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Ein Attentäter kam mit der Bombe zum Frühstücksbuffet

Von OÖN   23.April 2019

Die verheerenden Anschläge auf Kirchen und Luxushotels am Ostersonntag in Sri Lanka haben weltweit Entsetzen ausgelöst. Alle Angriffe wurden von Selbstmordattentätern verübt.

 

Was genau ist passiert?

Binnen kurzer Zeit erschütterten am Morgen des Ostersonntags mächtige Explosionen drei Fünf-Sterne-Hotels sowie drei christliche Kirchen in Colombo, im nahe gelegenen Küstenort Negombo und in der Ostküstenstadt Batticaloa. Gegen 8.30 Uhr wurde das Hotel Cinnamon Grand getroffen, nach Angaben eines Mitarbeiters sprengte sich der Attentäter am Frühstücksbuffet im Hotelrestaurant in die Luft. Kurz darauf folgten Anschläge auf das Shangri-La und das Kingsbury, beide ebenfalls Luxushotels. Weitere Ziele waren Colombos historische Kirche St. Antonius, die Kirche St. Sebastian im Fischer- und Badeort Negombo sowie die Zionskirche in Batticaloa. Die Kirchen waren zu dem Zeitpunkt voll besetzt mit katholischen Gläubigen, die die Ostermesse feierten. Alle sechs Anschläge wurden von Selbstmordattentätern verübt. Stunden später erschütterten Explosionen in Vororten von Colombo zwei Gebäude, die von Polizisten gerade durchsucht wurden. Bei einer der Detonationen wurden drei Polizisten getötet. Am Abend wurde in der Nähe des Flughafens eine Rohrbombe entdeckt und entschärft.

 

Wer sind die Opfer?

Bis Montag stieg die Zahl der Todesopfer auf 290, mehr als 500 Menschen wurden verletzt. Viele der Opfer sind Katholiken – es waren die bisher schwersten Anschläge in Sri Lanka auf die Minderheit, die sieben Prozent der Bevölkerung ausmacht. Mindestens 37 der Opfer sind Ausländer. Nach Angaben der Regierung in Colombo waren unter ihnen drei Briten, zwei Türken, ein Portugiese und zwei Urlauber mit britischen und US-Ausweisen. US-Außenminister Mike Pompeo sprach von "mehreren" getöteten US-Bürgern. Den Anschlägen zum Opfer fielen zudem drei Dänen, ein Japaner, zwei Chinesen und mindestens fünf Inder, wie deren Regierungen bestätigten. Laut dem niederländischen Außenminister Stef Blok kam auch eine Niederländerin ums Leben – einem Zeitungsbericht zufolge handelt es sich um eine 54-jährige Frau.

 

Was weiß man über die Täter?

Bislang bekannte sich niemand zu den Anschlägen. Die Regierung von Sri Lanka machte eine einheimische Islamistengruppe verantwortlich. Hinter den Anschlägen stehe die Gruppe National Thowheeth Jama’ath (NTJ), sagte ein Regierungssprecher. Nach seinen Angaben glauben die Behörden aber nicht, dass eine kleine Organisation wie die NTJ allein derartig verheerende, koordinierte Angriffe verüben könne. Deshalb werde geprüft, ob die Gruppe "internationale Unterstützung" hatte, welche Verbindungen sie hatte und wie sie zu den Sprengsätzen für die Selbstmordattentate kam.

 

Gab es Warnungen?

In einem Schreiben an führende Sicherheitsvertreter hatte Sri Lankas Polizeichef Pujuth Jayasundara bereits am 11. April vor Plänen der NTJ gewarnt, Anschläge auf Kirchen und die indische Botschaft zu verüben. Er berief sich dabei auf einen "ausländischen Geheimdienst".

 

Wer ist NTJ?

Bisher ist über die Gruppierung nur wenig bekannt. Im vergangenen Jahr wurde sie verdächtigt, für die Beschädigung buddhistischer Statuen verantwortlich zu sein.

 

Welche Auswirkungen hat der Terror?

