Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

Schüsse in Halle: "Das war Terror"

Von nachrichten.at/apa   10.Oktober 2019

Der mutmaßliche Rechtsextremist Stephan B. hatte am Mittwoch nahe der Synagoge in Halle einen Mann und eine Frau erschossen. Zudem versuchte er offenbar, in das wegen des höchsten jüdischen Feiertags Jom Kippur voll besetzte Gotteshaus einzudringen. Er wurde später auf der Flucht festgenommen. Die Polizei geht von einem antisemitischen Motiv aus.

Alle neuen Entwicklungen und Ermittlungsstände lesen Sie hier im Artikel nach.

Schüsse in Halle: Mutmaßlicher Täter verbreitete offenbar Tatvideo

Der mutmaßliche Täter der Angriffe in Halle hat seine Tat am Mittwoch offenbar mit einer Helmkamera mitgefilmt, im Internet verbreitet und kommentiert. In dem am Mittwoch verbreiteten Video ist zu sehen, wie offensichtlich in der Innenstadt von Halle geschossen wird. Unter anderem zeigt das Video, wie in einem Döner-Imbiss mehrfach auf einen Mann geschossen wird, der hinter einem Kühlschrank liegt.

Die Aufnahmen stammen wohl von einer an einem Helm befestigten Kamera. Zu Beginn des Videos ist zu sehen, wie der mutmaßliche Täter in Kampfanzug mit Waffen in einem Auto sitzt. Der Mann gibt in schlechtem Englisch extrem antisemitische Äußerungen von sich.

Bis zum Abend gab es keine Bestätigung der Behörden dafür, dass es sich bei dem Mann im Video um den Attentäter handelt. Zu sehen ist ein junger Mann mit kahlem Schädel in Kampfmontur. Er trägt ein weißes Halstuch. Ein solches Halstuch hatte auch der vermummte Täter getragen, der auf Aufnahmen von den Tatorten zu sehen war.

Das Video dokumentiert allem Anschein nach den Ablauf der Angriffe in Halle aus Sicht des Attentäters. Eine Version des Videos war auf der Streaming-Plattform Twitch zu sehen, wurde dort allerdings gleich wieder gelöscht.

In den Aufnahmen ist zu sehen, wie der Filmende vergeblich versucht, in die Synagoge an der Humboldtstraße zu gelangen. Die Tür bleibt allerdings verschlossen. Daraufhin schießt der Täter auf der Straße einer Passantin mehrfach in den Rücken, die ihn zuvor angesprochen hatte. Die Frau bleibt leblos neben dem Fahrzeug des Täters liegen. Es ist auch zu sehen, wie der Mann in Kampfmontur auf der Straße auf einen Mann zielt, seine Waffe hat aber wohl Ladehemmung. Das Opfer, vermutlich ein Kurierfahrer, kann unverletzt entkommen. "Pech", sagt die Stimme des Filmenden.

Der mutmaßliche Täter fährt danach mit einem Auto durch die Stadt. Er sagt immer wieder auf Englisch, dass er ein "Loser" (Verlierer) sei. Bei einem Döner-Imbiss in der Ludwig-Wucherer-Straße ("Kiez-Döner") steigt der Mann aus, geht in den Laden und schießt mehrfach auf ein Opfer. Anschließend schießt der Mann - so zeigt es das Video - auf eine Polizeistreife, die sich ihm in den Weg stellt. Der Mann berichtet an seine mutmaßlichen Livestream-Zuschauer, dass er am Hals angeschossen worden sei.

Das insgesamt knapp 36 Minuten lange Video liegt dpa vor. Es hat den Anschein, dass der Täter während der Tat per Livestream mit Personen kommuniziert.

Seehofer: Anhaltspunkte für Rechtsextremismus

Der Angriff hat nach Angaben von Deutschlands Innenminister Horst Seehofer (CSU) offenbar einen rechtsextremistischen Hintergrund. Nach Einschätzung des Generalbundesanwalts "gibt es ausreichende Anhaltspunkte für einen möglichen rechtsextremistischen Hintergrund", erklärte Seehofer am Mittwochabend.

Seehofer bestätigte, dass bei der Attacke in Halle zwei Menschen getötet und mehrere Menschen verletzt wurden. "Nach dem derzeitigen Stand der Erkenntnisse müssen wir davon ausgehen, dass es sich zumindest um einen antisemitischen Angriff handelt", sagte Innenminister Seehofer (CSU). In Halle an der Saale in Sachsen-Anhalt waren am Mittag nahe einer Synagoge ein Mann und eine Frau erschossen worden.

