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Was der Erde Kühlung bringt

01.Oktober 2011

Nachdenken über großtechnische Maßnahmen im Kampf gegen die Erderwärmung hat Konjunktur. War das so- genannte „Geo-Engineering“ früher ein Randthema, reden heute alle darüber. Ingenieurarbeit auf globaler Ebene ist eine Möglichkeit, den Temperaturanstieg doch noch in Grenzen zu halten, so der Tenor beim Experten-Treffen des UN-Klimarates in der peruanischen Hauptstadt Lima.

Einige der von der Forschern angedachten Pläne: Nebelmaschinen auf Roboterschiffen sollen zusätzliche Wolken über den Ozeanen bilden, um mehr Sonnenlicht ins All zurückzustrahlen und den Planeten zu kühlen. Ziel ist dabei, die sogenannte „Albedo“ zu erhöhen – das Rückstrahlvermögen der Atmosphäre. Dies ließe sich etwa erreichen, wenn große Flächen mit Gräsern bepflanzt würden, die besonders helle Ähren besitzen. Zudem ließen sich Hausdächer weiß streichen.

Her mit dem Schwefel!

Schwefelpartikel in der Lufthülle könnten ebenfalls Energie zurückstrahlen. Mit einem entsprechenden Vorschlag hatte Nobelpreisträger Paul Crutzen erstmals vor drei Jahren Aufsehen erregt: Danach sollen Millionen Tonnen Schwefeldioxid in die höhere Atmosphäre gebracht werden, das dort nach chemischen Reaktionen Wolken bildet, die das einfallende Sonnenlicht teilweise zurückwerfen. Im Prinzip geht das: Nach dem Ausbruch des Vulkans Pinatubo auf den Philippinen 1991 kühlte sich die Erdoberfläche ab.

Das Schwefeldioxid könnte mit Ballons oder per Schiffsartillerie in die Stratosphäre gebracht werden. Die Methode sei relativ billig und der Sonnenschirm aus Schwefel wäre relativ stabil, sagt Thomas Leisner, der an einem Forschungsprojekt der Universität Heidelberg zum Geo-Engineering führend beteiligt ist. Doch die Gefahren seien andererseits groß: Das Schwefeldioxid bleibe in der Lufthülle und könnte die Ozeane „versauern“ lassen.

Stark propagiert wird die Idee, über den südlichen Ozeanen in großen Mengen Meerwassertröpfchen verdunsten zu lassen. Die Salzkristalle als zusätzliche Kondensationskeime sollen dazu führen, dass sich die Zahl der Wassertröpfchen in den Wolken erhöht, was diese wiederum aufhellt. Versprüht werden könnte das Wasser von Schiffen mit skurril anmutenden, windgetriebenen Robotern. Allerdings müsste man laut Leisner jedes Jahr tausend solcher Schiffe vom Stapel lassen.

Immer weniger Anhänger findet der Vorschlag, das Algenwachstum in den Meeren mit Eisendüngung anzukurbeln. Die Pflanzen binden Kohlendioxid und sinken nach ihrem Absterben auf den Meeresgrund. Zumindest in der Theorie. Denn ein Experiment des deutschen Forschungsschiffes „Polarstern“ in antarktischen Gewässern zeigte, dass die Methode zumindest im Südozean nicht wie erhofft funktioniert.

Daneben gibt es noch eine Fülle weiterer fantasievoller Vorschläge, um die Erde vor dem Klimakollaps zu retten. Astronom Roger Angel von der Universität von Arizona in Tucson rät zum Bau eines gigantischen Sonnenschirms im erdnahen Raum, der unserem Planeten Schatten spenden könnte.

Schatten auf der Erde

Installiert werden könnte er am Langrange-Punkt 1. Dieser Punkt liegt zwischen Sonne und Erde etwa 1,5 Millionen Kilometer vom blauen Planeten entfernt. Dort heben sich die Anziehungskräfte beider Himmelskörper auf. Ein an diesem Punkt installiertes Hindernis könnte auf Dauer seinen Schatten auf die Erde werfen.

Ken Caldera von der Carnegie Institution in Washington hat berechnet, wie sich ein solcher Sonnenschutz auswirken würde. Nach dem Einfügen des Schirms in ein bestehendes Klimamodell am Computer ließ Caldera die Kohlendioxid-Konzentrationen über hundert Jahre so stark steigen wie bisher. Das Resultat: Selbst wenn die Treibhausgase weiter die Atmosphäre aufheizen, könnte der künstliche Sonnenschirm die Temperaturen binnen weniger Jahrzehnte auf Werte vor der industriellen Revolution zurückschrauben.

Klaus Lackner von der Columbia University in New York bastelt an künstlichen Bäumen, die Kohlendioxid aus der Luft filtern sollen. Oder könnte man nicht gar die Erde auf eine etwas fernere und damit kältere Bahn um die Sonne lenken? Roger Angel sieht effektivere Wege: Würde der Aufwand, der zur Entwicklung solcher Technologien nötig wäre, in die Erforschung erneuerbarer Energiequellen gesteckt, gäbe das „ganz sicher“ bessere Lösungen.

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