Asylkrise auf Lampedusa: Die schwierige Suche nach dem gemeinsamen Nenner

WIEN. Rund 124.000 Migranten haben heuer bereits die gefährliche Überfahrt von Nordafrika nach Italien riskiert. Besonders chaotisch ist der Zustand auf der süditalienischen Insel Lampedusa, wo vergangenen Mittwoch der Notstand ausgerufen wurde. Über eine mögliche Lösung in der Asylkrise wurde am Sonntagabend in der ORF-Sendung "Im Zentrum" diskutiert.
Mehr als 11.000 Menschen sind in der vergangenen Woche auf der süditalienischen Insel Lampedusa angekommen. Die Verschärfung des Flüchtlingsproblems im Mittelmeer war am Sonntagabend Thema in der ORF-Diskussionsrunde "Im Zentrum", die sich um die Frage "Grenzenlose Krise im Mittelmeer – wer löst das Asylchaos?" drehte. Mit einigen Aussagen erregte vor allem Harald Vilimsky (FPÖ) Aufsehen: Gleich zu Beginn sprach der EU-Abgeordnete von einer Situation mit "invasorenhaftem Charakter" und gesteuerter Migration durch NGOs des Investors George Soros.
Dem widersprach Judith Kohlenberger. Die Migrationsforscherin von der WU Wien begründete die chaotische Lage mit politischen Spannungen in Nordafrika, ökonomischer Not sowie den Folgen der Pandemie und des russischen Angriffskriegs. Für die EU sei die Lösung des Problems laut Europaexperte Stefan Lehne so schwierig, weil die Länder in ihrer grundsätzlichen Haltung beim Asylthema sehr weit auseinander liegen würden. Ungarn habe sein Asylsystem praktisch auseinandergenommen, auch Griechenland und Polen würden gegensätzlich zum europäischen Recht operieren: "In dieser komplexen Konstellation ist es schwierig, einen gemeinsamen Nenner zu finden."
Kohlenberger sprach anschließend von mangelhaftem Krisenmanagement und verwies darauf, dass Italien in den vergangenen drei Jahren unterdurchschnittlich wenig Asylverfahren durchgeführt habe: "Für Lampedusa allein ist die Dimension an Flüchtlingen zu groß, aber für ganz Italien wäre sie zu bewältigen. Es gibt Platz, wenn der politische Wille vorhanden ist". Wenig politischen Willen zeigte Harald Vilimsky und sprach von einer "interkontinentalen Völkerwanderung", die eine Vielzahl an Problemen bringe. Stefan Lehne entgegnete, dass es trotz der Flucht von fünf Millionen Ukrainern kein Chaos in der EU gebe: "Dieses Gerede von der Völkerwanderung ist einfach Fiktion."
Video: Die aktuelle Sendung von "Im Zentrum" in voller Länge

Bildergalerie: Notstand in Lampedusa: Mehr Migranten als Einwohner auf Mittelmeerinsel gelandet
