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"Der Papst der Gastronomen hat uns verlassen" - Paul Bocuse ist tot

Von nachrichten.at/apa   20.Jänner 2018

Nach Angaben eines der Familie nahestehenden Kochs starb der "Jahrhundertkoch" in seinem Geburtsort Collonges-au-Mont d'Or nahe Lyon, wo er bis zuletzt lebte. Die Familie erklärte, Bocuse sei am Samstagvormittag gegen 10.00 Uhr verstorben.

Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron würdigte Bocuse, der seit Jahren unter Parkinson gelitten hatte, als "Verkörperung der französischen Küche" und "mythische" Persönlichkeit. "Sein Name bringt die französische Gastronomie in ihrer Großzügigkeit, ihrem Respekt vor Traditionen, aber auch ihrem Erfindungsreichtum auf den Punkt."

"Der Papst der Gastronomen hat uns verlassen", schrieb Frankreichs Innenminister Gerard Collomb am Samstag auf dem Kurzbotschaftendienst Twitter. "Monsieur Paul war Frankreich", so Collomb, der jahrelang Bürgermeister von Lyon war, auf Twitter. "Schlichtheit und Großzügigkeit. Erstklassigkeit und Lebensart."

Der Chef des Gastronomieführers Gault & Millau, Come de Cherisey, würdigte Bocuse als "großen Mann". Als Mitbegründer der "Nouvelle Cuisine" habe er an dem "Big Bang in der französischen und weltweiten Gastronomie" mitgewirkt.

Bocuse machte Frankreichs Küche zum Exportschlager

Der Gastronomieführer "Gault&Millau" nannte ihn "Koch des Jahrhunderts". Sein Drei-Sterne-Tempel in Collonges-au-Mont-d'Or bei Lyon galt als Pilgerort für Gourmets aus aller Welt: Paul Bocuse schlug in der französischen Spitzengastronomie so ziemlich alle Rekorde.

"Man kann Paul Bocuse nicht ersetzen, er ist einzigartig", sagte sein Sohn Jerome einmal der Hochglanzzeitschrift "Paris Match". Jerome machte wohl auch deshalb Karriere in den USA, weit vom heimischen Herd entfernt. "Geh' in die Vereinigten Staaten", habe der Vater zu ihm gesagt, als er 20 Jahre alt war. "Der Name Bocuse ist dort für dich einfacher zu tragen."

Paul Bocuse stieg zu einem Star in Zeiten auf, als Gastronomie noch kein Modethema war. Er galt lange als Doyen der französischen Küche. "Paul Bocuse ist in den letzten 50 Jahren sicherlich in der Welt das Aushängeschild für Küchenkultur, für Hochküche und für Kulturprägung in der Küche", resümierte einmal der deutsche Sterne-Koch Frank Rosin.

Bocuse gehörte zu den Vertretern der "Nouvelle Cuisine", einer Bewegung damals junger Köche, die die französische Küche entstauben wollten. Einfache Zubereitung, frische Zutaten, Regionalität - das waren die Grundlinien. "Ich mag identifizierbare Gerichte mit Knochen und Gräten", lautete das Credo des Spitzenkochs, dessen Stammrestaurant seit 1965 drei Sterne des Guide Michelin führt. "Ein wahrhaftiges Monument" - so beschreibt der Michelin das Spitzenrestaurant.

"Bocuse hat den Mut gehabt, aus seiner Küche zu kommen", erzählte Jean-Francois Mesplede, früherer Chef des Michelin-Restaurantführers, dem Magazin "L'Express". "Er hat sich eine weiße Jacke mit seinem gestickten Namen machen lassen, mit einer hohen Kochmütze und einem Trikolore-Kragen, um seinen Titel des "Besten Handwerkers Frankreichs" vorzuführen." Zum großen Restaurant gehört für Bocuse das Zelebrieren von Essen und Trinken, die perfekte Show.

So wurde er auch international zur Marke. Kochbücher, Champagner und Marmeladen werden mit seiner schwungvollen Unterschrift auf dem Etikett verkauft, und der internationale Koch-Wettbewerb "Bocuse d'Or" trägt seinen Namen. Zu seinem Imperium gehören mehr als 20 Restaurants, eins davon in Walt Disney World in Florida und mehrere in Japan. Keineswegs nur Tempel der Haute Cuisine - zum Konzern gehören zahlreiche Brasserien, und bei "Ouest Express" gibt es auch Burger "made by Bocuse".

Seine Vorfahren hatten schon vor der Französischen Revolution eine Küchen-Dynastie begründet. 1941 fing er nach dem Schulabbruch als Küchenlehrling an. Später ging er zur Armee de Gaulles, nach einer Verwundung im Elsass tätowierten die Amerikaner ihm einen gallischen Hahn auf die Schulter. Nach Lehr- und Wanderjahren kehrte Bocuse in den Familienbetrieb "L'Auberge du Pont de Collonges" zurück und begann seinen spektakulären Aufstieg.

Bocuse war für durchaus auch mal derbe Sprüche bekannt und galt zugleich als großer Charmeur. Zu seinem 80. Geburtstag machte er öffentlich, dass er seit Jahrzehnten mit drei Frauen zusammenlebte. Wenn er die Zeit zusammenzähle, in denen er den dreien treu gewesen sei, komme er auf 135 Jahre gemeinsamen Lebens, erzählte er damals schelmisch. Die Zeitung "Liberation" nannte ihn daraufhin "Monsieur Croque-Madames" (so heißen auch Schinken-Käse-Sandwichs in Frankreich).

In der Küche wurde er zum Gralshüter, sein Restaurant strahlt das Ambiente vergangener Zeiten aus. Noch immer gibt es die berühmte schwarze Trüffelsuppe "V.G.E" mit Blätterteig-Haube, die er 1975 für den damaligen Staatspräsidenten Valery Giscard d'Estaing kreierte, als dieser ihm den Orden der Ehrenlegion an die Brust heftete.

Sein Leben

Bocuse wurde am 11. Februar 1926 in Collonges-au-Mont d'Or in eine Gastronomenfamilie geboren. Er lernte sein Fach unter anderem bei der berühmten Drei-Sterne-Köchin Eugenie Brazier in Lyon, bevor er das Restaurant der Eltern übernahm - und im Laufe der Jahre zum weltberühmten Gourmettempel machte.

1958 verlieh ihm der Gastronomieführer Guide Michelin seinen ersten Stern. Der zweite folgte zwei Jahre später, der dritte 1965. Das Restaurant "Paul Bocuse" in Collonges-au-Mont d'Or hat die drei Michelin-Sterne nunmehr seit 53 Jahren - ein Rekord.

Der geschäftstüchtige Koch eröffnete nicht nur in Frankreich eine Reihe von Restaurants, sondern auch im Ausland, und schaffte damit ein wahres Küchenimperium. Er gründete auch eine Gastronomieschule und rief den internationalen Kochwettbewerb "Bocuse d'Or" ins Leben. Sowohl der Gault & Millau als auch das Culinary

Der Spitzenkoch lebte polygam. Er war seit 1946 mit seiner Ehefrau Raymonde verheiratet, lebte aber auch offen mit anderen Frauen zusammen. "Ich liebe Frauen", sagte Bocuse einmal. "Heutzutage leben wir zu lange, um ein ganzes Leben mit einer Einzigen zu verbringen." Bocuse hinterlässt einen Sohn und eine Tochter.

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