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"Bringt sie an den Galgen"

Von Michael Wrase, 08. August 2020, 00:04 Uhr
"Bringt sie an den Galgen"
Der Blick eines Verwundeten auf die durch die Explosion total zerstörte Hafenregion. Bild: APA/AFP

BEIRUT. Nach der Katastrophe vom Dienstag kommt es in Beirut wieder zu gewalttätigen Protesten.

Sie wissen, dass sie die massiven Absperrungen im Zentrum Beiruts vermutlich nicht durchbrechen können, doch seit dem Oktober 2019 versuchen sie es immer wieder: Auch in der Nacht zum Freitag hatten sich Hunderte Libanesen in "Down-town" versammelt, um zum Amtssitz des Premierministers sowie zum Parlamentsgebäude vorzudringen. Denn dort sitzen für sie die Verantwortlichen für die verheerende Dauerkrise im Libanon, welche durch die Apokalypse im Beiruter Hafen noch dramatisch verschärft wurde.

Um ihre "Durchschlagskraft" beim Durchbrechen der mit Stacheldrahtrollen zusätzlich gesicherten Beton- und Containerbarrieren zu erhöhen, setzten die Demonstranten Eisenstangen, Bretter und Werbetafeln ein. Müllberge wurden in Brand gesetzt, um die Sicht der Sicherheitskräfte zu trüben. Diese feuerten Tränengasgranaten und Gummigeschosse ab. "Bringt sie an den Galgen", skandierten die überwiegend jungen Libanesen wütend.

Systemwechsel als Konsequenz

Die unfassbare Nachlässigkeit beim Umgang mit dem hochexplosiven Ammoniumnitrat, da ist sich die Bevölkerung einig, muss mit schwersten Strafen geahndet werden. Und da die Fehler bekanntlich im Regierungssystem aus Filz, Korruption und Vetternwirtschaft lägen, so die eigentlich logische Konsequenz, müsse eben ein Systemwechsel erfolgen.

"Bringt sie an den Galgen"
Kein Vorbeikommen für die Demonstranten. Bild: APA/AFP

Selbst Mitglieder der Regierung von Ministerpräsident Hassan Diab, die erst seit Anfang des Jahres im Amt sind, haben ihre diplomatische Zurückhaltung aufgegeben und reden Klartext. Er werde zurücktreten, wenn ein Untersuchungskomitee die Verantwortlichen für die Katastrophe nicht binnen fünf Tagen beim Namen nenne, drohte Innenminister Mohammed Fahmi. In dieser Angelegenheit könne es keine Kompromisse geben.

Justizministerin Marie-Claude Najim verlangte die Entsendung einer internationalen Untersuchungskommission nach Beirut. Anderenfalls werde auch sie zurücktreten. Nach diesem "unverzeihlichen Verbrechen", sagte Najim, hätten die Libanesen ein Recht auf die Wahrheit sowie die schwerstmögliche Bestrafung der Verantwortlichen.

Video: Sophie Roupetz (ORF) berichtet aus Beirut

"Niemand wird jetzt mehr immun sein, in welcher Position auch immer", twitterte die Ministerin, die vor ihrer Ernennung Professorin an der Fakultät für Rechts- und Politikwissenschaften der renommierten Université Saint-Joseph in Beirut war.

Ob sich andere Kabinettsmitglieder ihrer Forderung anschließen, ist fraglich. Die Angst des politischen Establishments ist groß, dass internationale Kommissionen etwas ans Tageslicht bringen könnten, was normalerweise "à la libanaise" verwässert oder unter den Tisch gekehrt würde. Beobachter in Beirut können sich nicht erinnern, dass zum "System" gehörende Politiker in den vergangenen Jahrzehnten für ihre Unfähigkeit, Bereicherungssucht oder unfassbaren Nachlässigkeiten zur Rechenschaft gezogen worden wären.

Waffenlager der Hisbollah?

Bei der Aufklärung der Explosionskatastrophe im Beiruter Hafen mit mindestens 154 Toten und rund 5000 Verletzten geht es jedoch um viel mehr: Schon jetzt gibt es Spekulationen und Gerüchte, wonach die Hisbollah im Beiruter Hafen Waffen gelagert haben soll. Gestreut, das gilt als sicher, wurden die Gerüchte von den politischen Gegnern der pro-iranischen Gruppe, die aus der Katastrophe jetzt politisches Kapital schlagen wollen.

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Autor
Michael Wrase
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