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Kurz pocht auf Gespräche zur Impfstoffverteilung

Von nachrichten.at/apa   25.März 2021

"Wenn die Impfstoffverteilung kein Thema für einen Gipfel sein soll, was dann?", erklärte der Bundeskanzler. Auch sei es völlig unverständlich, dass die EU 70 Millionen Dosen von Corona-Impfstoffen in alle Teile der Welt exportiere, selber habe keine Impfstoffe von außerhalb der EU erhalte.

"Das ist ein massives Missverhältnis", sagte Kurz. Er unterstütze daher Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei ihrem Ziel hier gegenzusteuern und sich für Exportkontrollen einzusetzen. Allerdings könne er das Ergebnis des Gipfels nicht vorwegnehmen, betonte der Bundeskanzler.

Bei der Bekämpfung der Pandemie müsse das Motto gelten, "koste es, was es wolle", sagte Kurz. Die Diskussion, dass es in Österreich eine finanzielle Beschränkung von 200 Millionen Euro für die Beschaffung von Impfstoffen gebe, sei daher "absurd". Bisher habe man 80 Millionen Euro ausgegeben und 30 Millionen Dosen bestellt, das Problem liege in der Verzögerung der Auslieferungen, so der Bundeskanzler.

Video: Kurz pocht auf Gespräche zur Impfstoffverteilung

Österreich habe in der Frage der Impfstoffverteilung jedenfalls einiges ins Rollen gebracht, sagte Kurz weiter. Die Staats- und Regierungschefs hätten vereinbart, dass die Auslieferung der Impfstoffe anteilsmäßig anhand der Bevölkerungsverteilung erfolge, durch einen Beschluss der Gesundheitsbeamten sei dies aber geändert worden, so dass nun Malta im ersten Halbjahr dreimal soviel Impfstoffe wie Bulgarien bekomme. Er glaube aber daran, dass es mittlerweile mehr Verständnis für einen Ausgleich innerhalb der EU gebe. "Ich gehe sogar soweit, wenn es hier keine Lösung gibt, dass es einen Schaden für die EU auslösen könnte, wie wir es schon lange nicht erlebt haben", erklärte Kurz.

EU-Ratspräsident Charles Michel wollte einen Streit über die von Österreich und anderen Ländern geforderte Neuverteilung von Corona-Impfstoffen in der EU beim EU-Gipfel vermeiden. In einer Expertengruppe wurde daher am Mittwochabend und Donnerstagfrüh noch versucht, den Streit beizulegen - offenbar vergeblich.

Österreichs Impfquote liegt derzeit über dem EU-Durchschnitt. Hierzulande erhielten 13,5 Prozent der Impfbaren zumindest eine Dosis, wie aus den Zahlen der EU-Gesundheitsbehörde ECDC (Stand: 24.3.) hervorgeht. Damit liegt Österreich auch über dem EU-Schnitt von 11,3 Prozent und rangiert hinter Ungarn (19,7 Prozent), Malta (18,3), Finnland (16,6), Estland (15,6) und Dänemark (13,6) auf Rang sechs. Ganz unten auf der Liste stehen Bulgarien (5,5) und Lettland (5,4).

Video: Analyse: EU-Gipfel und Impfstoffverteilung

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel verteidigte vor de Gipfel am Donnerstag den gemeinsamen europäischen Weg bei der Bekämpfung der Pandemie. "Es war richtig, auf die gemeinsame Beschaffung und Zulassung von Impfstoffen durch die Europäische Union zu setzen", sagte Merkel vor dem Bundestag in Berlin. Wenn man sehe, dass selbst bei kleinen Unterschieden in der Verteilung große Diskussionen ausbrechen, wolle sie sich nicht vorstellen, was wäre, wenn einzelne EU-Staaten Impfstoff haben und andere nicht. "Das würde den Binnenmarkt in seinen Grundfesten erschüttern", sagte Merkel.

Inmitten der Coronavirus-Debatte wird sich am Donnerstagabend auch US-Präsident Joe Biden per Video zugeschaltet. Er freue sich sehr, dass es heute einen Austausch mit Biden gebe, so Kurz. "Ich bin fest davon überzeugt, dass wir als Europäer starke transatlantische Beziehungen brauchen", um viele wichtige Themen wie etwa den Freihandel gemeinsam angehen zu können, erklärte Kurz.