Sicherheitskreise vermuten Einzeltäter

Nach Informationen aus Sicherheitskreisen deutet alles auf einen Einzeltäter hin. Demnach soll es sich den Angaben zufolge um den gefassten Mann handeln, über dessen Festnahme die Polizei bereits am Nachmittag informiert hatte. Zunächst waren die Ermittler von mehreren Angreifern ausgegangen.

Täter legte Sprengsätze vor Synagoge

Bei dem Angriff in der ostdeutschen Stadt Halle hat ein Täter auch selbstgebastelte Sprengsätze vor der Synagoge abgelegt. Der Täter habe versucht, in die Synagoge einzudringen, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Mittwoch aus Sicherheitskreisen. In Halle an der Saale im Bundesland Sachsen-Anhalt waren am Mittag nahe einer Synagoge ein Mann und eine Frau erschossen worden. Auch auf die Tür der Synagoge wurde gefeuert. Die Polizei ging von mehreren Tätern aus, die nach der Tat mit einem Auto geflüchtet sein sollen. Ein Verdächtiger wurde festgenommen. Die deutsche Bundesanwaltschaft ermittelt.

Polizei durchsucht Häuser in Landsberg

Polizisten haben Mittwoch-Abend im etwa 15 Kilometer entfernten Landsberg (Saalekreis) mehrere Häuser durchsucht. Mit Maschinenpistolen in den Händen gingen sie durch die Straßen des Ortsteils Wiedersdorf. Anrainer durften ihre Häuser nicht betreten.

Ihm sei gesagt worden, die Polizisten würden Grundstück für Grundstück durchsuchen, sagte ein 51-Jähriger einem dpa-Reporter vor Ort. Über eine WhatsApp-Gruppe hielten die Einwohner Kontakt, schilderte der Mann. Die Bewohner seien in Angst. Mehrere Mannschaftswagen der Polizei, darunter auch Fahrzeuge aus Sachsen, waren im Einsatz. Die Zufahrt zu dem Ort östlich von Halle war abgesperrt.

In Wiedersdorf waren ebenfalls Schüsse gefallen, wie eine Sprecherin der Polizei Halle der dpa bestätigte. Zu den näheren Umständen des Vorfalls wollte sie zunächst nichts sagen. Angaben zu den Hintergründen machte die Polizei nicht. Sie verwies auf die Zuständigkeit der deutschen Bundesanwaltschaft in Karlsruhe, die die Ermittlungen übernommen hat.

Am Mittwochnachmittag gegen 16.00 Uhr landetet auf einem Feld bei Wiedersdorf nach Angaben eines dpa-Reporters zudem ein Hubschrauber der Bundespolizei. Angaben zu den Hintergründen machte die Polizei nicht. Sie verwies auf die Zuständigkeit der deutschen Bundesanwaltschaft in Karlsruhe.

Offenbar Bekennervideo aufgetaucht

Der mutmaßliche Täter der Angriffe soll in den sozialen Netzwerken ein Bekennervideo hochgeladen haben. In dem am Mittwoch verbreiteten Video ist zu sehen, wie offensichtlich in der Innenstadt von Halle geschossen wird. Unter anderem zeigt das Video, wie in einem Döner-Imbiss auf einen Mann geschossen wird.

Die Aufnahmen stammen wohl von einer an einem Helm befestigten Kamera. Außerdem ist zu sehen, wie ein junger Mann in Kampfanzug mit weißem Halstuch in einem Auto sitzt. Der Mann gibt in vermutlich nicht muttersprachlichem Englisch extrem antisemitische Äußerungen von sich. In dem Video sind auch Szenen am jüdischen Friedhof von Halle zu sehen.

Zwei Schwerstverletzte außer Lebensgefahr

Für die beiden Verletzten, die noch im Universitätsklinikum operiert worden sind, besteht derzeit keine akute Lebensgefahr. Das teilte Sprecher Jens Müller am Mittwochabend mit. Die Frau und der Mann hatten den Angaben nach schwerste Schussverletzungen. Die Operationen seien erfolgreich verlaufen. Nähere Angaben zur Identität und Nationalität der Patienten machte das Universitätsklinikum nicht.

Polizei: "Gefährdungslage nicht mehr akut"

Die Polizei hat die Warnungen für die Bevölkerung aufgehoben. "Die Gefährdungslage für die Bevölkerung wird mittlerweile nicht mehr als akut eingestuft", teilte die Polizei am Mittwoch über den Kurzbotschaftendienst Twitter mit. "Sie können wieder auf die Straße, die Warnungen sind aufgehoben." Die Polizei sei "weiter mit starken Kräften" im Einsatz.

