Londons Polizei ermittelt wegen Johnsons Partys

Für den britischen Premierminister Boris Johnson wird es immer enger: Die Londoner Polizei hat gestern offizielle Ermittlungen wegen mehrerer Partys in der Regierungszentrale Downing Street 10 während des harten Lockdowns 2020 eingeleitet. "Ich kann bestätigen, dass die Metropolitan Police zu einer Reihe von Veranstaltungen im Zusammenhang mit potenziellen Verstößen gegen die Corona-Auflagen ermittelt", sagte Scotland-Yard-Chefin Cressida Dick in einem Ausschuss des Londoner Stadtrats.

Durch die polizeilichen Ermittlungen wird sich jedoch der interne Untersuchungsbericht zu Lockdown-Partys in Downing Street deutlich verzögern. Das bestätigte ein Regierungsmitglied gestern. Eigentlich war in dieser Woche mit der Veröffentlichung des Berichts der Spitzenbeamtin Sue Gray gerechnet worden.

Johnson selbst begrüßte die Ermittlungen der Polizei. "Ich glaube, das wird der Öffentlichkeit die Klarheit geben, die sie braucht, und dabei helfen, einen Schlussstrich zu ziehen", sagte der Premier im Parlament. Ein Sprecher hatte zuvor betont, Johnson werde vollumfänglich kooperieren.

Premier könnte Zeit gewinnen

Die Ermittlungen der Polizei stellen eine neue Eskalationsstufe in der "Partygate"-Affäre dar. Andererseits könnten sie Johnson Luft verschaffen, wie unter anderem der ITV-Korrespondent Paul Brand kommentierte. "Es kauft ihm Zeit und lässt Erinnerungen verblassen", schrieb Brand auf Twitter.

Der konservative Premier steht seit Wochen wegen mehrerer Corona-Verstößen unter Druck, fast täglich tauchen Berichte, Fotos und Videos über illegale Feiern auf. Erst am Montag war bekannt geworden, dass Johnson im Juni 2020 seinen Geburtstag gefeiert hatte, obwohl Kontakte in geschlossenen Räumen verboten gewesen seien, berichtete der Sender ITV News. Der Sender zitierte aus einem Antwortschreiben des Büros des Regierungschefs, nach dem einige Mitarbeiter im Kabinettsraum zusammengekommen seien, um Johnson zum Geburtstag zu gratulieren.

"Er hat sich dort weniger als zehn Minuten aufgehalten", heißt es demnach in dem Schreiben. Der Nachrichtenchef von ITV teilte mit, an der Geburtstagsparty hätten rund 30 Gäste teilgenommen, Johnsons Frau Carrie habe ihn mit einem Kuchen überrascht.

Johnson entschuldigte sich zuletzt wiederholt für diverse Partys und mögliche Fehleinschätzungen – sogar bei Königin Elizabeth II. Die Enthüllungen haben die Zustimmungswerte für den Premier und für seine Tories einbrechen lassen.

Gegenwind in eigenen Reihen

Dem Premierminister schlägt daher auch aus den eigenen Reihen immer mehr Gegenwind entgegen. Eine parteiinterne Revolte konnte Johnson kürzlich noch abwehren. Es kamen nicht genügend Stimmen zusammen, um innerhalb der Konservativen Partei im Parlament die Misstrauensfrage zu stellen.

Doch die Rufe nach einem Rücktritt verhallen nicht. Johnson selbst lehnt einen Rückzug freilich kategorisch ab.