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Johnsons Neuwahlpläne geplatzt: Gesetz gegen No-Deal-Brexit in Kraft

Von nachrichten.at/apa, 10. September 2019, 05:58 Uhr
Johnson
Der britische Premierminister Boris Johnson Bild: AFP

LONDON. Der britische Premierminister Boris Johnson ist in der Nacht auf Dienstag zum zweiten Mal mit seinem Antrag auf eine Neuwahl gescheitert.

Er verfehlte die nötige Zweidrittelmehrheit im Unterhaus mit 293 von 650 Stimmen bei Weitem. Es gibt damit keine Möglichkeit mehr für eine Neuwahl vor dem geplanten Brexit-Datum am 31. Oktober. 

Am letzten Sitzungstag vor einer fünfwöchigen Sitzungspause hatte Johnson zuvor weitere Niederlagen kassiert. Die Abgeordneten stimmten unter anderem für die Herausgabe von Regierungsdokumenten und interner Kommunikation zur Planung für einen No-Deal-Brexit und zu der von Johnson auferlegten Zwangspause. Das Parlament soll erst wieder am 14. Oktober zusammentreten.

Nicht verhindern konnte Johnson, dass ein in der vergangenen Woche im Eiltempo durch beide Kammern des Parlaments gepeitschtes Gesetz gegen einen ungeregelten EU-Austritt in Kraft trat.

John Bercow - der Präsident des Unterhauses, der in Großbritannien Sprecher genannt wird - kündigte indes an, spätestens zum 31. Oktober von seinem Amt zurückzutreten. "Während meiner Zeit als Sprecher habe ich versucht, die relative Autorität dieses Parlaments zu erhöhen, wofür ich mich absolut bei niemandem, nirgendwo, zu keiner Zeit entschuldigen werde", sagte Bercow in einer emotionalen Ansprache. Viele Abgeordneten würdigten ihn mit langem Applaus, in der Regierungsfraktion war der Zuspruch eher verhalten.

Bercow hatte im Brexit-Machtkampf zwischen der Regierung und dem Parlament eine herausragende Rolle gespielt. Erst vergangene Woche ermöglichte er der Opposition und Rebellen aus der Tory-Fraktion, ein Gesetzgebungsverfahren gegen den Willen der Regierung einzuleiten. Bercow wird daher vorgeworfen, zugunsten der proeuropäischen Abgeordneten eingegriffen zu haben. Er bestreitet das.

Video: ORF-Korrespondentin Eva Pöcksteiner berichtet aus London:

Das nun in Kraft getretene Gesetz gegen den No-Deal-Brexit sieht vor, dass der Premier eine Verlängerung der am 31. Oktober auslaufenden Brexit-Frist beantragen muss, wenn bis zum 19. Oktober kein Austrittsabkommen ratifiziert ist. Johnson lehnt eine Verlängerung ab; lieber wolle er "tot im Graben" liegen. Wie er das Gesetz umgehen will, ohne doch noch ein Abkommen mit der EU zu treffen, ist unklar. Spekulationen zufolge will die Regierung versuchen, ein Schlupfloch zu finden. Denkbar wäre auch ein Rücktritt Johnsons.

Ebenfalls zu umgehen versuchen dürfte die Regierung die Forderung des Unterhauses nach Herausgabe von Dokumenten über die Planungen für einen No-Deal-Brexit und die Zwangspause des Parlaments. Der Beschluss wurde mit 311 zu 302 Stimmen angenommen. Kritiker werfen Johnson vor, die Parlamentspause taktisch eingesetzt zu haben, um die Handlungsfähigkeit der Abgeordneten vor dem geplanten EU-Austritt am 31. Oktober einzuschränken. Nun wollen sie die Kommunikation von Regierungsmitarbeitern vor der Entscheidung sehen, bis hin zu privaten Emails und Nachrichten aus Kurznachrichtendiensten.

Auch die Planungen für einen ungeregelten Brexit in der "Operation Yellowhammer" sollen nach dem Willen der Parlamentarier bis zum 11. September offengelegt werden. Einzelne an die Presse durchgesickerte Dokumente legen nahe, dass die Regierung die befürchteten Konsequenzen eines EU-Austritts ohne Abkommen herunterspielt. Direkte Zwangsmittel, um seine Forderung durchzusetzen, hat das in den kommenden fünf Wochen suspendierte Unterhaus jedoch nicht.

