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Hochwasserlage in Deutschland entspannt sich etwas

Von nachrichten.at/apa   19.Juli 2021

Von katastrophalen Zuständen sei man zum Glück noch entfernt, sagte ein Polizeisprecher. Die Zahl der Todesopfer wegen der verheerenden Überflutungen in Deutschland war am Wochenende auf fast 160 gestiegen. Anlass zur Hoffnung geben die Wetteraussichten.

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) sagte zum Wochenstart für die Nordhälfte "nur selten ein paar Tropfen" voraus. Auch in der Südhälfte sei es oft freundlich. Nur südlich der Donau sind laut Prognose nachmittags einzelne Gewitter möglich, örtlich allerdings auch mit Starkregen.

Video: Analyse: Schäden nach Flut in Deutschland

Im Tagesverlauf will Innenminister Horst Seehofer (CSU) die von der Flutkatastrophe und großen Zerstörungen besonders betroffenen Gebiete in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz besuchen. Seehofer will sich vor Ort ein Bild von der Arbeit des Technischen Hilfswerks (THW) machen. Es ist dem Innenministerium unterstellt. Die Organisation hat den Angaben zufolge 2.500 Helferinnen und Helfer in den Hochwassergebieten im Einsatz, um Menschen in Sicherheit zu bringen, Keller abzupumpen, die Stromversorgung sicherzustellen und Schuttberge abzutragen.

Seehofer reist ins Katastrophengebiet

Seehofer wird unter anderem an der Steinbachtalsperre in Euskirchen in NRW erwartet, wo ein Dammbruch zuletzt weiterhin nicht ausgeschlossen war. In der Früh wollten Experten nach Angaben des Kreises beraten, "wann der sichere Zustand der Talsperre erreicht wird und eine Rückkehr in die evakuierten Gebiete wieder möglich ist". Das Abpumpen laufe nach Plan, die Situation an der Talsperre sei "unverändert stabil, aber weiterhin nicht unkritisch". Bei einem Kontrollflug eines Hubschraubers der Bundespolizei seien keine Risse festgestellt worden, hieß es in der Früh seitens der Feuerwehr.

GERMANY-WEATHER-FLOODS

Gegen Mittag will Seehofer nach Bad Neuenahr-Ahrweiler (Rheinland-Pfalz) fahren, um ein Krankenhaus zu besuchen. Dort hat das THW eine Trinkwasseraufbereitungsanlage installiert. Wassermassen hatten die Leitungen im Umfeld der Klinik beschädigt. Der Minister ist nach Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ein weiterer Bundespolitiker, der in das Katastrophengebiet reist, um den Menschen dort seine Unterstützung zuzusichern.

Video: Aufräumarbeiten im Westen Deutschlands

Während des Hochwassers wurden in einer dramatischen Rettungsaktion zwei Schlauchbootfahrer aus der Donau bei Passau gerettet. Die Männer seien am Sonntagabend mit ihren Booten abgetrieben und gekentert, sagte ein Sprecher der Wasserpolizei am Montag früh. Nach Auskunft der Feuerwehr konnten sich die Männer an Treibholz festklammern. Es hatte sich am Ufer der unbewohnten Donau-Insel Soldatenau verfangen, die schon zu Österreich gehört.

Menschen hatten die Hilferufe der Schiffbrüchigen gehört und die Rettungskräfte alarmiert. Die Feuerwehr sei wegen des Hochwassers gerade in der Nähe gewesen und habe die beiden mit einem Boot rechtzeitig retten können. Nach Informationen der Rettungskräfte gehörten die Männer zu einer Gruppe von vier Leuten, die wohl in Plattling gestartet waren, jeder mit einem eigenen Schlauchboot. Wegen des Hochwassers eine dumme Idee, wie ein Polizeisprecher kommentierte. "Das ist lebensgefährlich."

Die Stadt Erftstadt (Nordrhein-Westfalen) informierte unterdessen, dass die mehr als 100 auf einer Bundesstraße vom Hochwasser eingeschlossen Fahrzeuge bis auf zwei Lastwagen geborgen seien. Dabei wurden keine Toten entdeckt. Auch im besonders stark von Unwettern getroffenen Berchtesgadener Land im Südosten Bayerns konnten die Menschen etwas aufatmen. "Die Nacht verlief ruhig", hieß es bei der Feuerwehr.

