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"Das Außenministerium in Beirut als Sitz der Revolution"

Von Michael Wrase, 10. August 2020, 00:04 Uhr
"Das Außenministerium in Beirut als Sitz der Revolution"
Diese Aufschrift zeigt, wen die Menschen in Beirut für die Explosionskatastrophe im Hafenviertel der libanesischen Hauptstadt verantwortlich machen. Bild: APA/AFP

BEIRUT. Die libanesischen Demonstranten sehen sich "im Krieg" mit der Regierung. Premierminister Hassan Diab sucht einen Ausweg in Neuwahl-Vorschlag.

In der libanesischen Hauptstadt Beirut sind am Wochenende fast alle Dämme gebrochen. Ohnmächtig vor Wut auf ihre von einer korrupten Politikerklasse gestützte Regierung gingen Zehntausende auf die Straße. Die Slogans und Aussagen der Menschen schockierten. Sie sind aber verständlich, wenn man sich die Monstrosität des den Herrschenden zur Last gelegten Verbrechens im Beiruter Hafen – mit fast 200 Toten und mehr als 300.000 Obdachlosen – vor Augen führt.

"Meine Regierung hat mein Volk ermordet", stand auf den Spruchbändern. "Rache, Rache bis dieses Regime ein Ende findet und die Verantwortlichen hängen", skandierten die Demonstranten. Sie sehen sich inzwischen "im Krieg" mit ihrer Regierung. "Das ist die Rückkehr der Revolution", hallte es durch die mit Scherben übersäten Straßen am Beiruter Märtyrerplatz: "Entweder wir oder sie".

"Das Außenministerium in Beirut als Sitz der Revolution"
Mit der Flagge in der Hand will ein Demonstrant die Sicherheitskräfte stoppen. Bild: Reuters

"Hauptstadt der Revolution"

Entsprechend entschlossen wurde zur Sache gegangen. Unterstützt von "kampferprobten" jungen Libanesen stürmte eine Gruppe pensionierter Soldaten und Offiziere das Außenministerium. Aktenschränke wurden verwüstet, die Porträts von Staatspräsident Michel Aoun und anderer Würdenträger in Brand gesetzt. "Wir haben das Gebäude als Sitz unserer Revolution beschlagnahmt", verkündete ein Sprecher der Demonstranten. Sie brachen in Jubel aus, als an der Fassade ein Transparent mit "Beirut – Die Hauptstadt der Revolution" ausgerollt wurde.

  • Video: Sophie Roupetz (ORF) über die Lage in Beirut

Auch das Energieministerium und der Sitz der Bankenvereinigung wurden gestürmt. Unter einem Hagel von Gummigeschossen und Tränengasgranaten "verteidigt" werden konnten dagegen das Parlament sowie der Amtssitz von Premier Hassan Diab. Der weiß sich nicht anders zu helfen, als Neuwahlen in zwei Monaten vorzuschlagen – was die Protestbewegung sofort zurückwies.

Denn die Wahlen würden vom "System", das seine entlang konfessioneller Linien abgestützte Herrschaft über Jahrzehnte fest zementiert hat, gewonnen. Für die in kleinen Graswurzelbewegungen organisierten Demonstranten käme ein Urnengang zu früh. Sie fordern radikale Veränderungen.

Bildergalerie: Der Tag nach der Katastrophe: Halb Beirut liegt in Trümmern

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1 (Foto: AZIZ TAHER (X03545)) Bild 1/26
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Begreifliche Ungeduld

Die Bruchlinien seien im Beiruter Hafen gezogen worden, sagte Medea Azoury, eine 46-jährige Demonstrantin, vor Journalisten. "Genug ist genug", rief die Frau verzweifelt: "Wir werden in diesem Land als Geiseln gehalten. Wir können kein Geld mehr von den Banken abheben und die Menschen sterben vor Hunger".

Die Ungeduld der Menschen ist begreiflich. Vor einem radikalen Wandel muss zunächst die Bewältigung der schweren humanitären Krise im Vordergrund stehen. Fast die Hälfte des Beiruter Stadtgebietes wurde durch die Detonation von 2750 Tonnen Ammoniumnitrat verwüstet, die Getreidespeicher im Beiruter Hafen zerstört.

„Bevölkerung hilft beim Aufräumen gut zusammen“

Von Eike-Clemens Kullmann

Das zwölfköpfige UN-Team, das die internationale Hilfe in Beirut koordinieren wird, ist seit Samstag komplett. Mit dabei ist der Bundesheeroffizier Gernot Hirschmugl, er erreichte in der Nacht auf Freitag die schwer gezeichnete libanesische Hauptstadt. Auch wenn er noch nicht beim Explosionsort war, die Schäden sind überall ersichtlich. „Überall Glasscherben“, schildert der Hauptmann den OÖN seine Eindrücke. Positiv zu sehen sei, dass „die Bevölkerung beim Aufräumen gut zusammenhilft“.

Hirschmugls Team musste übrigens schon nach einem Tag übersiedeln. Ein Arbeiten im ersten Quartier, einem schwer beschädigten Appartement, erwies sich als kaum möglich. Jetzt ist die UN-Truppe in einem unbeschädigten Hotel untergebracht.

Österreichs Helfer in Beirut Von Eike-Clemens Kullmann
Hauptmann Gernot Hirschmugl hilft bei der Katastrophenbewältigung in Beirut. Bild: Heer/Leitner

Der erfahrene Experte – er unterstützte schon 2018 als Mitglied der UNDAC (United Nations Disaster Assessment and Coordination) die Behörden in Nigeria bei der Bewältigung einer Flutkatastrophe und war zuvor mehrfach auf dem Balkan im Einsatz – übernimmt im Hilfsteam die „zivil-militärische Koordinierung“. Dabei wird er eng mit der libanesischen Armee zusammenarbeiten. Es gehe dabei auch darum, welche Kapazitäten das Militär habe und inwieweit der humanitäre Bereich Platz finden könne.

Im Libanon waren schon vor der Explosionskatastrophe mehrere internationale Hilfsorganisationen im Einsatz. Über deren Aktivitäten muss sich der 37-jährige Steirer jetzt ebenfalls einen Überblick verschaffen. Also: Wer macht was, und wo kann das UN-Team koordinierend eingreifen.

  • Video: Wienerin schildert Ausnahmezustand in Beirut

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Michael Wrase
Michael Wrase
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2  Kommentare
2  Kommentare
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azways (5.835 Kommentare)
am 10.08.2020 21:14

"Das Außenministerium in Beirut als Sitz der Revolution"

Nach extrem rechts außen - oder ?

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Einheizer (5.398 Kommentare)
am 10.08.2020 06:06

Wenn man das alles liest und sieht kann man nur sagen : Tu Felix Austria !

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