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Der erste Schritt zum Austritt Polens aus der EU

Von OÖN   16.Juli 2021

Der Streit zwischen Polen und der EU über die umstrittene Justizreform spitzt sich dramatisch zu. Beobachter sprechen bereits vom "halben Weg zum Polexit" und warnen vor einer Zerreißprobe für ganz Europa.

Was die polnische Regierung unter Rechtsstaatlichkeit versteht, das machte sie bereits 2018 deutlich. Richter sollten immer auf der Seite des Staates sein, sagte der damalige Vizejustizminister Lukasz Piebiak. Seither hat Polens nationalkonservative PiS-Regierung alles getan, um die Unabhängigkeit der Justiz zu untergraben. Systematisch wurden Staatsanwälte und Gerichte unterjocht. So wurde eine eigene Disziplinarkammer des Obersten Gerichtshofs eingerichtet, die für Disziplinarverfahren gegen unliebsame Richter zuständig ist und diese auch suspendieren kann.

Für die EU-Kommission ist das ein klarer Verstoß gegen die Gewaltenteilung zwischen Politik und Justiz. In dem endgültigen Urteil kam auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) gestern zu dem Ergebnis, dass die Disziplinarkammer die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der polnischen Justiz gefährdet.

Das polnische Verfassungsgericht hat jedoch bereits deutlich gemacht, was es von Europas höchstem Gericht hält: nämlich gar nichts. Bereits am Mittwoch urteilten die Warschauer Verfassungsrichter, dass Anordnungen des EuGH zur polnischen Justizreform nicht mit der Verfassung des Landes vereinbar seien. In anderen Worten heißt das: Polens eigene Gesetze sind wichtiger als EU-Gesetze. Ein finales Urteil soll im August fallen. Gestern legte die Warschauer Regierung nach: "Beim EuGH handelt es sich um ein politisches Urteil, das auf politische Bestellung gefällt wurde", sagte Justizminister Zbigniew Ziobro. Dahinter stünden ein "koloniales Denken" sowie die Trennung der EU-Mitgliedsstaaten in bessere und schlechtere.

Für die EU ist der Streit mit Polen existenzbedrohlich. Wenn sich Polen nun aus dem europäischen Rechtsraum verabschiedet, dann hat das Folgen über Osteuropa hinaus, dann schrumpft die EU zu einem losen Wirtschaftsverbund. Nicht nur der ÖVP-Europaabgeordnete Lukas Mandl sprach von einer "dramatischen Entwicklung". Auch vom ersten Schritt hin zum Austritt Polens aus der EU, dem Polexit, ist bereits die Rede.

EU für LGBTQ-Rechte

Als Reaktion auf umstrittene LGBTQ-Regelungen in Ungarn und Polen hat die EU neue Vertragsverletzungsverfahren gegen die beiden Mitgliedstaaten eingeleitet. „Europa wird niemals zulassen, dass Teile unserer Gesellschaft stigmatisiert werden“, erklärte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen. Zuletzt hatten ein ungarisches Gesetz zur Informationsbeschränkung für Homosexualität sowie „LGBTQ-freie Zonen“ in einigen Teilen Polens für Empörung in der EU gesorgt. Sowohl Ungarn als auch Polen zeigten sich empört über den Vorstoß aus Brüssel. Man sei nicht bereit, etwas zu ändern.

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23. April 2024