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EU-Gipfel einig - Streit über Impfstoffverteilung wird gelöst

Von nachrichten.at/apa   26.März 2021

Die EU-Staats- und Regierungschefs sind bei ihrem Video-Gipfel einer Lösung bei der Verteilung von Impfdosen näher gekommen. Sie vereinbarten am Donnerstag, zehn Millionen zusätzliche Impfdosen von Dosen von Biontech/Pfizer zu nutzen, um bestehende Differenzen in der Verteilung auszugleichen. Auch Österreich könnte davon profitieren. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zeigte sich "froh, erleichtert und zufrieden".

Italien bekräftigt Nein zu Forderung von Kurz

Kurz will 400.000 zusätzliche Impfdosen für Österreich. Italiens Premierminister Mario Draghi bekräftigt sein Nein zur Forderung von Kurz bei der Verteilung von zehn Millionen zusätzlichen Ampullen des Biontech/Pfizer-Impfstoffes. "In Österreich ist die Lage nicht dramatisch, dort ist die Impfrate ein wenig höher als in Italien. Deutschland und Italien haben Nein zu einer Änderung der Kriterien zur Impfstoffverteilung gesagt", so Draghi. Auch der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte erteilt Bundeskanzler Kurz eine Abfuhr

"Wir haben uns intensiv für eine gerechtere Auslieferung der Impfstoffe in der Europäischen Union eingesetzt", sagte der Bundeskanzler laut Aussendung. "Nachdem sich zahlreiche Staaten hier für mehr Gerechtigkeit und Solidarität ausgesprochen haben, gab es den gemeinsamen Beschluss, dass durch die zehn Millionen zusätzlichen Impfdosen eine gerechtere Auslieferung der Impfstoffe in der EU im zweiten Quartal erreicht wird." Die Detailumsetzung werde ab jetzt von den EU-Botschaftern und nicht mehr vom Steering Board durchgeführt. Kurz dankte EU-Ratspräsident Charles Michel, dem portugiesischen Ratsvorsitzendem Antonio Costa und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für ihre Bemühungen für eine gute Lösung für alle.

  • Video: Pressegespräch von Bundeskanzler Kurz nach EU-Gipfel

"Ich finde es ehrlich gesagt sehr schön, dass sich viele für Solidarität ausgesprochen haben", betonte Kurz. Die Allianz der "Frugalen" sei weiterhin sehr gut, und man werde weiterhin an einem Strang ziehen, meinte der Kanzler, auch wenn man in manchen Fragen unterschiedlicher Meinung sei. Wichtig sei, dass es zu einem Ausgleich komme, denn die Europäischen Union habe immer versprochen, dass 70 Prozent der Erwachsenen in der EU bis Sommer geimpft werden.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte laut dpa nach dem Gipfel, der Rat der Botschafter sei nach langen Diskussionen im Kreis der Staats- und Regierungschefs beauftragt worden, eine "faire Lösung im Rahmen der Solidarität" zu finden. "Das ist natürlich wie immer eine relativ komplizierte Aufgabe, so was wie die Quadratur des Kreises." Eine Lösung soll auf Basis des Bevölkerungsanteils der EU-Staaten und durch die Auslieferungsgeschwindigkeit bei der Verteilung von zehn Millionen zusätzlichen Dosen von Biontech/Pfizer gefunden werden, hieß es am Donnerstag in Ratskreisen. Demnach bestätigte der EU-Gipfel eine Verteilung nach dem Bevölkerungsschlüssel.

Unterschiedliche Einschätzungen zu Gipfelbeschluss

Während sich Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) "froh, erleichtert und zufrieden" über den gemeinsamen Beschluss zeigte, "dass durch die zehn Millionen zusätzlichen Impfdosen eine gerechtere Auslieferung der Impfstoffe in der EU im zweiten Quartal erreicht wird", reagierten andere zurückhaltender. "Sebastian Kurz hat sich verzockt", sagte ein EU-Diplomat. Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte sagte, ein Blick auf die Zahlen zeige, dass vor allem Bulgarien, Lettland und Kroatien ein Problem hätten. Denen wolle man helfen. Bei Österreich könne er dies hingegen derzeit nicht erkennen.

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Die EU-Staats- und Regierungschefs bekräftigten bei ihrem Videogipfel am Donnerstagabend grundsätzlich den Verteilschlüssel nach Bevölkerungsgröße. Nach stundenlangem Streit wurde vereinbart, über eine vorgezogene Teillieferung von zehn Millionen Impfdosen "im Geiste der Solidarität" weiter zu verhandeln. Über die genauen Mengen an Impfdosen müssen nunmehr die EU-Botschafter entscheiden.

