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„Die Welt sagte A zum Klimaschutz, sie sagte bisher aber nicht B“

Von Gerhard Schiwschei   21.November 2011

OÖN: Die Verpflichtungen aus dem Kyoto-Vertrag laufen 2012 aus, ist die Klimapolitik gescheitert?

Hedegaard: Es geht nicht so voran, wie Europa sich das wünschen würde. Darüber zu jammern, wäre das Einfachste. Was aber würde diesen Prozess ersetzen? Es gibt kein anderes Forum, das mehr erreichen könnte. Andererseits könnten wir auch sagen: Fein, China tut einiges, Korea, Europa auch – und selbst in den USA passiert etwas. Warum also nicht von unten nach oben?

OÖN: Ja, warum nicht?

Hedegaard: Erstens würde man mit mehr als 100 verschiedenen Systemen rechnen müssen. Warum kommen so viele Wirtschaftsvertreter nach Durban? Weil sie sehr wohl die Vorteile in einem globalen Regelwerk sehen. Das Zweite ist das Tempo. Es hilft, sich Ziele zu setzen, es hilft, wenn man anderen verpflichtet ist. Glauben Sie, dass wir sonst während der Schuldenkrise unsere Bemühungen fortgesetzt hätten, verstärkt erneuerbare Energien zu fördern?

OÖN: Aber Österreich hat sich auch internationalen Klimazielen verpflichtet und ist nach wie vor weit davon entfernt.

Hedegaard: Österreich ist eines von nur drei Ländern, die bisher in der EU nicht in der Spur sind. Wir haben 24 Mitgliedsstaaten, die gut auf dem Weg sind. Die Staats- und Regierungschefs sagten in Kopenhagen, sie möchten die Klimaerwärmung unter zwei Grad stabilisieren. Aber die Welt ist weit davon entfernt, das auch umzusetzen. Die Welt sagte A, aber sie hat bisher nicht B gesagt.

OÖN: Wie stark wächst aufgrund der Wirtschaftskrise der Druck der Wirtschaft, eine weniger ambitionierte Klimapolitik zu betreiben?

Hedegaard: Natürlich gibt es jede Menge Lobbyismus hier in Brüssel. Aber eine der großen Veränderungen ist, dass die Unternehmer das Thema viel dynamischer angehen. Die Wirtschaft sieht, dass sie damit Energieeffizienz erhöhen und Kosten sparen kann. Es ist ein Geschäft.

OÖN: Reicht es wirklich, wenn Sie die großen Industriebetriebe an Bord bekommen?

Hedegaard: Die große Herausforderung liegt in den vielen Klein- und Mittelbetrieben. Unternehmer mit 50 bis 100 Mitarbeitern stehen oft vor der Frage, wie sie überhaupt mit Energieeffizienzprogrammen starten können. Die Klein- und Mittelbetriebe geben in der EU jährlich 300 Milliarden Euro für Energie aus. Wenn wir ihnen helfen, 10 Prozent zu sparen, sind das 30 Milliarden.

OÖN: Gerade Europa kämpft mit einer grundlegenden Existenzkrise des Wirtschafts- und Währungssystems. Wird dadurch der Klimaschutz nicht völlig an den Rand gedrängt?

Hedegaard: Die Welt hat sich geändert. Im August 2008, bevor die Investmentbank Lehman pleiteging, kostete ein Barrel Öl 148 Dollar. Wenn sich das fortgesetzt hätte, bin ich mir absolut sicher, dass die Klimapolitik an der Spitze der Agenda geblieben wäre. Klimaschutz ist jetzt natürlich nicht „das“ Hauptanliegen der Politik. Aber wir haben in Europa eine Roadmap für eine Wirtschaft erarbeitet, die nicht mehr so stark von fossilen Energieträgern abhängig ist. Wir haben Klimawandel, Energieeffizienz und Energiesicherheit verknüpft, um weniger von Öl und Gas abhängig zu sein – als Motor für neue Jobs, Innovation und Wachstum. Mindestens 20 Prozent des EU-Budgets, so sehen es Pläne der Kommission für den Finanzrahmen bis 2020 vor, müssen an Maßnahmen gebunden sein, um unsere Klimaziele zu erreichen.

OÖN: Was ist, wenn die Klimakonferenz in Durban wieder ein kompletter Reinfall wird?

Hedegaard: Dann haben wir eine ernste Situation. Denn wir zwingen immer mehr Investitionen in eine Struktur, die sich die Welt nicht leisten kann.

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26. April 2024