Bei einem Besuch in Irland sagte Johnson am Montag ausdrücklich, dass er einen geregelten Brexit seines Landes zum 31. Oktober wolle. "Ich will einen Deal erreichen", sagte Johnson bei dem Treffen mit seinem irischen Kollegen Leo Varadkar in Dublin. Dies solle ohne die Einrichtung einer festen Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem britischen Nordirland möglich sein. Wie das umgesetzt werden soll, verriet Johnson allerdings nicht. Varadkar zufolge sind bisher keine Vorschläge aus London eingegangen.

Brüssel und Dublin fordern eine Garantie dafür, dass Kontrollposten an der Grenze zu Nordirland nach dem Brexit vermieden werden. Denn das könnte den alten Konflikt zwischen katholischen Befürwortern einer Vereinigung Irlands und protestantischen Loyalisten wieder schüren. Bis eine andere Lösung gefunden wird, sollen für Nordirland weiter einige Regeln des Binnenmarkts gelten und ganz Großbritannien in der Europäischen Zollunion bleiben.

Diese "Backstop" genannte Lösung lehnt Johnson jedoch strikt ab. Er sieht in der Klausel ein "Instrument der Einkerkerung" Großbritanniens im Orbit der EU. Varadkar betonte jedoch am Montag: "Für uns gibt es keinen Deal ohne Backstop."

Der irische Regierungschef warnte, ein EU-Austritt Großbritanniens ohne Abkommen sei alles andere als ein "klarer Bruch". Was auch immer passiere - beide Seiten müssten schnell wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren. "Die ersten Punkte auf der Tagesordnung werden sein: Rechte von Bürgern, ein finanzieller Ausgleich und die irische Grenze", sagte Varadkar. Für alle diese Punkte seien im Austrittsabkommen, das Johnsons Vorgängerin Theresa May mit der EU ausgehandelt hatte, Lösungen gefunden worden.

Die Polizei in Nordirland teilte indes mit, ein am Samstag in einem Grenzort gefundener Sprengsatz sei der katholisch-republikanischen Splittergruppe "Neue IRA" zuzuordnen. Nach Angaben der Ermittler sollte die funktionsfähige Mörsergranate wohl auf ein Polizeirevier abgefeuert werden, der Granatwerfer habe aber vermutlich versagt. Gefunden wurde sie auf einer Mauer nahe der Polizeidienststelle. Sie konnte entschärft werden. Verletzt wurde niemand. Ähnliche Vorfälle hatte es in den vergangenen Wochen und Monaten mehrfach gegeben.

Aus dem Europaparlament kommt heftige Kritik am Brexit-Kurs Johnsons. Er versuche, aus einem konstruierten Konflikt zwischen dem britischen Parlament und den Menschen politisches Kapital zu schlagen, sagte die Grünen-Abgeordnete Terry Reintke der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel. "Diese demagogische Hetze destabilisiert das gesamte demokratische System Großbritanniens." Reintke plädierte für einen weiteren Aufschub des Brexits, wenn die Briten dies beantragten.

Auch der CDU-Europaabgeordnete David McAllister äußerte sich höchst besorgt. "Die politische Lage auf der Insel ist derzeit so angespannt wie nie zuvor, der Machtkampf zwischen dem britischen Unterhaus und dem Premierminister nimmt neue Dimensionen an", erklärte der Chef des Auswärtigen Ausschusses der dpa.

EU-Abgeordnete wollen sich am Mittwoch auf den Entwurf einer Brexit-Resolution verständigen und diese nächste Woche verabschieden. Am Donnerstag informiert EU-Chefunterhändler Michel Barnier die Fraktionsvorsitzenden des Parlaments über den Stand der Gespräche mit London.

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9  Kommentare
9  Kommentare
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meisteral (11.748 Kommentare)
am 10.09.2019 12:38

D.h. wir haben die Inselaffen und ihr Chaos, das sie verursachen, länger an der Backe.
Kick'em Out!

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jago (57.723 Kommentare)
am 10.09.2019 09:53

Wenn ich mich erinnere, hat der Bundespräsident VdB unsere Verfassung mehrfach als taugliches Instrument für die rechtliche und politische Sicherheit hervorgehoben.