Die Bahnstrecke von Dresden (Sachsen) nach Prag (Tschechien) ist nach Bergungsarbeiten infolge heftiger Unwetter zumindest eingleisig wieder befahrbar. Im Laufe der Woche soll auch die Schifffahrt auf dem Rhein bei Speyer (Rheinland-Pfalz) und Karlsruhe (Baden-Württemberg) wieder freigegeben werden.

Keine völlige Entwarnung in Passau

Auch wenn die Aufräumarbeiten überall voranschreiten, geben die Behörden gerade in Städten wie Passau noch nicht völlige Entwarnung. In Erftstadt-Blessem besteht nach Einschätzung von Experten in der Nähe einer Abbruchkante weiterhin akute Lebensgefahr, wie Landrat Frank Rock nach einem Gespräch mit den Fachleuten vor Ort am Sonntag mitgeteilt hatte. Die Stabilität des Untergrunds in dem besonders betroffenen Stadtteil müsse weiterhin überprüft werden. In Blessem war durch die Fluten ein riesiger Krater entstanden, mindestens drei Wohnhäuser und ein Teil der historischen Burg stürzten ein.

Unterdessen forderte Wirtschaftsminister Peter Altmaier Aufklärung, ob der Katastrophenschutz ausreichend funktioniert habe. "Es muss, sobald wir die unmittelbare Hilfe geleistet haben, auch geschaut werden: Gibt es Dinge, die nicht gut gelaufen sind, gibt es Dinge, die schief gelaufen sind? Und dann muss korrigiert werden", sagte der CDU-Politiker am Sonntag im "Bild live"-Politiktalk "Die richtigen Fragen". "Es geht nicht um Schuldzuweisungen, es geht um Verbesserungen für die Zukunft."

"Warninfrastruktur hat geklappt" 

Der Leiter des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Armin Schuster, verteidigte den Katastrophenschutz gegen Kritik. "Unsere Warninfrastruktur hat geklappt im Bund", sagte er im ZDF-"heute journal". "Der Deutsche Wetterdienst hat relativ gut gewarnt." Das Problem sei, dass man oft eine halbe Stunde vorher noch nicht sagen könne, welchen Ort es mit welcher Regenmenge treffen werde. Über Warn-Apps seien 150 Meldungen verschickt worden. Wo die Menschen in den Hochwassergebieten durch Sirenen gewarnt worden seien und wo nicht, könne er im Moment nicht sagen.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte in der Sendung, man werde darüber nachzudenken haben, wie man Warnsysteme verbessern könne und wie man jene erreichen könne, die keine App hätten. Auch bei der Koordination der Katastrophenhilfe sei "wahrscheinlich noch einiges zu tun". Der Minister lehnte aber eine Zentralisierung des Katastrophenschutzes in Berlin ab.

FDP-Fraktionsvize Michael Theurer sieht schwere Versäumnisse beim Bevölkerungsschutz. "Die rechtzeitigen Warnungen der Meteorologen sind weder von den Behörden noch vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk hinreichend an die Bürgerinnen und Bürger kommuniziert worden", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "Es bietet sich das Bild eines erheblichen Systemversagens, für das der Bundesinnenminister Seehofer unmittelbar die persönliche Verantwortung trägt."

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte unterdessen mehr Anstrengungen beim Klimaschutz. "Wir brauchen schon einen Klima-Ruck in Deutschland", sagte er am Montag im ARD-"Morgenmagazin". Das Unwetter mit verheerenden Folgen vor allem in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, aber auch im Südosten Bayerns nannte er einen Weckruf.

Für Mittwoch kündigte Söder eine Regierungserklärung an. Dabei werde es nicht nur darum gehen, Ziele zu definieren, sondern das auch finanziell mit einem Klimaprogramm zu hinterlegen. Klimaschutz sei keine ideologische Frage, sondern eine Frage der Vernunft und der Ethik. Es gehe darum, die Heimat stärker zu schützen und zu überlegen, welche Welt man Kindern und Kindeskindern übergeben wolle.

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