  • Video: Annäherung bei EU-Gipfel

Österreich, Lettland, Kroatien, Bulgarien, Slowenien und Tschechien hatten eine ungleiche und vom ursprünglich angestrebten Bevölkerungsschlüssel abweichende Verteilung der Impfstoffe in der EU beklagt. Das Ungleichgewicht bei der Impfstoffverteilung liegt daran, dass nicht alle EU-Staaten die ihnen nach Bevölkerungszahl zustehenden Mengen gekauft haben. Einigen Staaten war der neuartige Impfstoff von Biontech/Pfizer suspekt oder zu teuer. Die Lieferschwierigkeiten von Astrazeneca werfen einige Staaten nun zurück. Österreich könnte demnächst in Rückstand geraten, weil es sein Kontingent des Impfstoffs von Johnson & Johnson nicht ausgeschöpft hat, das ab Mitte April geliefert werden soll.

"Faire Lösung im Rahmen der Solidarität"

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, der Rat der Botschafter sei nach langen Diskussionen beauftragt worden, eine "faire Lösung im Rahmen der Solidarität" zu finden. "Das ist natürlich wie immer eine relativ komplizierte Aufgabe, so was wie die Quadratur des Kreises."

Offen ist, ob auch Österreich von den zehn Millionen Biontech/Pfizer-Dosen zusätzliche Mengen erhält. Kurz hatte unlängst in der "ZIB2" angedeutet, dass Österreich im Rahmen der Korrektur bis zum Sommer rund 400.000 fehlende Dosen bekommen könnte. Nach dem Bevölkerungsschlüssel würden nur 200.000 dieser Biontech-Dosen auf Österreich entfallen.

  • Video: Annäherung bei Impfstoff-Verteilung

Somit sollen die EU-Botschafter den Konflikt lösen und nicht der Lenkungsausschuss, dessen Ko-Vorsitzender Clemens Martin Auer sich wegen der Causa zurückziehen musste. Die EU-Botschafter sind gegenüber ihren Hauptstädten weisungsgebunden und müssten einstimmig entscheiden.

Kurz: 400.000 fehlende Dosen bis Sommer

Kurz hatte unlängst angedeutet, dass Österreich im Rahmen der Korrektur bis zum Sommer rund 400.000 fehlende Dosen erhalten könnte. Nach dem Bevölkerungsschlüssel würden nur 200.000 dieser Biontech-Dosen auf Österreich entfallen.

  • Video: Kurz pocht auf Gespräche zur Impfstoffverteilung

Von den knapp 450 Millionen EU-Bürgern sind unterdessen inzwischen 62 Millionen mindestens einmal gegen Corona geimpft. 18,2 Mio. Menschen haben auch ihre zweite Dosis bekommen. Die Zahlen legte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen am Donnerstag zum EU-Gipfel vor. Die EU-Staaten erhielten von den Pharmakonzernen bisher rund 88 Mio. Impfdosen. Zugleich gingen seit 1. Dezember 77 Mio. Dosen aus der EU in den Export. Der Präsident des Europäischen Parlaments David Sassoli betonte nach seinem Austausch mit den Staats- und Regierungschefs, dass eine ausreichende Auslieferung der Impfstoffe sichergestellt werden müsse, gerade in jene Länder, wo diese am meisten gebraucht würden. Die EU habe eine enorme Verantwortung und müsse auf eine Einhaltung der Verträge bestehen, so Sassoli. Allerdings dürfe man nicht die EU-Institutionen für Unzulänglichkeiten in den nationalen Systemen verantwortlich machen.

Der EU-Gipfel hat sich auch hinter die von der EU-Kommission eingeführte verschärfte Ausfuhrkontrolle für Corona-Impfstoff gestellt. Merkel sagte laut Reuters, Exportbeschränkungen würden künftig "wahrscheinlicher", wenn Unternehmen ihre Verträge gegenüber der EU nicht einhielten. Zudem werde man künftig genauer darauf schauen, wie hoch die Impfrate in einem Land sei, das in der EU produzierte Impfstoffe erhalten soll. Dann werde es nicht um die Frage gehen, ob, aber wann dieser Staat die Impfstoffe bekomme. Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron begrüßte das neue Export-Regime, das der EU-Gipfel billigte. Macron wies britische Vorwürfe einer egoistischen Haltung zurück. Das Gegenteil sei der Fall.

"Guter Austausch mit Joe Biden"

US-Präsident Joe Biden hat sich am Donnerstagabend beim Videogipfel der EU-Staats- und Regierungschefs eingeschaltet. Biden wollte eine kurze Ansprache zum Neustart der transatlantischen Beziehungen halten. Erklärtes Ziel des US-Präsidenten ist es, im Kampf gegen die Corona-Pandemie und gegen die Erderwärmung mit Europa zusammenzuarbeiten und die gemeinsamen Handelsbeziehungen zu stärken.

"Wir hatten heute einen guten Austausch mit US-Präsident Joe Biden über gemeinsame Herausforderungen, wie die COVID-19 Pandemie und den Klimawandel. Gerade in schwierigen Zeiten wie diesen braucht es eine starke transatlantische Partnerschaft", sagte Kurz.

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18. April 2024