Israel bombardiert Hisbollah-Stellungen im Libanon
BEIRUT. Der Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz verschärft sich weiter. Auf die Explosion Tausender Funkempfänger und Walkie-Talkies im Libanon am Dienstag und Mittwoch folgten in der Nacht auf Donnerstag israelische Luft- und Artillerieangriffe.
Dabei wurden laut israelischem Militär mehrere Hisbollah-Stellungen im Süden des Libanon getroffen, darunter auch ein Waffenlager. In Israel wiederum wurden laut Medien mehrere Zivilisten durch Beschuss aus dem Libanon verletzt.
Die Hisbollah reklamierte einen Angriff auf einen Posten der israelischen Armee für sich. Dabei habe es Opfer gegeben, teilte die Miliz mit. Hisbollah-Anführer Hassan Nasrallah kündigte für Donnerstagnachmittag um 16.00 Uhr MESZ eine Rede an. Angesichts der brandgefährlichen Lage plant der UNO-Sicherheitsrat eine Dringlichkeitssitzung. Das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen soll sich nach Angaben aus Diplomatenkreisen am Freitag um 21.00 Uhr MESZ treffen.
"Ernsthafte Gefahr einer dramatischen Eskalation"
UNO-Generalsekretär António Guterres sieht die "ernsthafte Gefahr einer dramatischen Eskalation" im Nahen Osten. "Die Logik hinter der Explosion all dieser Geräte besteht natürlich darin, dies als Präventivschlag vor einer größeren Militäroperation zu tun", sagte Guterres bei einer Pressekonferenz in New York.
Die Hisbollah bestätigte indes seit der Explosion Hunderter Pager am Dienstag 32 Tote in den eigenen Reihen. Die Miliz machte keine Angaben darüber, ob diese Mitglieder durch die Explosionen von Pagern und Funkgeräten am Dienstag und Mittwoch getötet wurden. Die Schiitenmiliz machte Israel für die Explosionen verantwortlich und schwor Vergeltung. Die israelische Seite äußerte sich selbst nicht zu den beiden Explosionswellen. Technisch derart anspruchsvolle Angriffe entsprechen aber der Handschrift von Israels Geheimdiensten, die mehrfach ähnlich komplexe Attacken durchgeführt haben, um ranghohe Feinde zu töten.
Der Angriff im Libanon signalisiere der Hisbollah, dass Israel sich nicht auf den seit Beginn des Gaza-Krieges andauernden Schlagabtausch entlang der nördlichen Landesgrenze beschränken werde, zitierte das "Wall Street Journal" Amos Yadlin, ehemals Leiter des israelischen Militärgeheimdienstes. Die mit dem Iran verbündete Schiiten-Miliz müsse verstehen, dass "Israel die Spielregeln ändern kann", sagte er.
Israel will, dass sich Hisbollah zurückzieht
Israel will durch militärischen und diplomatischen Druck erreichen, dass sich die Hisbollah wieder hinter den 30 Kilometer von der Grenze entfernten Litani-Fluss zurückzieht - so wie es eine UNO-Resolution vorsieht. Die mit der Hamas verbündete libanesische Miliz will die Angriffe gegen Israel erst bei Erreichen einer Waffenruhe in Gaza einstellen. Beide Islamistenorganisationen gehören zu Irans sogenannter "Achse des Widerstands" - einer Allianz gegen den gemeinsamen Feind Israel.
Israels Generalstabschef Herzi Halevi zufolge ist die Armee bereit, alles Nötige zu tun, um die Bedingungen für eine Rückkehr der israelischen Bewohner in ihre Häuser im Norden zu schaffen: "Wir haben noch viele Fähigkeiten, die wir bisher noch nicht eingesetzt haben." Experten schätzen die Angriffe auf die Kommunikationsgeräte vieler Hisbollah-Mitglieder als herben Schlag für die Schiiten-Miliz ein, der auch ihren Kampfgeist schwächen dürfte. Einige ihrer wichtigsten Kommunikationsmittel sind jetzt gestört oder nicht mehr brauchbar.
- Mehr zum Thema: Explosionen im Libanon: Hisbollah schwört Vergeltung
Das "Wall Street Journal" zitierte mit der Angelegenheit vertraute Personen, nach deren Aussagen die Führung der Miliz nicht dazu neige, einen umfassenden Krieg mit Israel auszulösen. Die Hisbollah-Spitze glaube nicht, dass eine israelische Bodeninvasion unmittelbar bevorstehe - erwarte aber, dass es zu weiteren Angriffen mit großer Wirkung kommen werde.
Dieser Artikel wurde am 19.9. um 12.19 Uhr aktualisiert.