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NeuPaschinger (1.025 Kommentare)
am 10.09.2019 09:39

es ist kein NoDeal - Gesetz in Kraft
.
der Premierminister muss um eine Verlängerung anfragen sollte er keinen Deal zustande bringen, es gibt verschiedene Möglichkeiten jetzt das es zu einem NoDeal kommt:
1. er bricht einfach das Gesetz und fragt nicht um eine Verlängerung
.
2. er fragt so schamlos das die EU es sowieso ablehnt
.
3. irgendwem in der EU lehnt eine Verlängerung ab DENN ja wozu was soll das bringen die Briten wussten im März nicht was sie wollten, sie wussten es im Juni nicht und sie wissen es jetzt nicht, was soll sich ändern, einmal wirklich nein sagen könnte eine Lösung sei weil dann müssen sie sich der Frage ENDLICH mal stellen, nicht vergessen alle 27 EU-Länder haben ein VETO - Recht, die Franzosen und Niederländer haben schon ihre Unzufriedenheit kund getan mit dem Dreck der britschen Regierung bzw britischen Parlament

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jago (57.723 Kommentare)
am 10.09.2019 09:57

> Unzufriedenheit kund getan

Hinterrücks gehts in London ja doch nur um die Annexion ganz Irlands ins Königreich. Die Vokabel dafür sind Schmiere.

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barzahler (7.595 Kommentare)
am 10.09.2019 11:04

Die Briten haben in demokratischer Abstimmung für den Austritt aus der EU entschieden. Sie haben sich ebenso, wie auch viele andere Staaten, die politischen Führer selbst ausgesucht. Schluss mit Jammern! Nur Putin ist ein Despot.

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Killerkaninchen (7.975 Kommentare)
am 10.09.2019 12:58

An der Abstimmung war nichts demokratisches!

Die Briten wurden mit Lügen und falschen Versprechungen zur Wahl gelockt! Dazu kommt noch das die Abstimmung ein rein taktisches Theater war. Cameron hat den Leuten eine Abstimmung versprochen, wenn er die Wahl gewinnt.

Er hat die Wahl gewonnen, hatte aber nicht damit gerechnet das die Leute so dumm sind und für einen Austritt stimmen würden.

Einer der Hauptgründe der Wähler, nämlich das Geld, was an Brüssel gezahlt wird, in Bildung und das Gesundheitssystem zu stecken, überlebte das Ende der Wahl keine 2 Stunden.

Die Abstimmung fand also unter völlig falschen Voraussetzungen statt.

Des weiteren war die Abstimmung zu keinem Zeitpunkt bindend. Sie ist als reine Empfehlung zu sehen, an die sich aber das Parlament nicht halten muss. Die hätten das Ergebnis des Referendums auch völlig ignorieren können und keiner hätte etwas dagegen tun können.

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NeuPaschinger (1.025 Kommentare)
am 10.09.2019 13:02

und die Austrittsbefürworter haben bis heute KEINEN einzigen Plan vorgelegt wie Großbritannien in Zukunft funktionieren soll, sie sind weiter im EU-Hass und alle anderen sind Idioten-Modus und ja versprechen weiter alles und das Gegenteil davon, das ist auch der Grund für das Chaos in UK

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Killerkaninchen (7.975 Kommentare)
am 10.09.2019 13:27

Doch klar!

Sie werden das alte Empire wieder aufleben lassen, denn das Empire hat ja hunderte Millionen Mitglieder ……. hat wenigstens eine Brexiter in einem Interview gesagt. Der Moderator musste erst ein paar mal schlucken, bis er fragte, ob er das wirklich ernst meinen würde? Und er meinte es ernst!

Die ganze Welt reißt sich darum, mit dem Königreich Deals zu machen! In Wirklichkeit will niemand mit ihnen Deals machen, außer den USA. Das bedeutet Chlorhühnchen, genmanipuliertes Zeug etc.
Dann bestimmt Trump über das Land, denn die Briten haben ja sonst niemanden. Der wird das auszunutzen wissen und die Leute werden lernen, was Abhängigkeit ist und wirklich bedeutet.

Johnson hat doch damit triumphiert, dann praktisch ein neuer Staat von Amerika zu sein. Naja …… äääääh …… wer möchte das schon? Außer der verwirrte Johnson und seine Gesellen.

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Killerkaninchen (7.975 Kommentare)
am 10.09.2019 13:13

Ja sicher, er bricht das Gesetz und landet im Gefängnis. Diese Variante wurde in den entsprechenden Zeitungen schon durchgekaut.

Egal wie das Ergebnis letztendlich aussehen wird, eines steht fest : in GB wird keine Ruhe einkehren. Das Land ist tief gespalten und es wird zu Protesten und Unruhen kommen, egal wer gewinnt.

Spätestens wenn es tatsächlich zu einem No-Deal Brexit kommt und den Leuten die Medikamente ausgehen und sie in Einkaufsmärkten vor leeren Regalen stehen. Die Preise gewaltig steigen, allein 30% mehr für Autos.

Oder wenn es zu keinem Brexit kommt, dann wird die Gegenseite randalieren.

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