Bezüglich des Verhältnisses zu Türkei meinte Kurz, er sei froh, dass sich die Situation mit den EU-Staaten Griechenland und Zypern entspannt habe. Gleichzeitig sei er aber der Meinung, dass die Menschenrechtssituation in der Türkei großen Anlass zur Sorge gebe, etwa der jüngste Austritt aus der Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen vor Gewalt und das angestrebte Verbot der Oppositionspartei HDP.

Annäherung im Streit um Impfstoffverteilung

Die Staats- und Regierungschefs sind bei ihrem Video-Gipfel einer Lösung bei der Verteilung von Impfdosen näher gekommen. Die Details sollen von den EU-Botschaftern geklärt werden. Eine Lösung soll auf Basis des Bevölkerungsanteils der EU-Staaten und durch die Auslieferungsgeschwindigkeit bei der Verteilung von zehn Millionen zusätzlichen Dosen von Biontech/Pfizer gefunden werden, hieß es am Donnerstag in Ratskreisen. Einigkeit konnte bezüglich der Türkei erzielt werden.

So wurden die Schlussfolgerungen zur Türkei angenommen. Dies teilte der Sprecher von Ratspräsident Charles Michel am Donnerstagabend auf Twitter mit. Darin werden der Türkei konkrete Belohnungen für eine weitere Deeskalation des Erdgasstreits im östlichen Mittelmeer in Aussicht gestellt, etwa eine Ausweitung der Zollunion und Visafreiheit für Türken in der EU. Eine Entscheidung darüber soll allerdings erst beim nächsten EU-Gipfel im Juni getroffen werden. In der Gipfelerklärung wird auch die Menschenrechtssituation in der Türkei angesprochen, die ein "zentrales Anliegen" der EU bleibe.

Das schwierigste Thema bleibt aber die Impfstoffverteilung. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) forderte zu Beginn am Donnerstag erneut eine Korrektur bei der Verteilung der Vakzine. Unterstützt wurde er dabei von mehreren osteuropäischen Kollegen. Dem Vernehmen nach wollte auch die portugiesische EU-Ratspräsidentschaft einen Teil von zusätzlichen zehn Millionen Biontech/Pfizer-Dosen für einen Ausgleich nutzen.

Neben Kurz beschwerten sich auch Kroatiens Ministerpräsident Andrej Plenkovic und die Regierungschefs von Tschechien, Slowenien, Bulgarien und Lettland darüber, dass die tatsächliche Verteilung vom ursprünglich beschlossenen Bevölkerungsschlüssel abweicht. Deutschland hat dagegen argumentiert, dass die Ungleichgewichte dadurch zustande kamen, weil einzelne Länder nicht alle angebotenen Dosen mitbestellten und sie von anderen aufgekauft wurden. Auch Dänemark, Schweden und die Niederlande seien gegen einen Korrekturmechanismus aufgetreten, hieß es. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schlug daraufhin vor, zehn Millionen Dosen des Impfstoffs von Biontech/Pfizer, die nun vorgezogen im zweiten Quartal geliefert werden, für einen Ausgleich zu nutzen.

Somit sollen die EU-Botschafter den Konflikt lösen und nicht der Lenkungsausschuss, dessen Ko-Vorsitzender Clemens Martin Auer sich wegen der Causa zurückziehen musste. Die EU-Botschafter sind gegenüber ihren Hauptstädten weisungsgebunden und müssten einstimmig entscheiden.

 62 Millionen EU-Bürger geimpft

Von den knapp 450 Millionen EU-Bürgern sind unterdessen inzwischen 62 Millionen mindestens einmal gegen Corona geimpft. 18,2 Mio. Menschen haben auch ihre zweite Dosis bekommen. Die Zahlen legte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen am Donnerstag zum EU-Gipfel vor. Die EU-Staaten erhielten von den Pharmakonzernen bisher rund 88 Mio. Impfdosen. Zugleich gingen seit 1. Dezember 77 Mio. Dosen aus der EU in den Export.

Der Präsident des Europäischen Parlaments David Sassoli betonte nach seinem Austausch mit den Staats- und Regierungschefs, dass eine ausreichende Auslieferung der Impfstoffe sichergestellt werden müsse, gerade in jene Länder, wo diese am meisten gebraucht würden. Die EU habe eine enorme Verantwortung und müsse auf eine Einhaltung der Verträge bestehen, so Sassoli. Allerdings dürfe man nicht die EU-Institutionen für Unzulänglichkeiten in den nationalen Systemen verantwortlich machen.

 

 

 

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