Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

In Russland rätseln viele über den mysteriösen Goldstaub des Patriarchen

Von Stefan Scholl, Moskau   29.März 2012

Der 54-Jährige, der zuvor Erzbischof und Metropolit der Diözesen von Smolensk und Kaliningrad war, ist offenbar dabei, seinem Nachbarn in Moskau in einem zweifelhaften Justizverfahren die Wohnung abzunehmen. Wie jetzt publik wurde, hat ein Moskauer Gericht einer Klage stattgegeben, die eine Vertreterin des Kirchenfürsten gegen den Chirurgen und früheren Gesundheitsminister Ju-ri Schewtschenko angestrengt hat.

Dieser lebt in dem berühmten „Haus an der Moskwa“, einer elitären Adresse in Kremlnähe, unter der Wohnung Kirills. Und laut Urteil hat er bei Renovierungsarbeiten im Frühjahr 2010 so heftigen Staub aufgewirbelt, dass die Inneneinrichtung der Patriarchenbehausung Schaden von umgerechnet fast 500.000 Euro genommen hat. Kirills Vertreterin Lydia Lionowa machte vor Gericht geltend, „Nanostaub“, der nach einer von ihr beigebrachten Expertise die Gesundheit gefährdet, sei auf die Möbel und Bücher des Patriarchen geraten und habe diese zum Großteil beschädigt.

Experten sind verwundert

Als Entschädigung soll Nachbar Schewtschenko Kirill nun 500.000 Euro bezahlen, auf Antrag des Klägers beschloss das Gericht bereits, Schewtschenkos Wohnung als Pfand zu beschlagnahmen. Dieses Objekt soll laut Urteil 380.000 Euro wert sein.

Nach Ansicht von Moskauer Maklern kostet die Wohnung Schewtschenkos allerdings mindestens eine Million Euro. Und Fachleute wundern sich, wie der heimtückische Staub in die Wohnung Kirills eindringen konnte. „Völliger Unsinn. Weder durch die Fenster noch durch die Ventilation oder das Treppenhaus ist bei Innenarbeiten eine solche Verschmutzung möglich“, sagt der Bauunternehmer Wladimir Sorkin, der auf Wohnungsrenovierungen spezialisiert ist. „Der Goldstaub des Patriarchen“, spottet die Nachrichtenagentur Rosbalt.

In den Medien wird spekuliert, ob es sich hier um einen in Russland nicht seltenen Fall von „Raiding“ handelt, feindlicher Übernahme von Firmen oder Immobilien mit Hilfe gekaufter Gutachten und korrupter Richter. Juri, der Sohn Schewtschenkos, vermutet gegenüber der Zeitung Nowie Iswestija, die Umgebung des Patriarchen nutze ohne dessen Wissen seinen Namen, um Druck auf seinen Vater auszuüben.

Sprecher der russisch-orthodoxen Kirche lehnten Kommentare ab, weil die „Privatsphäre“ des Patriarchen unantastbar sei. Allerdings verweist der Blogger Saken Ajmursajew darauf, der Patriarch habe sich schon 1969 zum Mönch scheren lassen. Einerseits verbiete das Mönchsgelübde jeden persönlichen Besitz, andererseits gehörten Kirill offensichtlich teure Wohnungen und Möbel. „Es würde sich lohnen, Klarheit zu schaffen“, fordert Ajmursajew.

Von Kirill wird auch berichtet, er habe den der Kirche zugestandenen zollfreien Import von Zigaretten missbraucht und sei solcherart zum „Tabakmetropoliten“ aufgestiegen.

copyright  2024
18. April 2024