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Das bedeutet die Völkermord-Klage gegen Israel

Von nachrichten.at/apa, 08. Jänner 2024, 11:47 Uhr
Das Paar aus den Niederlanden muss sich wegen versuchten Totschlags vor Gericht  verantworten.
(Symbolbild)

DEN HAAG. Der Internationale Gerichtshof (IGH) wird diese Woche über eine Klage Südafrikas verhandeln, das Israel des Völkermords im Gaza-Krieg beschuldigt und eine sofortige Aussetzung der Militäraktion fordert. Ein Überblick.

  • Was ist der IGH?

Der IGH ist das höchste Rechtsorgan der Vereinten Nationen und wurde 1945 zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Staaten eingerichtet. Er ist nicht zu verwechseln mit dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH), der ebenfalls in Den Haag ansässig ist und sich mit Klagen gegen Einzelpersonen wegen Kriegsverbrechen befasst.

Das 15-köpfige Gremium des IGH - das im Fall der Klage gegen Israel um einen zusätzlichen Richter auf jeder Seite erweitert wird - befasst sich meist mit Grenzstreitigkeiten. In zunehmendem Maße verhandelt das Gericht aber auch Fälle, in denen Staaten andere Staaten beschuldigen, die UNO-Vertragsverpflichtungen zu verletzen.

Sowohl Südafrika als auch Israel sind Unterzeichner der Völkermordkonvention von 1948, die dem IGH die Zuständigkeit für die Entscheidung von Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Vertrag verleiht.

Alle Staaten, die die Völkermordkonvention unterzeichnet haben, sind nicht nur verpflichtet, keinen Völkermord zu begehen, sondern auch, ihn zu verhindern und zu bestrafen. Der Vertrag definiert Völkermord als "Handlungen, die in der Absicht begangen werden, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe ganz oder teilweise zu vernichten".

Lesen Sie auch: Südafrika verklagt Israel vor UNO-Gericht wegen Völkermord

  • Wie lauten die Vorwürfe Südafrikas?

In seiner 84-seitigen Klageschrift behauptet Südafrika, dass Israel durch die Tötung von Palästinensern im Gazastreifen, die Verursachung schwerer psychischer und körperlicher Schäden und die Schaffung von Lebensbedingungen, die auf physische Zerstörung abzielen, Völkermord an den Palästinensern begeht.

"Die Taten sind alle Israel zuzuschreiben, das es versäumt hat, Völkermord zu verhindern, und das in offenkundiger Verletzung der Völkermordkonvention Genozid begeht", heißt es in dem Text. Israel habe es auch versäumt, die Aufstachelung zum Völkermord durch seine eigenen Beamten zu unterbinden, was einen Verstoß gegen die Konvention darstellt.

Mehr dazu: Nach drei Monaten Krieg: Noch 136 Geiseln im Gazastreifen

  • Was ist die Antwort Israels?

Israel bezeichnete die Klage als unbegründet, und ein Regierungssprecher beschuldigte Südafrika, eine "absurde Ritualmordlegende" zu verbreiten. Es handle sich um die unbegründeten Behauptung jüdischer Niedertracht, mit der ein tödlicher Hass gegen Juden geschürt werden soll.

Israel sagte, es werde vor Gericht erscheinen, um seinen Fall vorzutragen. Am Sonntag teilte die israelische Regierung mit, dass unter anderem der frühere Höchstrichter und Holocaust-Überlebende Aharon Barak nach Den Haag reisen werde. Er soll Teil des Richtergremiums werden, in dem beide Streitparteien vertreten sein dürfen. Der 87-Jährige gilt als scharfer Kritiker der umstrittenen Justizreform, die von der rechts-religiösen Regierung unter Premier Benjamin Netanyahu im Vorjahr durchgeboxt wurde.

  • Was wird bei den Anhörungen geschehen?

Die Anhörungen finden am 11. und 12. Jänner statt.

Der Antrag auf Sofortmaßnahmen ist ein erster Schritt in einem Verfahren, das mehrere Jahre dauern wird. Vorläufige Maßnahmen sind als eine Art einstweilige Verfügung gedacht, um eine Verschärfung des Konflikts zu verhindern, während sich das Gericht ausführlich mit dem Fall befasst.

Die Richter am IGH verfügen häufig solche Maßnahmen, die in der Regel darin bestehen, einen Staat aufzufordern, alles zu unterlassen, was den Rechtsstreit verschlimmern könnte.

Bei einstweiligen Maßnahmen muss das Gericht nur entscheiden, ob es auf den ersten Blick oder prima facie zuständig wäre und die beanstandeten Handlungen in den Anwendungsbereich des Völkermordvertrags fallen. Die Maßnahmen, die es beschließt, müssen nicht zwangsläufig den Anträgen des Beschwerdeführers entsprechen.

Südafrika hat das Gericht ersucht, Israel anzuweisen, seine Militäraktionen im Gazastreifen auszusetzen, alle "Völkermord-Handlungen" einzustellen oder angemessene Maßnahmen zur Verhinderung von Völkermord zu ergreifen und dem IGH regelmäßig über diese Maßnahmen zu berichten.

Die Urteile des IGH können nicht angefochten werden, aber der IGH hat auch keine Möglichkeit, sie durchzusetzen. Ein Urteil gegen Israel könnte dessen internationalem Ruf schaden und einen Präzedenzfall schaffen.

Mehr: Polizisten schossen auf Terroristen: 3-Jährige im Westjordanland tot

  • Wie lange wird es dauern, bis ein endgültiges Urteil ergeht?

Stellt das Gericht fest, dass es zuständig ist, wird der Fall im Friedenspalast in Den Haag verhandelt - selbst wenn die Richter sich gegen Sofortmaßnahmen entscheiden.

Israel bekäme dann eine weitere Chance zu argumentieren, dass das Gericht keine rechtliche Grundlage hat, sich mit Südafrikas Forderung zu befassen. Lehnt das Gericht die von Israel erhobene Einrede ab, könnten sich die Richter in weiteren öffentlichen Anhörungen mit dem Fall selbst befassen.

Es ist nicht ungewöhnlich, dass zwischen der ersten Klage und der eigentlichen Behandlung des Falles mehrere Jahre vergehen.

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