Verstärkte Kontrollen an Bahnhöfen und Flughäfen

Die deutsche Bundespolizei verstärkt in Halle ihre Kontrollen an den Bahnhöfen und Flughäfen in Mitteldeutschland. Auch die Verkehrswege nach Polen und Tschechien werden verstärkt kontrolliert, wie die Bundespolizei am Mittwoch im Kurzbotschaftendienst Twitter mitteilte. Zudem werde die Polizei vor Ort in Halle unterstützt. Die Polizei ging von mehreren Tätern aus, die nach der Tat mit einem Auto geflüchtet sein sollen. Ein Verdächtiger wurde festgenommen. Die Bundesanwaltschaft ermittelt.

Verstärkter Schutz auch in Wien

Auch in Wien sind die Sicherheitsmaßnahmen für jüdische Einrichtung seitens der Polizei nochmals verstärkt worden. Zwar sei der Objektschutz aufgrund des jüdischen Feiertages Yom Kippur ohnehin stärker, aufgrund der unsicheren Lage in Deutschland seien nun aber auch Beamte der Sondereinheit Wega hinzugezogen worden. Seitens der Polizei betonte man aber, dass es keine konkrete Gefährdungslage gebe. Die Verstärkung sei eine reine Sicherheitsmaßnahme.

Kurz: "Jüdische Gemeinden bestmöglich schützen"

ÖVP-Chef Sebastian Kurz hat nach den Schüssen vor einer Synagoge in Halle dazu aufgerufen, "alles in unser Macht stehende zu tun, um jüdische Gemeinden bestmöglich zu schützen." Via Kurznachrichtendienst Twitter forderte Kurz zudem "Null Toleranz für #Antisemitismus!". Die Nachrichten aus Halle seien "erschütternd". Er sei "in Gedanken bei den Angehörigen der Opfer" und hoffe, "die Polizei fasst den/die Täter schnell", ließ der ÖVP-Vorsitzende auf Twitter wissen.

Stadt spricht von einer "Amoklage"

Schwer bewaffnete Täter haben mitten in der deutschen Stadt Halle an der Saale zwei Menschen erschossen. Die Stadt Halle sprach am Mittwoch von einer "Amoklage". Die jüdische Gemeinde berichtete, der Täter habe versucht, das Tor der zum jüdischen Feiertag Jom Kippur voll besetzten Synagoge aufzuschießen. Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Halle, Max Privorotzki, sagte dem "Spiegel" weiter, die Sicherungsvorkehrungen am Eingang hätten "dem Angriff standgehalten".

Ein Todesopfer lag gegenüber einer Synagoge, über das zweite gab es noch keine gesicherten Informationen. Ein Täter soll aber in einen nahe gelegenen Döner-Imbiss geschossen haben, wie mehrere Augenzeugen berichteten. Die Gegend um das Lokal - etwa 600 Meter entfernt von der Synagoge - war abgesperrt. Die Stadt rief die Menschen überall in Halle dazu auf, in Sicherheit in Gebäuden zu bleiben.

"Synagoge wurde direkt angegriffen"

Ein schwer bewaffneter Täter hat nach Angaben des Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Halle, Max Privorozki, die Synagoge direkt angegriffen. "Wir haben über die Kamera unserer Synagoge gesehen, dass ein schwer bewaffneter Täter mit Stahlhelm und Gewehr versucht hat, unsere Türen aufzuschießen", sagte Privorozki der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten". "Aber unsere Türen haben gehalten." Außerdem hätten der oder die Täter versucht, das Tor des benachbarten jüdischen Friedhofs aufzuschießen, sagte Privorozki. In der Synagoge habe die Gemeinde den höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur gefeiert. Die Menschen seien geschockt gewesen. Vor der Tür habe ein Todesopfer des Angreifers gelegen. "Wir haben die Türen von innen verbarrikadiert und auf die Polizei gewartet."

Weitere Schüsse und angebliche Explosion auf jüdischem Friedhof

Augenzeugen berichteten von einem Täter, der einen Kampfanzug getragen haben soll. Demnach soll es auch eine Explosion auf einem Friedhof gegeben haben. Ein deutsches Online-Medium berichtet, eine Handgranate sei auf den jüdischen Friedhof geworfen worden. Auch in Landsberg, rund 15 Kilometer östlich von Halle, gab es Schüsse, bestätigte eine Polizeisprecherin in Halle. Menschen sollen auch hier Gebäude und Wohnungen nicht verlassen, hieß es.

