Fleisch-Revolution soll das Klima und die Hungernden retten
ROM/WIEN. Steak und Wurst aus pflanzlichen Rohstoffen schonen Wasser und Klima – doch in der Dritten Welt wächst der Hunger nach Fleisch.
Der Welthungertag, den die Vereinten Nationen jedes Jahr am 16. Oktober, also heute, begehen, ist auch Tag der Welternährung. Die sollte sich in den nächsten Jahren wegen des Klimawandels und der Notwendigkeit, bald zehn bis zwölf Milliarden Menschen versorgen zu müssen, revolutionieren, von tierischen hin zu pflanzlichen Lebensmitteln.
Viele Menschen in den Industrieländern haben auch ethische Argumente dafür, dass sie weniger oder gar kein Fleisch mehr konsumieren: Tierschutz. Die Kreatur solle nicht wegen der Geschäftserwartungen der im Jahr rund 1000 Milliarden US-Dollar großen Fleischwirtschaft leiden.
Derzeit lehnen nur rund zehn Prozent der Bevölkerung den Fleischverzehr ab; nur rund ein Prozent sind Veganer, essen also keinerlei Lebensmittel tierischen Ursprungs. Viel mehr Menschen sollen allerdings Flexitarier sein, die sich nach strenger Definition überwiegend pflanzlich ernähren, sich aber ab und zu ein hochwertiges Stück Fleisch gönnen.
Klimafreundlich und gesund
So nebenbei könnte die Fleischfrei-Bewegung Zivilisationskrankheiten, von übermäßigem Konsum verursacht, zurückdrängen. Außerdem würde viel pflanzliches Protein frei, um die wachsende Weltbevölkerung zu ernähren, denn um ein Kilo Rindfleisch zu produzieren, sind rund zehn Kilo Pflanzen (Futter) nötig.
Seit sich die Debatte vor rund zehn Jahren intensiviert hat, gewinnt Fleischersatz an Bedeutung. Hunderte Unternehmen sind weltweit gegründet worden, um fleischähnliche Produkte wie Schnitzel, Burger oder Würste aus Pflanzen zu erzeugen. Die größten Nahrungsmittelkonzerne der Welt wie Nestlé (Schweiz) und Tyson Foods (USA) offerieren Pseudo-Fleisch aus Erbsen, Soja oder anderen pflanzlichen Rohstoffen. Auch in Österreich arbeiten die großen Fleischverarbeiter auf dem Gebiet. Seit dem Sommer gibt es beim legendären Figlmüller in Wien Schnitzel aus Pflanzen, und McDonald’s serviert den Plant Burger.
Daneben arbeiten Start-ups, vor allem in Israel, seit Jahren am Kunstfleisch aus dem Bio-Reaktor. Aus Zellen wird dabei Muskelmasse gezüchtet. Einige propagieren das Steak aus dem 3D-Drucker. Die Firma Supermeat in Israel wirbt, ihr Verfahren würde 99 Prozent weniger Landverbrauch, 98 Prozent weniger Wasserverbrauch und 96 Prozent weniger Treibhausgase bedeuten. Da zum Zellwachstum Blut von Kälberföten nötig ist und synthetischer Ersatz noch nicht entwickelt wurde, reagieren Verbraucher ablehnend. Die Wirtschaftsberatung A.T. Kearney hat trotzdem schon 2019 in einer Studie erklärt, dass 2030 nur noch 73 Prozent konventionelles Fleisch konsumiert werde, 18 Prozent Pflanzen- und zehn Prozent Kunstfleisch. 2040 soll Letzteres schon mit 40 Prozent die größte Produktgruppe sein (35 konventionell, 25 Plant Meat). Experten glauben aber, dass weiterhin 50 Milliarden Tiere im Jahr gemästet werden müssten, weil Fleisch in Schwellenländern künftig leistbar sein werde. (le)