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Alpen als Stützpunkt für russische Agenten

06.Dezember 2019

Diese Vermutung legt ein Bericht der französischen Zeitung "Le Monde" nahe, der sich auf Ermittlungen europäischer Geheimdienste stützt. Demnach gehörten die insgesamt 15 Agenten einer Eliteeinheit des russischen Militärgeheimdienstes GRU an, die 29155 genannt wird. Diese ist für Auftragsmorde, Sabotageakte und Subversion zuständig. Einer dieser Spione soll an dem versuchten Mordanschlag auf den ehemaligen russischen Doppelagenten Sergej Skripal und dessen Tochter Julia im englischen Salisbury beteiligt gewesen sein. Skripal und seine Tochter hatten den Anschlag mit einem Nervengift der Nowitschok-Gruppe im März 2018 nur knapp überlebt. Eine Britin, die in der Region Salisbury ebenfalls mit Nowitschok in Kontakt gekommen war, starb dagegen Wochen später.

Großbritannien sowie andere europäische Länder und die USA beschuldigten daraufhin die russischen Geheimdienste, hinter dem Anschlag zu stecken, und wiesen Dutzende Diplomaten aus. Moskau wies diese Anschuldigungen vehement zurück und konterte ebenfalls mit Ausweisungen.

Annemasse, Evian, Chamonix

Ermittlungen westlicher Geheimdienste führten nach dem Anschlag auf die Spur in Frankreich. Zwischen 2014 und 2018 hätten sich die russischen Agenten mehrfach in den Orten im Südosten, darunter Annemasse, Evian und Chamonix, aufgehalten. Die Spione wären unter anderem in Bulgarien, Moldawien und Montenegro aktiv gewesen, im "Stützpunktland" Frankreich dagegen nicht.

Neue diplomatische Verwicklungen löste diese Woche der mutmaßliche Auftragsmord an einem Georgier aus, der sich allerdings schon am 23. August im Kleinen Tiergarten in Berlin zugetragen hatte. Der 40-jährige, in Russland angeblich als Staatsfeind Eingestufte, war am helllichten Tag von einem mutmaßlich 49-Jährigen mit russischem Pass gezielt in den Kopf und den Rücken geschossen worden. Der mutmaßliche Täter schweigt seit seiner Festnahme.

Die deutsche Bundesanwaltschaft ermittelt und spricht von einer staatsschutzspezifischen Tat von besonderer Bedeutung. Die Ermittler verfolgen den Anfangsverdacht, dass staatliche Stellen in Russland oder der Teilrepublik Tschetschenien dahinterstecken.

Zuständig ist die Bundesanwaltschaft nur dann, wenn es den konkreten Verdacht gibt, dass der Geheimdienst einer fremden Macht hinter einer derartigen Tat steht. Dann wird in Karlsruhe die Spionageabteilung tätig. Hintergrund ist, dass "geheimdienstliche Agententätigkeit" die äußere Sicherheit Deutschlands gefährden könnte.

Der 49-jährige mutmaßliche Täter könnte zu jener von Frankreich aus operierenden Elitetruppe des GRU gehören. Während Regierungen und Sicherheitsbehörden in Europa und den USA in den vergangenen Jahren immer mehr Informationen über Hackerkollektive veröffentlichten, hinter denen Russlands Militärgeheimdienst stehen soll, blieb die Rolle der Einheit 29155 bisher weitgehend unbemerkt von westlichen Geheimdiensten.

Russische Journalisten hatten in der Vergangenheit bereits über die Existenz der Einheit berichtet, über ihren "Zweck" war laut "New York Times" aber nicht berichtet worden. Die Aktivitäten der Truppe, so die Einschätzung in westlichen Sicherheitskreisen, seien Teil einer "koordinierten und fortlaufenden Kampagne zur Destabilisierung Europas". Mit dem Mord an dem Georgier in Berlin gehen demnach mindestens auf das Konto der Einheit: Neben dem Anschlag auf Skripal in Großbritannien, der Vergiftung des bulgarischen Waffenfabrikanten Emilian Grebew (2015) sowie dem Putschversuch in Montenegro (2016) soll auch eine – nicht näher beschriebene – "Destabilisierungskampagne" in der Republik Moldau dazugehören.

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20. April 2024