Korruption: Selenskyj kämpft um Schadensbegrenzung
KIEW/MOSKAU. Rücktrittsserie an der Staatsspitze soll den Ruf der Ukraine retten.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj versucht offenbar mit einem Rundumschlag den drohenden Imageschaden für sein Land zu minimieren. Er kündigte einen harten Kampf gegen Korruption und Machtmissbrauch an. Vor dem Hintergrund eines gewaltigen Korruptionsskandals wurden bereits fünf Gouverneure und vier Vizeminister ihrer Ämter enthoben.
Nach Angaben der Regierung wurden die Gouverneure der Regionen Dnipropetrowsk, Saporischschja, Cherson, Sumy und der Hauptstadt Kiew abgesetzt. Zudem seien die Vizeminister für Verteidigung und Sozialpolitik sowie zwei stellvertretende Minister für regionale Entwicklung entlassen worden.
Die Vorwürfe wiegen schwer: So soll etwa das Verteidigungsministerium Lebensmittel für die Verpflegung seiner Soldaten zu Preisen angekauft haben, die bis zu dreimal höher waren als die Einzelhandelspreise im Geschäft. Im Infrastrukturministerium wiederum sollen Schmiergelder für den Kauf von Stromgeneratoren kassiert worden sein. Dem stellvertretenden Vorsitzenden der Parlamentsfraktion "Diener des Volkes" wird vorgeworfen, eine Luxusvilla im Zentrum von Kiew zu einem unterschätzten Preis gekauft und auf eine andere Person registriert zu haben. Der stellvertretende Leiter des ukrainischen Präsidial-amts steht unter dem Verdacht, unter anderem ein der Ukraine für humanitäre Zwecke gespendetes Auto benutzt zu haben.
Die EU-Kommission forderte die Ukraine unterdessen zu weiteren Anstrengungen im Kampf gegen kriminellen Machtmissbrauch auf. Man begrüße die bereits getroffenen Maßnahmen, sagte eine Sprecherin in Brüssel. Es müssten aber weitere Fortschritte erzielt werden und es müsse Garantien für Geldgeber geben, dass Mittel sinnvoll eingesetzt würden. Antikorruptionsmaßnahmen seien Teil der Bedingungen für weitere EU-Kredite und spielten auch im EU-Beitrittsprozess eine Schlüsselrolle.
Korruption gehört in der Ukraine schon seit Jahren zum Alltag: So wurde vor dem Krieg auch Präsident Selenskyj selbst ein Naheverhältnis zu dem Oligarchen Ihor Kolomojskyj nachgesagt. Auch von Offshore-Firmen Selenskyjs war in den "Pandora-Papers" die Rede. Beweise für illegale Handlungen gibt es zwar nicht, die Enthüllungen beschädigten allerdings das Image Selenskyjs, der dann als Präsident den Kampf gegen die Korruption versprach.