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Wieder Rekordanstieg in Italien: 793 Coronavirus-Todesopfer an einem Tag

Von nachrichten.at/apa   21.März 2020

Während China den dritten Tag in Folge keine neuen Ansteckungen mit dem Coronavirus im Inland vermeldete, nimmt die Zahl der Infizierten weltweit zu. Knapp eine Milliarde Menschen rund um den Globus müssen wegen der Coronavirus-Pandemie das Wochenende laut Schätzungen in den eigenen vier Wänden verbringen. Frankreich, Italien, Spanien und andere Länder haben landesweite Ausgangssperren verhängt.

So viele Tote wie noch nie

Dramatisch bleibt die Lage in Italien, wo die Zahl der Coronavirus-Todesopfer und der Infizierten erneut rasant angestiegen ist. 793 Todesopfer wurden am Samstag in ganz Italien gemeldet - so viele wie nie zuvor binnen eines Tages. Die Bilanz der Todesopfer kletterte damit auf 4.825 Personen, teilte der Zivilschutz in Rom mit. Die Zahl der Infizierten stieg auf 42.681.

In der Lombardei, der von der Coronavirus-Epidemie am stärksten betroffenen italienischen Region, ist die Zahl der Todesopfer am Samstag um 546 Personen gestiegen. Damit kletterte die Zahl der dortigen Todesopfer seit Beginn der Epidemie am 20. Februar auf 3.095. Noch nie war die Zahl der Toten bisher an einem Tag in der norditalienischen Region so stark gewachsen.

"Ein langer Marathonlauf"

Wie der lombardische Gesundheitsbeauftragte Giulio Gallera in Mailand mitteilte, stieg die Zahl der Infizierten an einem Tag um 3.251 auf insgesamt 25.515 Personen. 8.258 Menschen liegen im Krankenhaus, 1.093 Personen befinden sich auf der Intensivstation.

Bergamo und Brescia sind die am stärksten betroffenen lombardischen Städte, gefolgt von Cremona. In der lombardischen Hauptstadt Mailand wurden 4.672 Infizierte gemeldet, 868 mehr als am Freitag. Mailands Bürgermeister Giuseppe Sala rief die Bürger zum Durchhalten auf. "Wir haben begriffen, dass dies ein langer Marathonlauf ist", sagte der Stadtchef. Im ganzen Land wurden am Samstag die Kontrollen verschärft, um Verstöße gegen die Quarantäne-Regeln zu vermeiden.

Bürgermeister für Shutdown

243 Bürgermeister von Gemeinden der Provinz Bergamo haben in einem Appell an Premier Giuseppe Conte für eine komplette Ausgangssperre in der Region Lombardei plädiert. "Jetzt ist die Zeit zum kompletten Stopp gekommen", hieß es im Appell, das auch vom Bürgermeister der Stadt Bergamo, Giorgio Gori, unterzeichnet wurde.

"Die Ergreifung neuer mutiger, restriktiver Maßnahmen ist der einzige Weg, um eine Tragödie zu stoppen, die angesichts der zunehmenden Zahl von Infektionsfällen kein Ende zu nehmen scheint", hieß es im Appell an Conte und an den lombardischen Präsidenten Attilio Fontana. Die Provinz Bergamo ist zusammen mit Brescia die am stärksten von der Epidemie betroffene Gegend Italiens.

"Wir sind am Ende unserer Kräfte"

Die Provinz Bergamo erlebe das Drama einer ganzen Generation von Männern und Frauen, die sterben, ohne, dass man sie auf würdevolle Weise bestatten könne. Die Bürgermeister forderten "zwingende Maßnahmen", um die Bevölkerung zur Einhaltung der Quarantäne zu bewegen. Zu viele Ausgangsmöglichkeiten seien noch erlaubt.

Die Bürgermeister erklärten sich darüber bewusst, dass eine komplette Ausgangssperre gravierende wirtschaftliche Folgen mit sich bringen würden. In der jetzigen Phase sei die Rettung von Menschenleben jedoch wichtiger als die Wirtschaft.

Auch die Ärztekammer der norditalienischen Regierung Piemont urgierte die Regierung zu weiteren restriktiven Maßnahmen. Ansonsten könne man eine weitere Verbreitung des Coronavirus nicht verhindern. "Wir sind am Ende unserer Kräfte. Es fehlen Betten auf den Intensivstationen. Einige Kollegen sind einfach verzweifelt", hieß es im Schreiben der Ärztekammer.

In Spanien steigt die Zahl der Coronavirus-Fälle weiter an. Fast 25.000 Infizierte meldete das Gesundheitsministerium am Samstag - 5000 mehr als am Vortag. Die Zahl der Toten kletterte um ein Drittel auf mehr als 1300. Besonders heftig betroffen ist die Region Madrid. Das Madrider Verkehrsministerium kündigte an, ab sofort auch Linienbusse zum Transport der Kranken einzusetzen. Auch im ebenfalls schwer mitgenommenen Iran stieg die Bilanz auf 1.556 Tote an. Aus Finnland oder Litauen wurden die ersten Toten im Zusammenhang mit Covid-19 gemeldet.

Auch in Großbritannien spitzt sich die Lage zu. Mediziner befürchten, dass die Situation noch verheerender als in Italien werden könnte. Das Coronavirus ist in allen Landesteilen des Vereinigten Königreichs aufgetaucht. Dass immer mehr Infizierte in die Kliniken geliefert werden, macht viele Experten nervös. Denn der staatliche Gesundheitsdienst NHS (National Health Service), der vor allem aus Steuermitteln finanziert wird, ist seit vielen Jahren chronisch unterfinanziert, überlastet und marode.

So stehen in Großbritannien gerade einmal 4000 Beatmungsgeräte für Erwachsene und 900 für Kinder zur Verfügung. Premierminister Boris Johnson hat nun sogar unter anderem bei Autobauern nachgefragt, ob sie solche Apparaturen herstellen könnten. Seit Freitagabend sind Pubs, Kinos, Restaurants und Kultureinrichtungen geschlossen.

In den USA wurden nach neuen Angaben der Johns Hopkins Universität mehr als 16.600 Infektionsfälle gezählt. Nach New York und Kalifornien verhängte auch der Bundesstaat Illinois drastische Maßnahmen im Kampf gegen das Virus.

Mehr jüngere Patienten in Deutschland

Auf den Intensivstationen auch in Deutschland werden immer öfter junge mit dem Coronavirus infizierte Patienten behandelt. Das habe sich in Italien gezeigt - und "das ist ein Bild, das sich auch in Deutschland ergibt", sagte der Chefarzt Clemens Wendtner von der Klinik für Infektiologie in der München Klinik Schwabing.

"Die jüngsten symptomatischen Covid-19-Patienten waren Anfang 20 Jahre alt. Insgesamt sehen wir das ganze demografische Altersspektrum, egal ob auf Normalstation oder Intensivstation." Wendtner hatte in der Schwabinger Klinik Ende Jänner bereits die ersten mit dem Sars-CoV-2-Virus infizierten Patienten in Deutschland behandelt. "Auch ein junger Patient ist nicht gefeit davor, einen schweren Verlauf zu haben", warnte der Mediziner. "Das soll wachrütteln, dass man sich an die Hygienevorschriften und Regelungen hält." Die Gefahr durch das neuartige Virus sei anfangs unterschätzt worden - von der Politik wie auch von der Wissenschaft, räumte der Mediziner ein.

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