Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

Nach Erbgutanalyse: "Coronavirus ist durch natürliche Prozesse entstanden"

28.März 2020

Es ist erstaunlich, wie viele Menschen den (im Internet verbreiteten) Gerüchten glauben, wonach das Coronavirus künstlich erschaffen und unabsichtlich oder absichtlich freigesetzt worden sei. Demgegenüber berichten Wissenschafter im Fachjournal "Nature Medicine": "Unsere Analyse zeigt klar, dass es kein Konstrukt aus dem Labor oder absichtlich verändertes Virus ist." Es habe seine Gefährlichkeit durch natürliche Prozesse in Tieren entwickelt, bevor es auf den Menschen übersprang, oder erst in zunächst sehr wenigen Patienten, erklärt Kristian Andersen von Scripps Research in La Jolla, Kalifornien (USA).

Scripps Research ist eine medizinische Forschungseinrichtung mit Schwerpunkt Biomedizin und Chemie und laut "Nature" weltweit unter den dreißig bedeutendsten Einrichtungen solcherart einzustufen. Es beherbergt 3000 Wissenschafter, Techniker, Doktoranden und Verwaltungsangestellte und ist eine private, nicht gewinnorientierte Organisation.

Spike-Proteine wie Enterhaken

Andersen und sein Team verglichen das SARS-CoV-2-Erbgut mit jenem von anderen Coronaviren-Stämmen und konzentrierten sich dabei auf aussagekräftige Merkmale wie die genetische Vorlage für nach außen ragende Eiweißstoffe in der Virushülle (Spike-Proteine), mit dem das Virus quasi die Außenwände von menschlichen oder tierischen Zellen wie ein Enterhaken packt und sie durchdringt. Der Aufbau der Spike-Proteine mache es dem Erreger leicht, an menschliche Zellen anzudocken, gleichzeitig sei er nicht so ideal, wie man es von einer im Labor entwickelten Biowaffe erwarten würde, so Andersen: "Das ist eine starke Evidenz dafür, dass SARS-CoV-2 kein Produkt absichtlicher Manipulation ist."

Ergebnisse von Analysen des Virus-Grundgerüsts gehen in die gleiche Richtung. Es unterscheidet sich deutlich von anderen bekannten Coronaviren bei Menschen und gleicht am ehesten dem Grundgerüst verwandter Viren in Fledermäusen und Schuppentieren. "Wenn irgendjemand versucht hätte, ein neues Coronavirus als Krankheitserreger zusammenzustellen, hätte er es wohl auf dem Grundgerüst eines bekannten Virus, das Krankheiten verursacht, aufgebaut", sagen die Forscher: Sie beziehen sich auf länger bekannte Coronaviren, die für den Menschen hochinfektiös, aber in den gesundheitlichen Auswirkungen harmlos sind. Ihr Fazit: "Dieses Virus ist durch natürliche Prozesse entstanden."

Welche das waren, ist nicht klar. Zwei Möglichkeiten kommen in Betracht. Erstens könnte es seine gefährlichen Eigenschaften (Pathogenität) durch die natürliche Auslese in Tieren entwickelt haben und dann auf Menschen übergesprungen sein. Das passierte bei den früheren Coronavirus-Ausbrüchen von Schleichkatzen (SARS) und Kamelen (MERS). Am ehesten käme SARS-CoV-2 von Fledermäusen, weil es einem Fledermaus-Coronavirus stark ähnelt. Da es keinen Nachweis für eine direkte Übertragung von Fledermäusen auf Menschen gibt, war wahrscheinlich ein anderes Tier als "Zwischenwirt" involviert, meinen die Forscher.

Als zweite Möglichkeit könnte das Virus noch vergleichsweise harmlos gewesen sein, als es von einem anderen Tier zum Menschen kam. Dann hätte es seine Gefährlichkeit erst in Menschen entwickelt. Schuppentier-Coronaviren haben teils sehr ähnliche Enterhaken-Strukturen, und sie könnten direkt oder über Zwischenwirte in Menschen gelangt sein. Das Spike-Protein bei SARS-CoV-2 hat aber noch eine andere gefährliche Eigenschaft, es kann nämlich menschliche Zellen gut aufbrechen, um anschließend einzudringen. Diese Eigenschaft hätte sich in diesem Szenario am ehesten im Menschen entwickelt und die Epidemie ausgelöst, weil das Virus sich dadurch viel besser unter den Menschen ausbreiten konnte. "Es ist aber schwer bis unmöglich zu wissen, welches der beiden Szenarien am ehesten zutrifft", so die Wissenschafter.

copyright  2024
19. April 2024