Im nahe gelegenen Leipzig verstärkte die Polizei ihre Kräfte vor der Synagoge. Auch vor der Synagoge in Dresden wurde nach Angaben der Polizei der Schutz erhöht. In anderen deutschen Städten wurde der Schutz entsprechend verstärkt. Der Bahnhof von Halle wurde wegen polizeilicher Ermittlungen gesperrt. Das teilte die Deutsche Bahn über Twitter mit. Es komme zu Verspätungen.

Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin, die deutsche Regierung hoffe, dass der Täter oder die Täter schnell gefasst würden. Die Gedanken gingen "an die Freunde und die Familien der Todesopfer", sagte er.

Medien zeigen angeblichen Täter

Am Nachmittag haben Medien Bilder des angeblichen Täters veröffentlicht. Die "Mitteldeutsche Zeitung" zeigte am Mittwoch ein Foto, auf dem ein dunkel gekleideter Mann mit Helm und Stiefeln zu sehen ist, der ein Gewehr im Anschlag hat. Der Sender MDR zeigte ein Video, auf dem womöglich derselbe Mann aus einem Auto aussteigt und mehrfach seine Waffe abfeuert.

Die Polizei forderte die Menschen in Halle und im östlich davon gelegenen Landsberg auf, in ihren Wohnungen zu bleiben oder sichere Orte aufzusuchen. Das Lagezentrum der Landesregierung warnte zuvor vor einem "Schusswaffengebrauch im Bereich Landsberg".

Der Bürgermeister von Halle, Bernd Wiegand, ließ nach den tödlichen Schüssen in der Stadt einen Stab für Außergewöhnliche Ereignisse einberufen. Wiegand sprach am Mittwoch in einer Mitteilung von einer "Amoklage". Alle Rettungskräfte der Feuerwehr seien in Alarmbereitschaft versetzt worden.

Video: Ein bewaffneter Täter soll noch auf der Flucht sein.

Yom Kippur: Jüdischer Versöhnungstag

Yom Kippur ist der höchste Festtag im Judentum. Der "Tag der Sühne" steht ganz im Zeichen von Umkehr und Versöhnung: Jüdische Gläubige sollen beten, fasten und Almosen geben - als Ausdruck von Reue und Sorge um ihre Mitmenschen. Auf ein Festmahl mit der Familie folgt mit dem Sonnenuntergang ein etwa 25 Stunden langes Fasten. Der Feiertag beginnt mit einem gemeinsamen Gebet in der Synagoge. Festliche weiße Kleidung soll Reinheit symbolisieren, aber auch an weiße Totengewänder erinnern. In Israel wird zu Yom Kippur auch der Opfer des Krieges von 1973 gedacht, als Ägypten und Syrien das Land angegriffen hatten.

Netanyahu: "Ausdruck für Antisemitismus in Europa"

Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu hat den Angriff als einen "weiteren Ausdruck für Antisemitismus in Europa" bezeichnet. Die Attacke habe am jüdischen Nationalfeiertag Yom Kippur stattgefunden und damit am "heiligsten Tag für unser Volk", sagte er in einer Mitteilung seines Büros am Mittwoch. "Ich fordere die Behörden in Deutschland auf, weiterhin entschlossen gegen das Phänomen des Antisemitismus vorzugehen", fügte der Premierminister hinzu. "Im Namen des Volkes von Israel spreche ich den Familien der Opfer mein Beileid aus und wünsche den Verletzten eine rasche Genesung", schrieb Netanyahu ferner.

 

Merkel sprach Angehörigen ihr tiefstes Beileid aus

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den Angehörigen der Opfer von Halle ihr "tiefstes Beileid" ausgedrückt. Die Kanzlerin habe sich von Innenminister Horst Seehofer (CSU) und Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) "über die Lage nach dem Anschlag in Halle informieren lassen", teilte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch über Twitter mit. "Unsere Solidarität gilt allen Jüdinnen und Juden am Feiertag Jom Kippur, unser Dank den Sicherheitskräften, die noch im Einsatz sind", schrieb Seibert auf dem Kurzbotschaftendienst weiter.

UN-Generalsekretär verurteilte Vorfall scharf

UN-Generalsekretär António Guterres hat den Vorfall mit tödlichen Schüssen in Halle scharf verurteilt. Guterres bewerte den Vorfall als "eine weitere tragische Demonstration von Antisemitismus", teilte ein UN-Sprecher am Mittwoch in New York mit. Den Familien der Opfer, der deutschen Regierung und den Menschen in Deutschland sprach Guterres sein "tiefstes Beileid" aus. Den Verletzten wünschte er eine rasche Genesung.

copyright  2024
28. März 2024