Emotionaler Abschied von Helmut Kohl

Es war eine historische Trauerfeier: In Straßburg und Speyer haben Spitzenpolitiker aus aller Welt am Samstag dem deutschen Alt-Kanzler Helmut Kohl die letzte Ehre erwiesen. Für Kohl fand erstmals in der EU-Geschichte im EU-Parlament ein europäischer Trauerakt statt.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die von Kohl in der Wendezeit "entdeckt" wurde, würdigte dabei die "alles überragende, einmalige historische Leistung Helmut Kohls" für die deutsche Wiedervereinigung und die Einheit Europas. "Ohne Kohl wäre das Leben von Millionen Menschen, die bis 1990 hinter der Mauer lebten, völlig anders verlaufen, natürlich auch meines."

Mit bewegter Stimme dankte Merkel Kohl für die "Chancen", die er ihr persönlich, aber auch generell den Deutschen und Europäern gegeben habe. "Jetzt ist es an uns, Ihr Vermächtnis zu bewahren."

Der frühere US-Präsident Bill Clinton salutiert zum Abschied.

 

An der Zeremonie in Straßburg nahmen zahlreiche amtierende und frühere Staats- und Regierungschefs teil, darunter Deutschlands Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der frühere US-Präsident Bill Clinton, Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron und der russische Ministerpräsident Dmitri Medwedew. In der ersten Reihe saß Kohls Witwe, Maike Kohl-Richter. Aus Österreich reisten Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) an.

"Ein Freund Frankreichs"

In einer sehr emotionalen und persönlichen Rede verabschiedete sich Ex-US-Präsident Clinton: "Ich liebe diesen Kerl, weil sein Appetit weit über das Essen hinausging", Kohl habe sich etwa stets für eine Welt eingesetzt, die von niemandem dominiert werde und in der die Zusammenarbeit über Konflikten stehe. "Schlafe wohl, mein Freund! Du hast in deinem Leben einen guten Job gemacht."

Juncker nannte den verstorbenen Altkanzler ein "kontinentales Monument" und einen "Nachkriegsgiganten". Auch Clinton und Medwedew würdigten in ihren Ansprachen die Verdienste des am 16. Juni im Alter von 87 Jahren verstorbenen Ehrenbürgers Europas; Macron nannte ihn einen "Freund" Frankreichs.

Nach dem Trauerakt im EU-Parlament wurde Kohls Sarg mit einem Hubschrauber nach Ludwigshafen geflogen, wo sich ein Trauerzug durch die Heimatstadt des CDU-Politikers anschloss. Hunderte Menschen säumten dabei die Straßen und Plätze. Die sterblichen Überreste des Altkanzlers wurden danach mit dem Schiff "MS Mainz" nach Speyer gebracht.

Die Söhne waren nicht dabei

Am Requiem im Dom nahmen ebenfalls zahlreiche Spitzenpolitiker teil. Bischof Karl-Heinz Wiesemann nannte Kohl einen "wahrhaft großen Staatsmann" und schloss in seine Predigt sowohl Kohls Witwe als auch dessen Söhne, die nicht dabei waren, ein. Nach einem militärischen Ehrengeleit wurde Kohl im engsten Kreis auf dem Friedhof des Domkapitels von Speyer beigesetzt.

 

Freundschaftliche, persönliche und bewegende Worte prägten die Trauerfeier im EU-Parlament in Straßburg:

"Er hatte ein Gespür für Freundschaft, und Freundschaft bedeutete für ihn auch Vertrauen.“
Felipe Gonzalez, Spaniens früherer Ministerpräsident

„Seine Vision ging weit über die deutschen Grenzen und die deutschen Interessen hinaus.“
Donald Tusk, EU-Ratspräsident

„Kohl hat mich bewogen, Dinge zu essen, die ich nicht essen wollte.“
Bill Clinton, Ex-US-Präsident

„Für meine Generation ist Helmut Kohl schon Teil der europäischen Geschichte."
Emmanuel Macron, Frankreichs Präsident

„Es ist der Abschied von einem Menschen, mit allem, was Menschsein in Kraft und in Schwäche bedeutet.“
Karl-Heinz Wiesemann, Bischof von Speyer

„Danke für die Chancen, die Sie mir gegeben haben. Ich verneige mich vor Ihnen und Ihrem Angedenken in Dankbarkeit und Demut.“
Angela Merkel, deutsche Kanzlerin