Zehn Jahre nach einem blutigen Bürgerkrieg mit tamilischen Rebellen ist die Sorge einer erneuten Eskalation zwischen den verschiedenen Volksgruppen und Religionen groß. Regierungschef Wickremesinghe rief die Menschen deshalb auf, "unsere Einheit als Srilanker zu wahren". Er versprach, "diese Bedrohung ein für alle Mal auszulöschen". Die Behörden verstärkten die Sicherheitsmaßnahmen – vor allem am Flughafen wurde scharf kontrolliert. Um Falschmeldungen zu verhindern, wurden Online-Netzwerke gesperrt.

 

Tropeninsel und religiös gespaltenes Land

Sri Lanka ist ein Inselstaat im Indischen Ozean. Die offizielle Hauptstadt mit dem Regierungssitz heißt Sri Jayewardenepura, de facto gilt aber Colombo als Hauptstadt. Das Land ist religiös gespalten.

Die Tropeninsel mit ihren laut Weltbank mehr als 21 Millionen Einwohnern ist mehrheitlich buddhistisch. Rund 12,6 Prozent der Bevölkerung sind Hindus, 9,7 Prozent Muslime und 7,4 Prozent Christen. Immer wieder kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der verschiedenen Religionsgemeinschaften.
Seit Ende des Bürgerkriegs im Mai 2009 wurden nach Angaben des deutschen Außenministeriums bis zum 21. April 2019 keine Terroranschläge mehr in Sri Lanka verübt. Militär und Polizei seien aber „weiterhin sichtbar präsent“, heißt es.

Bis zu 100.000 Kriegstote

Im Bürgerkrieg von 1983 bis 2009 kämpften die „Befreiungstiger von Tamil Eelam“ (LTTE) für einen unabhängigen tamilischen Staat im Norden der Insel. Die Tamilen sind zumeist Hindus. Die LTTE verübte im ganzen Land Selbstmordanschläge und sprengte Züge in die Luft. Die Armee bombardierte das Siedlungsgebiet der Tamilen. Schätzungen zufolge starben während des Bürgerkriegs an die 100.000 Menschen.

Die LTTE wurde unter anderem von der Europäischen Union als Terrororganisation eingestuft. Auch der staatlichen Armee werden Kriegsverbrechen vorgeworfen.

Heute ist die LTTE zerschlagen, doch der Konflikt schwelt weiter. Etliche Tamilen suchen noch nach Angehörigen, die nach 2009 in Internierungslager der Armee kamen und seitdem verschwunden sind. Menschenrechtsorganisationen berichten von bis heute anhaltenden Entführungen, Vergewaltigungen und Folter von Tamilen durch Sicherheitskräfte.

 

Reisewarnungen

Regierungen vieler Länder riefen Reisende zu besonderer Vorsicht auf. Vor allem die USA warnten, die Anschläge könnten weitergehen. Auch auf der Homepage des österreichischen Außenministeriums hieß es, es bestehe „ein hohes Sicherheitsrisiko von weiteren Anschlägen“. Die Reisekonzerne versicherten, mit Stornoanfragen kulant umzugehen. Thomas Cook und TUI lassen kostenlose Stornierungen für ganz Sri Lanka für alle Abreisen bis zum 23. April zu, hieß es. Zudem würden Rückreisewünsche vor Ort kulant behandelt.

 

Mode-Milliardär verliert drei Kinder

Der Familienurlaub wurde zur Tragödie: Die Anschläge in Sri Lanka haben die dänische Familie Holch Povlsen besonders grausam getroffen. Drei der vier Kinder von Anders und Anne Holch Povlsen starben am Ostersonntag bei den Selbstmordattentaten in Colombo. „Wir können das leider bestätigen“, sagte der Pressesprecher der Familie und bat um Respekt der Privatsphäre. Holch Povlsen gilt als reichster Mann Dänemarks. Der 46-Jährige ist Chef der Bestseller-Gruppe, zu der unter anderem die Modemarke Jack & Jones gehört.

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