Verzweifelter Kampf gegen die Uhr bei klirrender Kälte
ISTANBUL. Bei einem Erdbeben in der Türkei starben 35 Menschen, die Einsatzkräfte suchen seit Samstag fieberhaft nach Überlebenden.
Nach dem schweren Erdbeben sinkt die Hoffnung, noch Überlebende zu finden, von Stunde zu Stunde – nicht zuletzt aufgrund der eisigen Kälte in der betroffenen Region. Allein in der am stärksten betroffenen Stadt Elazig suchten gestern noch 4000 Rettungskräfte in den Trümmerhaufen nach Eingeschlossenen. Bis Sonntag konnten nach Behördenangaben 45 Menschen lebend aus den Trümmern befreit werden. In der gesamten Region wurden allerdings noch 14 Menschen vermisst, berichtete der Sender NTV.
Bis gestern wurden insgesamt 35 Leichen in der am stärksten betroffenen Provinz Elazig und der Nachbarprovinz Malatya geborgen. Mehr als 1600 Menschen wurden bei dem Beben in der Nacht auf Samstag verletzt. Zentrum des Bebens der Stärke 6,8 war die 4000-Einwohner-Gemeinde Sivrice südlich der Stadt Elazig. Auch in weiten Teilen der Osttürkei nahe der Grenzen zum Irak und zu Syrien waren die Erschütterungen zu spüren.
In Elazig trugen Retter gestern mit technischem Gerät und Eimern vorsichtig die Trümmer ab, immer darauf bedacht, weitere Einstürze zu verhindern. Ein Spürhund nahm die Fährte nach weiteren Verschütteten auf.
In der Nähe warteten mehrere dutzend Einwohner nervös auf Neuigkeiten vermisster Familienmitglieder. Eine Mitarbeiterin des Roten Halbmondes versuchte inzwischen eine Frau, deren Cousine vermisst wurde, zu beruhigen: "Wir tun, was wir können."
Auch der 58-jährige Ladenbesitzer Hasan Duran verfolgte die Rettungsaktionen: "Wenn es Sommer wäre, könnten die Menschen ein bisschen länger durchhalten. Aber bei minus zehn Grad ist das schwer vorstellbar. Sogar wir zu Hause frieren", sagte er. Er habe noch nie so große Angst gehabt wie während des Bebens, sagte er. "Das Gebäude schaukelte wie eine Wiege. Ich habe schon mehrere Erdbeben erlebt, aber noch nie etwas Vergleichbares."
80 Gebäude eingestürzt
In den Provinzen Elazig und Malatya stürzten insgesamt 80 Gebäude ein, weitere 650 wurden schwer beschädigt. Viele Bewohner trauten sich am Sonntag aus Angst vor Nachbeben noch nicht in ihre Häuser zurück. Seit Samstag wurden 714 Nachbeben registriert. Nach Behördenangaben wurden mehr als 15.000 Menschen in Turnhallen und Schulen untergebracht und mehr als 5000 Zelte aufgebaut.
In der Türkei gibt es immer wieder schwere Erdbeben, da das Land auf mehreren seismischen Platten liegt. Im August 1999 waren bei einem Erdbeben der Stärke 7,4 in Istanbul und anderen Regionen mehr als 17.000 Menschen ums Leben gekommen. Das letzte größere Beben ereignete sich 2011 in der Provinz Van. Es erreichte eine Stärke von 7,1, mehr als 600 Menschen starben.