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Erstes schwimmendes Atomkraftwerk vor dem Start

Von OÖN   13.August 2019

Am Hafen von Murmansk im Nordwesten Russlands liegt derzeit ein ungewöhnliches Schiff vor Anker: Die "Akademik Lomonossow", 144 Meter lang und 30 Meter breit, gestrichen in freundlichem Weiß mit hübschen roten und blauen Streifen. Nichts deutet darauf hin, dass dieses Schiff ein Atomkraftwerk ist, das "einzige schwimmende der Welt", wie der Erbauer, die staatliche russische Atomgesellschaft Rosatom, stolz verkündet. Noch in diesem Jahr soll es in Betrieb gehen. Dafür muss es aber, da es selbst keinen Antrieb hat, noch ein paar tausend Kilometer bis an seinen Zielort geschleppt werden: nach Pewek, den nördlichsten Hafen Russlands auf der spärlich besiedelten Halbinsel Tschukotka.

Die Stadt Pewek braucht dringend eine neue Energieversorgung, das bisherige Kraftwerk der Region ist veraltet und auf Permafrostboden gebaut, der auftaut. Das neue schwimmende AKW soll rund 70 Megawatt produzieren, die dann ins lokale Stromnetz eingespeist werden. Laut dem russischen Atomunternehmen Rosenergoatom, Teil der staatlichen Atombehörde Rosatom, kann damit eine Stadt mit etwa 100.000 Menschen versorgt werden.

Wenn die Plattform in Betrieb ist, wird sie auf der Welt einzigartig sein. Es ist ein Prestigeprojekt Russlands, das auch den technologischen Wagemut zeigen soll. "Ich fühle mich wie einer der ersten Kosmonauten im Weltall", sagte einer der Chefingenieure des AKW, Wladimir Irminku, zum "Guardian". Die Akademik Lomonossow dient noch einem anderen Zweck: Sie ist eine Art Ansichtsexemplar für potentielle Kunden aus Afrika und Südostasien. Das Interesse sei groß, heißt es aus Russland. Schwimmende Atomkraftwerke seien für alle Länder interessant, die viel Küste und zu wenig Energiequellen hätten.

Offizielle Angaben zu den Kosten gibt es nicht, geschätzt werden rund 300 Millionen Euro.

Doch Umweltschutzorganisationen laufen Sturm gegen das Projekt: Für die Kritiker steht die Plattform sinnbildlich für Gefahren für das zerbrechliche ökologische Gleichgewicht in der Arktis. Greenpeace spricht von einem " Tschernobyl auf dem Wasser", von einer "nuklear betriebenen ‚Titanic‘". Rosatom könne bei einem potenziellen Vorfall kaum rasch handeln, warnte Raschid Alimow von Greenpeace. "Allen muss klar sein, dass die Infrastruktur in dem abgelegenen Gebiet im Notfall fehlt."

Die Folgen für die Region wären im Fall eines Problems dramatisch. Andere Sorgen betreffen die Angreifbarkeit der Anlage selbst: Sie sei weniger gefeit vor Terrorangriffen, Uran könne in falsche Hände gelangen, meinten einige Politiker.

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