Menschenrechtsgerichtshof prüft Berlusconis Fall auf Fairness
STARSSBURG. Acht Jahre nach dem letztinstanzlichen Urteil, mit dem Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi wegen Steuerbetrugs zu vier Jahren Haft verurteilt worden ist, will der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) von der italienischen Regierung wissen, ob der TV-Tycoon einem fairen Prozess unterzogen worden ist.
Zehn Fragen richtete der Gerichtshof an die italienische Regierung, wie die Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera" am Montag berichtete. Das Gericht will von der Regierung unter anderem erfahren, ob ein unabhängiges Gericht Berlusconi verurteilt hat und ob er über genügend Zeit verfügte, um sich zu verteidigen. Das Gericht will außerdem ergründen, ob das Verfahren fair verlaufen sei. Die Regierung von Premier Mario Draghi hat bis zum 15. September für ihre Antworten Zeit.
Strafe in Sozialdienst umgewandelt
Der Milliardär war 2013 in dritter und letzter Instanz zu vier Jahren Haft wegen Steuerbetrugs verurteilt worden. Die Strafe wurde in ein Jahr Sozialdienst umgewandelt. Wegen der Verurteilung wurde Berlusconi aus dem Senat ausgeschlossen. In der Zwischenzeit hat der ehemalige Premierminister seine Strafe verbüßt und wurde 2019 wieder ins Europaparlament gewählt.
Berlusconis Anwälte hatten dem Gerichtshof eine Reihe von angeblichen Verletzungen der Rechte der Verteidigung aufgelistet. So solle es beim Prozess zu einer drastischen Kürzung der von der Verteidigung beantragten Zeugen gekommen sein. Ein Antrag Berlusconis auf Verlegung des Prozesses auf eine andere Stadt wurde abgelehnt. Außerdem seien einige Dokumente aus dem Ausland nicht ins Italienische übersetzt worden, behaupten die Verteidiger des Mailänder Großunternehmers.