Tschechiens Supermärkte müssen abgelaufene Lebensmittel spenden
PRAG. Seit rund einem Jahr müssen große Supermärkte in Tschechien Waren, die sie nicht mehr verkaufen wollen oder können, Hilfsorganisationen kostenlos zur Verfügung stellen.
So will es ein Gesetz, das für Geschäfte mit einer Verkaufsfläche von mehr als 400 Quadratmetern gilt. Lange war befürchtet worden, dass das tschechische Verfassungsgericht die Abgabepflicht wieder kippen könnte.
Nun herrschte im neuen nationalen Logistikzentrum der tschechischen Lebensmittelbanken reger Betrieb. Die meisten der Lebensmittel in der Halle in Modletice bei Prag sind abgelaufen, kurz vor dem Ablaufdatum oder stammen aus Überproduktion. "Wenn Sie zu Hause Spaghetti haben, die das Mindesthaltbarkeitsdatum erreicht haben, dann werfen Sie die Packung ja auch nicht weg, wenn sie noch gut ist", sagte Veronika Lachova, die Leiterin der Föderation tschechischer Lebensmittelbanken. Die abgelaufenen Waren werden bei den Supermärkten eingesammelt, um sie dann zu prüfen, einzulagern, zu sortieren und weiterzuverteilen.
Seitdem die neue Abgabepflicht in Kraft sei, habe sich der Warenumlauf mehr als verdoppelt, berichtete Lachova. Im vorigen Jahr verteilte ihre Organisation rund 4.000 Tonnen Lebensmittel im Wert von mehr als neun Millionen Euro an 700 Partnerorganisationen. "Das Spektrum reicht über alle Altersklassen", sagte Lachova. Von der Hilfe profitierten mehr als 100.000 Menschen etwa in Alters-, Kinder- und Behindertenheimen, Mütter- und Familienzentren sowie Unterkünften für Veteranen.
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Dabei wurde lange befürchtet, dass das tschechische Verfassungsgericht die Abgabepflicht wieder kippen könnte. Gegen die Regelung hatten 25 Senatsabgeordnete geklagt, die darin einen unzulässigen Eingriff in die Eigentumsrechte und eine Rückkehr zu kommunistischen Praktiken der Enteignung sahen. Doch Anfang Jänner stellten sich die Verfassungshüter auf die Seite der Bedürftigen. Sie stützten ihr Urteil auf die tschechische Grundrechte-Charta von 1993, in der es heißt, dass "Eigentum verpflichtet".
Bei Verstößen gegen das neue Gesetz drohen Geldstrafen von bis zu umgerechnet 390.000 Euro. Auch in Frankreich dürfen Händler nach einem im Februar 2016 beschlossenen Gesetz unverkaufte Nahrungsmittel nicht mehr einfach wegschmeißen.
Veronika Lachova will in ihrem Büro bei Prag den Nutzen des neuen Gesetzes nicht überbewerten. "Diejenigen, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes nicht spenden wollten, spenden im Grunde auch weiterhin nicht", sagte sie. Die Regelung ließe sich sehr leicht umgehen - wie, will sie lieber nicht verraten. Doch zu den meisten Supermarkt- und Discounterketten in Tschechien pflegt sie ohnehin gute Beziehungen.
Um nicht allein von den Resten der Supermärkte abhängig zu sein, veranstalten die Lebensmittelbanken in Tschechien regelmäßig eine Sammlung. Freiwillige stehen dann an den Ausgängen von mehr als 600 Einzelhandelsgeschäften, um Sachspenden entgegenzunehmen. Anfang November kamen auf diese Weise 280 Tonnen Lebensmittel und 41 Tonnen Drogerieartikel für einen guten Zweck zusammen. Denn auch, wenn die Wirtschaft boomt: Fast eine Million Tschechen leben laut der Statistikbehörde CSU dennoch unter der Armutsgrenze.
in Frankreich längst eingeführt.
25 Senatsabgeordnete hatten geklagt! Für das Recht Lebensmittel weg werfen zu dürfen, Wahnsinn!
Schön, dass es doch anders ausgegangen ist, sollte bei uns auch verpflichend werden
Wird ja bei uns auch schon praktiziert, der SOMA (Sozialmarkt) bekommt Ware von Billa und Spar geschenkt.
ich sehe hier auch nur Vorteile
Zum Angebot der OÖN, nachdem man an der Abstimmung teilgenommen hat: Es wäre gut, die Alternativen anklicken zu können ob "print" oder/und "online". Begründung: Wer die OÖN-PRINTAUSGABE hat, braucht sie ja nicht noch einmal...
Das ist bei uns - aktuell zumindest - rechtlich sehr heikel.
Das Haltbarkeitsdatum ist keine Spaßangabe, und auch wenn viele Waren darüber hinaus noch unbedenklich sind, haftet man bei der Weitergabe sowohl rechtlich als auch mit dem guten Ruf.
Ob man bei uns auch diese Hürden meistert, obwohl offensichtlich das Recht nicht der Politik oder den Bürgern folgen und damit angepasst werden darf?
Das Haltbarkeitsdatum oder das MINDESThaltbarkeitsdatum?
Es gibt da irgend eine Firma in Deutschland, habe vergessen welche,
die machen alle Jahre eine Verkostung von Konserven.
Ja, klar, wer ist schon ohne Not Konserven, dennoch:
Es stellt sich heraus, dass in Blechdosen konservierte Lebensmittel, 60 bis 70 (!!!) Jahre später noch essbar sind.
Von Frischfisch reden wir hier eh nicht...
Klar, dass es ein Mindesthaltbarkeitsdatum ist, aber auch das ist nur statistisch ausgelegt. Speziell bei Problemen in der Kühlkette können auch davor Waren bereits verdorben sein, dann ist der Verkäufer verantwortlich, danach der Käufer.
"Das ist bei uns - aktuell zumindest - rechtlich sehr heikel.
Das Haltbarkeitsdatum ist keine Spaßangabe, und auch wenn viele Waren darüber hinaus noch unbedenklich sind, haftet man bei der Weitergabe sowohl rechtlich als auch mit dem guten Ruf."
Genauso ist es. Ich arbeite nun schon etliche Jahre in einem Sozialmarkt mit, bei der Gründung haben sie sich juristisch beraten lassen und unsere Chefin achtet ganz genau darauf, dass keine abgelaufene Ware in den Verkaufsraum kommt.
"Ob man bei uns auch diese Hürden meistert, obwohl offensichtlich das Recht nicht der Politik oder den Bürgern folgen und damit angepasst werden darf?"
Hm.... Da warad mir extrig nichts bekannt, dass der Herr Innenminister die Bürger erwähnt hättat.
Politiker das Landes, schaut nach Norden.
Können wir das bitte bei uns auch machen?
Erst wenn es das Vorbild im Osten schon erlaubt hat.
Großartige Sache!