durch die Verlängerung verhindert werde. Der britische EU-Austritt sei aber an sich schädlich für Bürger der EU und Großbritanniens. Er verlange nach einer engeren Zusammenarbeit der verbleibenden 27 Mitgliedstaaten.

Neos-Politikerin Claudia Gamon hingegen sagte, die „Verschiebung ohne klaren Plan“ sei „sinnlos“. „In Wahrheit hilft nur ein zweites Referendum aus dem Brexit-Chaos.“ Das Votum für den Austritt sei mit Lügen, Wahlmanipulation und Falschnachrichten „erschlichen worden“, so Gamon. „Die britischen Bürger sollten die Chance haben, kundzutun, ob die aktuelle Politik tatsächlich ihrem Willen entspricht.“

SPÖ-Delegationschef Andreas Schieder hatte sich zuletzt schon sehr vom Hin und Her beim Brexit genervt gezeigt. Er sprach sich zwar für eine Verlängerung aus, sie sei besser als ein „Hard Brexit“ am 31. Oktober. Der Sozialdemokrat forderte aber, dass Großbritannien „endlich klare Verhältnisse schaffen“ müsse.

„Einen Weg der Mitte finden“

Es gelte, rasch einen Weg der Mitte zu finden, mit dem beide Seiten leben könnten, forderte Harald Vilimsky, freiheitlicher Delegationsleiter im Europaparlament. So könne ein rascher Austritt ermöglicht werden, den die Briten wollten.

Die grüne Delegationsleiterin Monika Vana hatte zuletzt kritisiert, dass der neue Brexit-Deal „schlechter“ sei als jener Vertrag, der mit Theresa May als Premierministerin ausgehandelt worden sei. Vereinbarungen zu Sozial- und Umweltstandards seien nun nur mehr als Deklarationen enthalten „und damit viel unverbindlicher“.

Berlin ist zufrieden mit der erneuten Verschiebung
Bild: APA/AFP/AXEL SCHMIDT

Berlin ist zufrieden mit der erneuten Verschiebung

Die deutsche Bundesregierung begrüßt das Angebot der EU für einen neuerlichen Aufschub des Brexits: „Die Bundesregierung steht dahinter“, so Regierungssprecher Steffen Seibert gestern in Berlin.

Großbritannien einen weiteren Aufschub bis 31. Jänner 2020 anzubieten sei eine „gute Lösung“, sagte Seibert. „Jetzt liegt der Ball bei Großbritannien.“ Es sei nun wichtig, dass die zusätzliche Zeit produktiv genutzt werde.

Der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan bezeichnete die Einigung der EU-Staaten auf eine erneute Verlängerung als „gute Nachricht“. Es gebe nun keine Gefahr mehr, dass ein „katastrophaler“ EU-Austritt ohne Abkommen („No-Deal-Brexit“) unmittelbar bevorstehe, schrieb der Labour-Politiker auf Twitter. Zugleich sprach er sich für ein neues Referendum über den EU-Austritt aus.

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Autorin
Sylvia Wörgetter
Brüssel-Korrespondentin

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8  Kommentare
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herst (12.753 Kommentare)
am 29.10.2019 17:45

Ich glaub nicht an das Faschingsende Ende Jänner.

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( Kommentare)
am 29.10.2019 15:26

Der Gnadenfrist
wird die Begnadigung folgen!

Oder glaubt Jemand ans Christkind ?

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boris (1.939 Kommentare)
am 29.10.2019 08:00

Was ein TOR ist, weiß im Deutschen jeder; entweder eine große Tür (das) oder jemand, dem man keine besondere geistige Qualität zubilligt (der).
Die Mehrzahl vom Letzterem gibt es auf der Insel: die Tories

Nun ich getraue mich fast zu wetten, dass infolge einer Neuwahl und dem Erkennen der möglichen Folgen und "Entlarvung" vieler "Lügen" über die glorreiche Zukunft außerhalb der EU insb. die jungen Leute auf der Insel sich so entscheiden werden, dass es zu einem "remain" - nach langem Gezerre und an sich unnötiger Zeit- und Geldverschwendung - kommen wird und die Briten letztlich in der EU (allerdings "geschwächt" gegenüber ihrem bisherigen Status) bleiben werden.
Für die künftigen Generationen ist das sicher klug, denn nur ein geeintes Europa inklusive GB hat in der Welt Gewicht - und für die Briten bleiben die "Rosinen" erhalten. Bei einem Austritt wären diese sicher weg. Die Zeiten des Imperiums, dem manche Ältere vermutlich nachtrauern, sind definitiv längst vorbei.

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betterthantherest (33.933 Kommentare)
am 29.10.2019 11:15

Die EU hat dank inkompetenter Führung schon jetzt kein Gewicht auf der Welt.
Nicht in Finanzfragen, nicht in wirtschaftlichen Fragen und schon garnicht in militärischer Hinsicht.

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boris (1.939 Kommentare)
am 30.10.2019 07:18

Es mag durchaus stimmen, dass das derzeitige Gewicht der EU in der Welt Luft nach oben hat. Es gibt sie zwar schon einige Zeit aber gemessen an geschichtlichen Zeiträumen ist sie noch jung. Während dieser Zeit hat sie aber dauerhaft Frieden in Europa gewährleistet und das ist schon etwas Wesentliches im Vergleich zur Zeit vorher! Auch die USA hatten ursprünglich kaum Gewicht in der Welt und viele interne Probleme. Dass die EU wenig militärischen Einfluss hat, bringt auch Vorteile insofern, dass "unsere Jungs" nicht in fremden Kriegsgebieten wegsterben (wie z,B, welche aus USA oder Russland). Und Krieg erzeugt nur Kosten und Leid - der EU-Weg zu verhandeln anstatt zuzuschlagen ist m.E. der weit bessere (wenn auch oft mühsam).

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marchei (4.370 Kommentare)
am 29.10.2019 07:28

wozu?
Wozu ein weiterer Aufschub?
Raus aus der EU mit den Briten!
Arm sind nur jene, welche nun nicht über 60 Jahre sind, denn nur die Alten wollten den Austritt.

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LG-1983 (58 Kommentare)
am 29.10.2019 07:03

Nicht schlecht!

Seit Juli 2016 wollen die Engländer aussteigen.
Und in 10 Jahren gibt Europa den Briten die 1268ste Gnadenfrist.
Ö3 hat recht "A never ending story"!
Brüssel lässt sich da auf den Schädel scheißen und sagt noch brav "DANKE".
Das ist Politik der feinsten Sorte, keiner hat die Eier um das zu beenden.
Was tun die denn da in ganzen Tag, außer unglaublich viel Geld einsacken.

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boris (1.939 Kommentare)
am 29.10.2019 08:16

@LG-1983
Brüssel lässt sich da auf den Schädel scheißen und sagt noch brav "DANKE".
Das sehe ich überhaupt nicht so - eher dass Brüssel "die Briten vorführt", die Briten scheißen sich selbst auf den Schädel und "verrühren" es noch in den Blondschopf. Früher hörte man "May-Day...May-Day...May-Day..." von dort.
Die Staaten und deren Bewohner der EU (nicht Brüssel) wie auch die Inselbewohner haben bei einem (harten) Brexit ja einiges zu verlieren und es bedeutet einen Riesenschritt in die Vergangenheit. Europas Wohlstand resultiert aus dem seit langem herrschenden (militärischen) Frieden - den nicht zuletzt die EU gewährleistet. Sogar Nordirland !!! und die Basken haben den "Krieg" beendet. So schaut's aus und ist eine große politische Leistung, die es anzuerkennen gilt!

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