"Nationale Katastrophe": Dutzende Tote bei Massenpanik auf Fest in Israel
JERUSALEM. Bei einer Massenpanik auf einem jüdischen Fest in Nordisrael sind in der Nacht auf Freitag 44 Menschen getötet worden. Ein Sprecher des Rettungsdienstes Zaka sprach von einer "nationalen Katastrophe", einer der schlimmsten der israelischen Geschichte.
Bei der Massenpanik in dem Wallfahrtsort Meron wurden nach Angaben des Rettungsdienstes Magen David Adom zudem rund 150 Menschen verletzt. In der Früh begann die Identifizierung der Todesopfer.
Angehörige suchten nach Medienberichten weiter nach Vermissten. Es wurde damit gerechnet, dass viele der Opfer noch im Verlauf des Tages - vor Beginn des jüdischen Ruhetages Sabbat - begraben werden. "Es ist ein unerträgliches Ereignis", sagte Zaka-Sprecher Motti Buckchin der israelischen Nachrichtenseite "ynet". "44 Menschen, die Freude erleben wollten, und die in Leichensäcken zurückkommen", sagte er. "44 Familien, für die eine Welt zusammenbricht. Wir können jetzt nicht einfach zur Tagesordnung übergehen."
Zehntausende strengreligiöser Juden hatten auf dem Meron-Berg den jüdischen Feiertag Lag Baomer begangen. Nach ersten Erkenntnissen begann die Massenpanik, als Menschen auf einer abschüssigen Rampe mit Metallboden und Wellblech-Trennwänden auf beiden Seiten ins Rutschen kamen. Die dicht gedrängten Feiernden fielen übereinander.
"Es war eine schlimme, tragische Nacht"
Augenzeugen warfen der Polizei vor, sie habe Menschen in das abgesperrte Areal gelassen, obwohl es schon extrem voll gewesen sei. Nach Beginn der Panik habe die Polizei dann nicht schnell genug Ausgänge auf der anderen Seite geöffnet, so die Kritik. Die Exekutive nahm offizielle Ermittlungen zu den Ursachen des Unglücks auf. "Es war eine schlimme, tragische Nacht", sagte der zuständige Polizeichef Schimon Lavi. "Ich trage die übergreifende Verantwortung, im Guten wie im Schlechten." Er sei "zu jeder Prüfung bereit". Insgesamt waren rund 5.000 Sicherheitskräfte im Einsatz.
Lavi sagte, die Sicherheitskräfte hätten sich sehr gründlich auf die Feier vorbereitet. "Die Sicherheit stand an erster Stelle." Er warnte vor der Verbreitung von Fehlinformationen in sozialen Medien. Viele der Polizisten hätten Leben gerettet und sich dabei selbst in große Gefahr begeben. Die Behörden hatten die Teilnehmerzahl auf 10.000 begrenzt, nach Medienberichten waren aber bis zu zehnmal mehr Menschen angereist. In sozialen Netzwerken war vor dem Unglück in Videos zu sehen, wie die Menschen dicht gedrängt und ausgelassen sangen, tanzten und hüpften.
Auch Soldaten im Einsatz
Ein Zaka-Sprecher berichtete im Fernsehen von Chaos, viele Kinder seien von ihren Eltern getrennt worden. Man bemühe sich, sie zusammenzuführen. "Wir haben es gerade mit einem der schlimmsten Unglücke Israels zu tun gehabt", sagte Dov Meisel von der Organisation United Hatzalah. Die Helfer seien grauenhaften Anblicken ausgesetzt gewesen, die es seit den blutigsten Tagen der Terrorwellen zu Beginn der 2000er-Jahre nicht mehr gegeben habe.
Berichten zufolge weigerten sich Hunderte Gläubige nach dem Unglück zu gehen, weil sie beten wollten. Es sei zu Konfrontationen gekommen. Soldaten waren im Einsatz, darunter eine Eliteeinheit der Armee. Der Polizei zufolge gab es Probleme mit dem Handyempfang, viele verzweifelte Menschen konnten Angehörige in Meron telefonisch nicht erreichen.
Israels Präsident Reuven Rivlin schrieb auf Twitter, er verfolge die Berichte über die Tragödie und bete für die Genesung der Verletzten. Regierungschef Benjamin Netanjahu zeigte sich bestürzt und sicherte den Rettungskräften Unterstützung zu.
Lag Baomer ist ein Fest, bei dem unter anderem an den jüdischen Aufstand gegen die römischen Besatzer unter Rebellenführer Bar Kochba erinnert wird. Er war im Jahre 132 ausgebrochen und rund drei Jahre später niedergeschlagen worden. Der Überlieferung nach endete an dem Tag von Lag Baomer eine Epidemie, an der damals zahlreiche jüdische Religionsschüler gestorben waren.
Rabbi Schimon Bar Jochai, der auch an dem Aufstand gegen die Römer beteiligt war, liegt auf dem Meron-Berg begraben. Sein Grab ist ein Wallfahrtsort, den an dem Feiertag jedes Jahr Tausende besuchen. Traditionell werden dann auch Lagerfeuer angezündet. Im vergangenen Jahr waren die Feiern wegen der Corona-Pandemie stark eingeschränkt worden, doch inzwischen sind die Infektionszahlen deutlich gesunken und die Regeln wieder gelockert worden.
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